Bayer-Aktie knickt ein: Bayer erleidet Schlappe im Roundup-Streit in den USA
Der Pharma- und Chemiekonzern Bayer muss im US-Rechtsstreit um angebliche Krebsrisiken des glyphosathaltigen Unkrautvernichters Roundup nach einem Bericht der Finanzagentur Bloomberg einen Rückschlag hinnehmen.
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Richter Vince Chhabria habe am Mittwoch den Antrag der Leverkusener abgelehnt, eine Beilegung künftiger Streitigkeiten gegen Zahlung von zwei Milliarden US-Dollar (gut 1,6 Mrd Euro) vorläufig zu genehmigen. Der Vorschlag war Teil einer größeren Einigung im Zusammenhang mit Glyphosat-Klagen.
Bayer kündigte daraufhin am frühen Donnerstagmorgen in einer Mitteilung eine Reihe von Maßnahmen zur Lösung potenzieller künftiger Glyphosat-Klagen an. Das neue Maßnahmenpaket umfasse sowohl rechtliche als auch kommerzielle Schritte, die dazu dienten, mit den Risiken aus dem Rechtskomplex in einer Weise umzugehen, die mit dem bislang vorgeschlagenen Lösungsmechanismus vergleichbar seien.
Die Entscheidung mache es unmöglich, den vorgeschlagenen nationalen Lösungsmechanismus unter der Aufsicht dieses Gerichts weiterzuentwickeln, "der die fairste und effizienteste Lösung für alle Parteien gewesen wäre". Es gebe aber rechtliche und kommerzielle Maßnahmen, die in Summe ähnliche Sicherheit in Bezug auf mögliche künftige Klagen schafften. "Diese werden wir so schnell wie möglich umsetzen."
Richter Chhabria hatte sich bereits zuvor skeptisch gegenüber einem Vergleichsentwurf zum Umgang mit künftigen Glyphosat-Klagen in den USA gezeigt. Der angestrebte Kompromiss für insgesamt zwei Milliarden US-Dollar ist mittlerweile der ausschlaggebende Teil einer umfangreicheren Einigung mit Klägern, die Bayer zwar insgesamt über elf Milliarden Dollar kosten, aber einen Schlussstrich unter das rechtliche Glyphosat-Debakel ziehen würde. Beim Gericht des Bundesrichters Chhabria sind zahlreiche landesweite Verfahren gebündelt.
Bayer teilte weiter mit, entscheidend sei, dass sowohl die Wissenschaft als auch die Schlussfolgerungen von sämtlichen Regulierungsbehörden weltweit die Sicherheit von Glyphosat-basierten Herbiziden weiterhin bestätigten. Vergangene Woche habe die US-Umweltbehörde EPA bei einem US-Berufungsgericht eine Stellungnahme eingereicht, in der sie erneut bestätigt habe, dass von Glyphosat "keine bedenklichen Risiken für die menschliche Gesundheit ausgehen".
Bayer treffe diese Maßnahmen also allein aus dem Grund, "die Rechtsrisiken zu minimieren, nicht weil wir Bedenken in Bezug auf die Sicherheit der Produkte hätten", hieß es weiter. Zudem prüfe Bayer, wie ein unabhängiges wissenschaftliches Beratungsgremium eingerichtet werden könnte, in dem externe Experten die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Sicherheit von Roundup(TM) überprüfen.
Der Plan der dennoch bestehenden Rechtsrisiken umfasst fünf Maßnahmen: So will Bayer auf einer Internetseite mit wissenschaftlichen Studien über die Sicherheit von Glyphosat-basierten Produkten informieren und Hinweise auf Etiketten von Roundup-Produkten drucken. Bayer will die Seite einrichten und für alle Kundengruppen bewerben, um eine zentrale Plattform zu schaffen, auf der Nutzer wesentliche Studien finden, um selbst über den Einsatz der Produkte zu entscheiden.
Bayer will zweitens weiterhin auf dem US-Privatkundenmarkt aktiv sein, aber "über die Zukunft von Glyphosat-basierten Produkten auf diesem Markt diskutieren", da die überwiegende Mehrheit der Kläger im Glyphosat-Rechtsstreit behaupte, Roundup-Produkte für Privatzwecke verwendet zu haben. Diese Diskussionen sollen nicht die Verfügbarkeit von Glyphosat-basierten Produkten für professionelle Nutzer und die Landwirtschaft betreffen.
