1&1 Drillisch im Fokus: Zukünftiger Netzbetreiber hält Anleger in Atem
Im Streit um Vorleistungspreise für die Netzmiete lastet ein erster Rückschlag auf dem Mobilfunker 1&1 Drillisch.
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Weitere Verfahren hängen in der Schwebe, Analysten sind sich auch wegen anderer offener Fragen uneinig, wie es mit der United Internet-Tochter weitergeht. Was den künftigen Netzbetreiber umtreibt, was Experten sagen und was die Aktie macht:
DAS IST LOS BEI 1&1 DRILLISCH:
In der Methodik richtig und nachvollziehbar, unterm Strich aber fehlerhafte Annahmen. So lautet das Fazit von 1&1 Drillisch zu einem ersten Gutachten über Vorleistungspreise, das im laufenden Geschäftsjahr mit rund 85 Millionen Euro auf die Gewinne des Mobilfunkanbieters und seine Konzernmutter United Internet drücken wird. Laut dem Schiedsspruch ist eine Erhöhung der Großhandelspreise durch den Wettbewerber Telefonica Deutschland für den Zugang zu seinem Netz rechtens.
1&1 Drillisch wollte das eigentlich verhindern und hatte sogar rückwirkende Preisnachlässe gefordert. Das Unternehmen, das seine Netzkapazitäten vor allem bei der O2-Mutter, aber auch bei Vodafone mietet, hält dies angesichts insgesamt sinkender Produktionskosten im Mobilfunk für gerechtfertigt. United-Internet-Chef Ralph Dommermuth war monatelang davon ausgegangen, dass der Gutachter zugunsten seiner Konzerntochter entscheiden wird.
Im kommenden Jahr stehen noch drei weitere Preisentscheidungen an, die sich jeweils auf unterschiedliche Zeiträume beziehen. Dabei dürfte das nächste Ergebnis laut Drillisch-Finanzchef André Driesen gegen Ende des ersten Quartals feststehen. Über den Ausgang könne man heute noch nichts sagen, auch nicht mit Blick auf das erste Urteil. "Alle Verfahren sind unabhängig voneinander", erklärte der Manager. Schließlich habe sich die zugrundeliegende Marktsituation jeweils verändert.
Unverändert ist nach wie vor das große Ziel von 1&1 Drillisch, selbst zum Netzbetreiber zu werden. Dazu hatte das Unternehmen im Rahmen der 5G-Mobilfunkauktion im Sommer eigene Frequenzen für gut eine Milliarde Euro ersteigert. Um das zu stemmen, hatte der Vorstand im Mai beschlossen, seinen Aktionären für das Vorjahr nur eine symbolische Dividende zu zahlen. Daneben hatte sich 1&1 Drillisch eine Kreditlinie in Höhe von 2,8 Milliarden Euro gesichert. Diese hat das Unternehmen nun zurückgegeben, da die Telekommunikationsunternehmen ihre Lizenzkosten bis zum Jahr 2030 in Raten abzahlen dürfen.
DAS SAGEN ANALYSTEN:
Nachdem 1&1 Drillisch infolge der ersten Gutachterentscheidung Ende Oktober seine Jahresziele kassiert hatte, stutzten nicht wenige Analysten ihre Kursziele für die Aktie zurecht. An ihren - sehr gemischten - Einschätzungen für das Papier hielten die meisten aber fest. Von den 13 in diesem Jahr von dpa-AFX erfassten Analysten raten derzeit fünf zum Kauf, sechs empfehlen den Anlegern dagegen, ihre Drillisch-Aktien bis auf Weiteres zu halten. Zwei Experten haben derzeit ihren Daumen gänzlich über das Papier gesenkt.
Zu den Pessimisten zählt Macquarie-Analyst Guy Peddy, der in seiner Studie von Ende Juli auf die generellen Auswirkungen eines vierten deutschen Mobilfunknetzes für die Branche hinwies. Dies könnte die Preise und somit die Renditen aller Anbieter beeinträchtigen, so seine Befürchtung.
Etwas weniger pessimistisch äußerte sich Ulrich Rathe vom Analysehaus Jefferies Mitte November: Er prognostizierte quasi eine Stagnation über die nächsten zwölf Monate. Wie Peddy wies auch er auf den absehbar schärferen Wettbewerb in der Zukunft hin und hob zugleich die hohen Kosten für den Netzaufbau hervor.
Deutlich zuversichtlicher zeigte sich dagegen jüngst Warburg-Research-Analyst Jonas Blum, der nach einer Investorenveranstaltung im November fast von einer Verdoppelung des Aktienkurses von 1&1 Drillisch ausgeht. Er schätzt, dass die derzeit hohe Unsicherheit rund um den Mobilfunker im kommenden Jahr nachlassen sollte. Auch was den Investitionsbedarf angeht, mache er sich angesichts stabiler und attraktiver Barmittelzuflüsse im Jahr 2020 erst einmal keine Sorgen. Allein vor dem Hintergrund langer Genehmigungsverfahren dürften sich die Ausgaben über die nächsten Jahre besser verteilen.
DAS MACHEN DIE AKTIEN:
Die Papiere von 1&1 Drillisch und United Internet befinden sich schon seit Längerem auf Talfahrt. Von ihrem jeweiligen Höchststand Anfang 2018 hatten sie sich Mitte August mit einem Abschlag von rund 70 beziehungsweise 60 Prozent am bislang weitesten entfernt.
Regelmäßig haben die Aktien in der Zeit zu Erholungsversuchen angesetzt - jüngst etwa Anfang September, als der Bund mit den Mobilfunkbetreibern eine Initiative zum Netzausbau rechtlich bindend gemacht hatte. Die Verträge sehen vor, dass bis Ende 2021 durch neu zu errichtende Sendemasten künftig 99 Prozent der Haushalte in jedem Bundesland eine LTE-Versorgung erhalten sollen. Damit soll die Versorgung gerade in ländlichen Räumen verbessert werden. Die Verpflichtung dazu war denn auch als Gegenleistung für die Vereinbarung zur Ratenzahlung für die 5G-Frequenzen angedacht.
Der Rückschlag aus dem Schiedsverfahren mit Telefonica hatte die daraus resultierenden Kursgewinne zuletzt aber wieder aufgezehrt. Seit Jahresbeginn hat die Aktie von Drillisch somit nun um rund 44 Prozent nachgegeben, was den letzten Platz im MDax bedeutet. Bei United Internet beläuft sich der Verlust auf über ein Fünftel, womit die Aktien 2019 ebenfalls zu den schwächsten MDax-Papieren zählen. Der Index der mittelgroßen Werte legte hingegen um mehr als ein Viertel zu.
Mit Blick auf den Börsenwert liegen 1&1 Drillisch mit aktuell rund 4,4 Milliarden Euro und United Internet mit knapp 6,2 Milliarden Euro im Mittelfeld des MDax./kro/men/mis
MONTABAUR/MAINTAL (dpa-AFX)
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