Abspaltungen liegen im Trend

Spin-Offs als Kursbeschleuniger - Chancen für Börsianer

05.01.22 10:37 Uhr

Spin-Offs als Kursbeschleuniger - Chancen für Börsianer | finanzen.net

Konglomerate sind aus der Mode: Immer mehr Industriekonzerne spalten kleinere Sparten ab und bringen sie an die Börse. Für Aktionäre bringt das unerwartete Chancen.

von Sven Parplies, Euro am Sonntag

Konzernchef Ola Källenius nennt es einen historischen Moment: Am 10. Dezember brachte Daimler seine Nutzfahrzeugsparte an die Börse. Die Papiere von Daimler Truck werden den Aktionären der Daimler AG gratis ins Depot gebucht. Daimler selbst wird sich später in Mercedes-Benz umbenennen. "Beide Unternehmen sind in Industrien tätig, die sich technologisch und strukturell umfassend verändern. Diesen Wandel können sie deutlich effektiver gestalten, wenn sie dabei als unabhängige Einheiten agieren", erklärt der Daimler-Chef die Zäsur.

Die Schwaben folgen der Logik der Aktienmärkte: Großkonzerne werden oft mit einem Bewertungsabschlag bestraft, weil in den komplexen Strukturen das Potenzial nicht ausgeschöpft wird. Denn mit der Größe eines Unternehmens wächst die Bürokratie, kleinere Sparten werden bei der Verteilung der Ressourcen oft übergangen, Leistungsträger wandern frustriert zur Konkurrenz ab. Die Abspaltung einer kleinen Sparte kann darum zu einer Befreiung werden: Der Mutterkonzern kann sich voll auf sein Kerngeschäft konzentrieren, das ausgegliederte Unternehmen sich endlich frei entfalten. Beide getrennt sind darum in der Mathematik der Börse unter dem Strich mehr Wert als das alte Konglomerat.

Anleger müssen zwischen zwei Variationen der Abspaltung unterscheiden: Bei einem klassischen Börsengang werden die Aktien der ausgegliederten Sparte an neue Aktionäre verkauft. Für den Mutterkonzern hat das den Vorteil, dass frisches Geld in die eigene Kasse kommt. Ein Spin-off wie jetzt bei Daimler Truck ist ein Sonderfall: Da die Aktien gratis verteilt werden, kassiert Daimler zunächst keinen Cent. Diese Variante wird meist dann gewählt, wenn das Interesse der Investoren gering ist. In der Geschichte des DAX gibt es mehrere Vorbilder: Zuletzt verschenkte Continental im September seine Getriebesparte Vitesco an die Aktionäre. Siemens trennte sich über einen Spin-off von Siemens Energy und Osram, Eon von Uniper, Bayer von Lanxess.

Die Aktien der Spin-offs entwickeln sich in der Selbstständigkeit oft erfreulich. Bei Vitesco ist es noch zu früh für ein erstes Fazit. Die anderen vier DAX-Spin-offs liefen in den ersten drei und sechs Monaten jeweils besser als der ehemalige Mutterkonzern und auch als der DAX. Nach zwölf Monaten war lediglich Siemens Energy zurückgefallen.

Die gute Performance lässt sich erklären: Spin-offs sind meist Sparten, die bei Anlegern unbeliebt sind. Entsprechend niedrig sind die Erwartungen der Börse. Wenn das Management die neuen Freiheiten konstruktiv nutzt, fällt es relativ leicht, mit den Geschäftszahlen positiv zu überraschen und damit den Kurs nach oben zu treiben.

Spin-offs sind in der Wirtschaftswelt in Mode: Laut Daten des Finanzdienstes Bloomberg wurden im laufenden Jahr so viele dieser Deals beschlossen wie seit zehn Jahren nicht mehr. Weitere sind in Vorbereitung: Der amerikanische Gesundheitskonzern Johnson & Johnson will sein Geschäft mit rezeptfreien Produkten wie Listerine-Mundwasser und der Hautpflegemarke Bebe in den nächsten 18 bis 24 Monaten abspalten. Der Bereich ist das kleinste Geschäftsfeld im Konzern, erzielt niedrigere Margen als das Geschäft mit rezeptpflichtigen Medikamenten.