Bayer will drittens andere Lösungen für potenzielle künftige Klagen zu Roundup prüfen. Solche Programme sollen helfen, potenzielle künftige Klagen von Einzelpersonen beizulegen. Zudem prüft Bayer, wie ein unabhängiges wissenschaftliches Beratungsgremium eingerichtet werden könnte, in dem externe Experten die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Sicherheit von Roundup überprüfen. Das Unternehmen zeigte sich viertens weiterhin offen für Vergleichsverhandlungen soweit die Kläger den Teilnahmekriterien entsprechen und "angemessene" Ergebnisse erreicht werden können. Bayer möchte die Klagen gütlich beilegen, um die Rechtsstreitigkeiten und Haftungsrisiken zu beenden, allerdings behält sich das Unternehmen vor, regelmäßig zu prüfen, ob dieser Ansatz noch im besten Interesse des Unternehmens ist.
Im Juni 2020 hat Bayer einen umfassenden Lösungsansatz für alle aktuellen Klagen vorgestellt und vor kurzem berichtet, dass der Großteil - rund 96.000 - verglichen sind, derzeit verglichen werden oder nicht den Kriterien für einen Vergleich entsprechen.
Zuletzt will Bayer die Berufungsverfahren in den beiden Fällen Hardeman und Pilliod weiter betreiben. Das soll künftige Haftungsrisiken reduzieren. Auch der Fall Carson, der derzeit beim Berufungsgericht für den 11-ten Circuit liegt, betrifft das für diesen Rechtsstreit zentrale Argument der Federal Preemption - also die Frage, ob Ansprüche nach einzelstaatlichem Recht wegen angeblich fehlerhafter Warnungen bestehen können, wenn sie mit Bundesrecht kollidieren.
Bayer zeigte sich überzeugt, dass dieser neue Fünf-Punkte-Plan aus rechtlichen und kommerziellen Maßnahmen ein guter Weg sei, um die Risiken durch mögliche künftige Rechtstreitigkeiten zu Roundupzu minimieren.
Bayer belässt Glyphosat-Rückstellungen bei 2 Milliarden Dollar
Bayer lässt nach dem Rückschlag im Streit um die Beilegung von Glyphosat-Klagen in den USA die Rückstellungen vorerst unverändert.
Die langfristigen Haftungsrisiken dieses Rechtsstreits hingen von mehreren Faktoren ab, unter anderem von einer Entscheidung des US Supreme Court, die Bayer Mitte kommenden Jahres für möglich hält, erklärte der Pharma- und Chemiekonzern am Donnerstag. Die Rückstellungen von zwei Milliarden Dollar, die Bayer für den von einem Richter abgelehnten Vorschlag zur Beilegung einer Sammelklage gebildet hatte, werde das Unternehmen daher zum jetzigen Zeitpunkt nicht ändern. Der Dax-Konzern werde die Risiken aber weiterhin prüfen. Der Mittelzufluss (Cash-Flow) werde sich kurzfristig in diesem und im kommenden Jahr verbessern, da nun zunächst keine Gelder für die Beilegung der Sammelklage abfließen, erklärte Bayer weiter.
Die Konflikte um Glyphosat hatte sich der Leverkusener Pharma- und Agrarchemiekonzern mit der milliardenschweren Übernahme des US-Saatgutriesen Monsanto 2018 aufgehalst. Ein Kassenschlager von Monsanto ist der Unkrautvernichter Roundup mit dem Wirkstoff Glyphosat. Viele Landwirte setzen das Mittel ein, auch manche Schrebergärtner nutzen es. Bayer betont, dass Glyphosat bei sachgerechter Anwendung sicher sei, Kritiker warnen hingegen vor Gefahren für die Gesundheit.
Bayer-Anleger quittieren neue Glyphosat-Schlappe mit Verlusten
Im US-Rechtsstreit um angebliche Krebsrisiken des glyphosathaltigen Unkrautvernichters Roundup ist der Geduldsfaden der Anleger von Bayer am Donnerstag einmal mehr gespannt worden. Nachdem der zuständige Richter Vince Chhabria einem Vergleichsentwurf zum Umgang mit künftigen Klagen seine Zustimmung verweigerte, sackten die Papiere der Leverkusener im XETRA-Handel schlussendlich um 4,73 Prozent auf 52,37 Euro ab. Sie bleiben damit nach der jüngsten Zwischenerholung letztlich auf dem richtungslosen Schaukelkurs der vergangenen Monate.
Goldman Sachs-Analyst Keyur Parekh sieht die Aktien weiter im Zwiespalt. Einerseits belaste die Unsicherheit um den Rechtsstreit, andererseits gebe es aber auch Spielraum für die Konzernziele angesichts anhaltend starker Agrarmärkte. In Summe bleibt er bei seiner Kaufempfehlung mit einem Kursziel von 74 Euro.
(dpa-AFX / Dow Jones / Reuters)
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