Antisemitische Äußerungen

adidas-Aktie verliert: adidas beendet Partnerschaft mit Kanye West

25.10.22 17:53 Uhr

adidas-Aktie verliert: adidas beendet Partnerschaft mit Kanye West | finanzen.net

Fast zehn Jahre lang ging es gut, jetzt zieht adidas die Reißleine: Unter anderem wegen antisemitischer Äußerungen kündigt der fränkische Sportartikelhersteller die Zusammenarbeit mit Rapper Kanye "Ye" West.

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"Die jüngsten Äußerungen und Handlungen von Ye sind inakzeptabel, hasserfüllt und gefährlich", heißt es in einer Mitteilung von adidas vom Dienstag. Das Unternehmen dulde keinen Antisemitismus und auch keine andere Art von Hassrede.

adidas teilte weiter mit, dass das Unternehmen nach eingehender Prüfung die Entscheidung getroffen habe, die Partnerschaft mit West mit sofortiger Wirkung zu beenden, die Produktion von Produkten der Marke Yeezy einzustellen und alle Zahlungen an den Künstler und seine Unternehmen zu stoppen. Zuletzt hatte auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, die Aufkündigung des Vertrages gefordert. Nun begrüßte die Organisation die Entscheidung als "überfällig".

West war in diesem Monat sowohl von Instagram als auch von Twitter zumindest vorübergehend gesperrt worden. Auf beiden Plattformen hatte er unter anderem antisemitische Kommentare gepostet, die als Aufruf zur Tötung von Juden interpretiert wurden. Seine Ex-Frau Kim Kardashian hatte sich - wie zahlreiche andere US-Promis - jüngst gegen jegliche Art von Antisemitismus gewandt.

Kanye West ist einer der prägendsten US-Künstler der vergangenen Jahrzehnte, Millionen von Fans vergöttern ihn. Ein Mann der Metaebene oder der Ironie war er dabei nie und fand in der schillernden Reality-TV-Welt der Kardashians nie ein Zuhause. Seine Heimat ist die Musik - und wurde dann zunehmend die Mode: Einer der beliebtesten Schuhe von Yeezy in Kooperation mit adidas sieht ein wenig so aus, als wäre er einer "Herr der Ringe"-Verfilmung als Fußbekleidung für besonders hippe Elfen entsprungen.

In seinem Debüt "The College Dropout" vermengte West 2004 Soulsamples und Gospel. Auf "Graduation" wagte er drei Jahre später den Schulterschluss mit Pop, House und Indierock. Mit "808s & Heartbreak" etablierte er 2008 den bis heute omnipräsenten Auto-Tune-Effekt. Auf seinem Album "Ye" von 2018 setzte West sich schließlich intensiv mit seiner bipolaren Störung auseinander, über deren Schübe er auch mit US-Talker David Letterman sprach. Bei einer bipolaren Störung kommt es zu extremen Schwankungen unter anderem der Stimmung und des Antriebs.

Trotz dieser psychischen Probleme werden Wests - umstrittene bis justiziablen - Äußerungen immer wieder öffentlich diskutiert. So zum Beispiel nächtliche Twitter-Tiraden gegen Kim Kardashian, der er Untreue vorwarf. Dann sorgte West 2020 mit einer - schon wegen nicht eingehaltener Regularien - aussichtslosen Bewerbung für das US-Präsidentenamt für Aufsehen. In schusssicherer Weste hielt der Rapper damals einen ausschweifenden egozentrischen Monolog, bei dem er schließlich in Tränen ausbrach. West gilt eigentlich als Unterstützer des ehemaligen Präsidenten Donald Trump.

Zuletzt provozierte der 45-Jährige dabei nicht nur mit seinen antisemitischen Äußerungen, sondern auch mit einem Slogan gegen die "Black Lives Matter"-Bürgerrechtsbewegung in den USA. Anfang Oktober hatte er bei der Pariser Modewoche mit dem T-Shirt-Aufdruck "White Lives Matter" für wütende Reaktionen gesorgt. Antirassismus-Organisationen stufen den Satz als rassistische Reaktion auf "Black Lives Matter" ein, die sich gegen Gewalt gegen Schwarze einsetzt. Immer wieder versteigt West sich auch in Verschwörungstheorien.

Die Zusammenarbeit mit einem Künstler wie Kanye West dürfte für adidas immer eine besondere Herausforderung gewesen sein - für die Franken war es zudem aber vor allem ein einträgliches Geschäft. Die Auflösung des Vertrags dürfte die Firma wirtschaftlich nun empfindlich treffen. "Angesichts der starken Saisonalität des vierten Quartals dürfte sich dies kurzfristig mit bis zu 250 Millionen Euro negativ auf den Nettogewinn des Unternehmens im Jahr 2022 auswirken", teilte adidas dazu mit. Die seit einiger Zeit unter Druck stehende Aktie sackte am Dienstag weiter ab - am frühen Nachmittag um mehr als sechs Prozent.

adidas sei der alleinige Inhaber aller Designrechte an bestehenden Produkten sowie an früheren und neuen Farbgebungen im Rahmen der Partnerschaft, hieß es weiter. West hatte dem Unternehmen unter anderem auch Ideenklau vorgeworfen. Weitere Informationen will der Konzern sollen bei der bevorstehenden Bekanntgabe der Ergebnisse zum dritten Quartal des Konzerns am 9. November 2022 folgen.

adidas arbeitete seit 2013 mit Kanye West zusammen, seit 2016 hat die Partnerschaft eine neue Grundlage erhalten. Damals nannte adidas die Zusammenarbeit "die bedeutendste Partnerschaft aller Zeiten" zwischen einem Sportartikelhersteller und einer Persönlichkeit jenseits des Sports. "Kanye ist ein echter Creator, der Dinge sieht, die andere nicht sehen", hatte das damalige adidas-Vorstandsmitglied Eric Liedtke sich zitieren lassen.

Der Umsatz mit den stylischen Schuhen, Klamotten und Accessoires soll 1,7 Milliarden Euro betragen haben - immerhin rund sieben Prozent des Gesamtumsatzes der Drei-Streifen-Marke. Von adidas wird das nicht bestätigt, aber auch nicht dementiert. adidas steht derzeit ohnehin unter Druck: Das Unternehmen hatte erst vor kurzem vorläufige Zahlen für das Quartal vorgelegt und angesichts eines problematischen Chinageschäfts und der hohen Inflation die Prognose ein zweites Mal in diesem Jahr gesenkt. Konzernchef Kasper Rorsted ist nur noch auf Abruf im Amt - adidas sucht einen Nachfolger für den zuletzt in die Kritik geratenen Dänen.

Grundsätzlich versucht die Sportartikelindustrie seit Jahren, zugkräftige Idole nicht nur im Sport als Partner zu gewinnen. Für den adidas-Lokalrivalen Puma ist etwa die Sängerin Danna Paola am Start, für den US-Branchenprimus ging 2020 der Rapper Drake an den Start.

Zentralrat der Juden begrüßt adidas-Trennung von Kanye West

Der Zentralrat der Juden hat die Trennung des Sportartikelherstellers adidas von Rapper Kanye West begrüßt. "Der Schritt des Unternehmens war überfällig", erklärte Zentralratspräsident Josef Schuster am Dienstag in Berlin. Wochenlang habe Kanye West mit antisemitischen Äußerungen für Aufsehen gesorgt. "Die täglich neuen Entgleisungen waren für Jüdinnen und Juden in Deutschland und in aller Welt unerträglich", betonte Schuster.

adidas hatte die Äußerungen des Künstlers als inakzeptabel, hasserfüllt und gefährlich bezeichnet und die Partnerschaft mit ihm beendet. Schuster monierte, das Unternehmen sei auffällig lange still geblieben. "Ich hätte mir von einem deutschen Unternehmen, das zudem in das NS-Regime verstrickt war, früher eine klare Haltung gewünscht", erklärte der Zentralratspräsident.

Kanye West, der den Künstlernamen Ye nutzt, hatte auf Twitter und Instagram antisemitische Kommentare gepostet.

adidas-Anleger besorgt über Folgen der Trennung von US-Rapper

Die Beendigung der Zusammenarbeit mit dem umstrittenen US-Rapper Kanye West hat die Leidenszeit der Anleger von adidas verlängert. Die Papiere des Sportartikel- und Kleidungsherstellers waren am Dienstag zwischenzeitlich um fast 9 Prozent eingeknickt und damit bei 94,62 Euro auf den tiefsten Stand seit 2016 abgesackt. Zu Handelsende betrug das Minus via XETRA noch 3,20 Prozent bei 100,50 Euro. Dies bedeutete den letzten Platz im DAX), der zuletzt um 0,6 Prozent zulegte.

adidas beendete die Kooperation nach antisemitischen Äußerungen von Kanye West, auch bekannt als Ye. Nach eingehender Prüfung traf der Konzern die Entscheidung, die Partnerschaft mit dem Rapper mit sofortiger Wirkung zu stoppen, die Produktion von Produkten der Marke Yeezy einzustellen und alle Zahlungen an Ye und seine Unternehmen zu stoppen.

Die Zusammenarbeit mit Kanye West war für die Franken ein einträglicher Teil des Geschäfts, die Auflösung trifft adidas wirtschaftlich empfindlich. Darauf wiesen auch Analysten hin. Die in diesem Zusammenhang unter dem Namen Yeezy erzielten Umsätze von adidas beliefen sich auf geschätzte 1,7 bis 1,8 Milliarden Euro, schrieb etwa der Fachmann Piral Dadhania von der kanadischen Bank RBC. Im Schlussquartal 2022 dürfte ein Umsatzanteil von etwa 600 Millionen Euro wegfallen.

adidas geht eigenen Aussagen nach davon aus, dass die Trennung von Ye den Nettogewinn im laufenden Jahr mit bis zu 250 Millionen Euro belasten wird. Dies unterstreiche die bemerkenswerte Marge, die der Sportartikelhersteller bislang mit der entsprechenden Marke verdient habe, schrieb der Fachmann James Grzinic vom Analysehaus Jefferies. Nun sei die Kernrentabilität stark beeinträchtigt.

In der aktuellen kritischen Debatte über die adidas-Aktien werde es jetzt auch darum gehen, wie der Konzern die entstandene Lücke verkleinern könne, fuhr Grzinic fort. Denn über adidas brauen sich bereits immer dunklere Wolken zusammen. Erst am Donnerstag hatte der Konzern wegen teils hausgemachter Probleme in China, einer schleppenden Nachfrage in vielen Ländern und steigender Kosten seine Geschäftsprognose für 2022 bereits zum dritten Mal gesenkt.

Seit Jahresbeginn gerechnet haben die Anteilscheine von adidas 61 Prozent eingebüßt. Im Dax verzeichnet in diesem Zeitraum derzeit nur der Online-Händler Zalando höhere Verluste.

Angesichts des monatelangen Kursrutsches ist auch das charttechnische Bild der adidas-Aktien eingetrübt. Zwischen Ende August und Mitte Oktober hatte sich der Kurs zumindest noch in Sichtweite der 21-Tage-Durchschnittslinie bewegt, die den kurzfristigen Trend beschreibt. Doch mit dem Rücksetzer am Dienstag liegt nun auch diese Kurve in recht weiter Entfernung.

FRANKFURT (Dow Jones) / BERLIN/HERZOGENAURACH (dpa-AFX) / Redaktion finanzen.net

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