Das neue Leben des TItanen

Die wohl spektakulärste Aufspaltung hat General Electric angekündigt. Der Industrieriese will in zwei Schritten seine Medizintechnik und dann die Energiesparte auf eigene Beine stellen. GE selbst bleibt danach nur das Geschäft mit der Luftfahrtindustrie, in der das Unternehmen einer der wichtigsten Triebwerkslieferanten ist. Die radikale Aufspaltung des Traditionskonzerns ist auch deshalb bemerkenswert, weil GE lange Zeit das Paradebeispiel für ein von Börsianern gefeiertes Konglomerat war. Insbesondere mit seiner Finanzsparte aber verzettelte sich der Konzern.

Welches Unternehmen wird der nächster Spalter? An der Wall Street kursiert der Name des Industriekonzerns 3M, der sich aus vier ähnlich großen Sparten zusammensetzt. Die Aktie bewegt sich seit fünf Jahren seitwärts, neue Impulse wären also willkommen. Bei deutschen Unternehmen würden sich Anleger wohl über eine Zäsur bei Fresenius oder auch Henkel freuen. Dort gibt es allerdings keine entsprechenden Signale aus der Führungsetage. Kursfantasie bietet auch der Volkswagen-Konzern mit seinem breiten Markenportfolio. Immer wieder wird über einen Börsengang der Luxusmarke Porsche spekuliert. Diese würde Volkswagen aber nicht verschenken, sondern über einen klassischen Börsengang, also einen Verkauf der Aktien, platzieren.

Auch wenn sich Spin-off-Aktien meist gut schlagen, sollten Anleger nicht überhastet zugreifen. Die Historie zeigt, dass die Kurse in den ersten Wochen der Unabhängigkeit oft stark schwanken. Auch dafür gibt es klare Gründe: Nicht alle Aktionäre des Mutterkonzerns wollen das Spin-off-Unternehmen im Depot haben. Das gilt insbesondere für Indexfonds, die die Papiere schnell abstoßen müssen und damit den Kurs belasten. Sobald dieser Abgabedruck nachlässt, kann sich der Kurs dann erholen. Eine gute Performance bei Daimler Truck liegt auch im Interesse des Noch-Mutterkonzerns: Daimler behält 35 Prozent der Anteile - und kann somit später doch noch Kasse machen.


INVESTOR-INFO

Daimler

Neue Fahrtrichtung

Für jeweils zwei Daimler-Aktien bekommen Anleger zusätzlich ein Papier von Daimler Truck eingebucht. Am Tag der Abspaltung dürfte die Daimler-Aktie an Wert verlieren, das Gesamtpaket aber ein leichtes Plus bringen. Die Daimler-Aktie, die wie der Konzern bald unter dem Namen Mercedes-Benz laufen wird, ist mit einstelligem Kurs-Gewinn-Verhältnis weiterhin moderat bewertet und kaufenswert. Die Gratisaktien der Truck-Sparte sollten Anleger behalten.

General Electric

Fokussierter Neustart

Zur Jahrtausendwende war GE das wertvollste Unternehmen der Welt. Vor allem Probleme in der Finanzsparte brachten den Konzern jedoch zu Fall. Jetzt beginnt ein neues Zeitalter: Ab 2024 will sich GE auf die Luftfahrtindustrie konzentrieren, vor allem als Triebwerkhersteller. Die Aufspaltung des Konglomerats macht Sinn, weil es wenig Synergien gibt. Angesichts der Größe des Umbruchs sollten Anleger aber erst mal abwarten.

Johnson & Johnson

Ein erster Schritt

Der von drei Johnson-Brüdern gegründete Konzern will sein Geschäft mit rezeptfreien Produkten abspalten. Es bleiben die Pharmasparte und das Geschäft mit medizinischen Geräten. Letzteres sehen einige Analysten ebenfalls als Abspaltungskandidaten. Auch wenn der Vorstand dieser Idee eine Absage erteilt hat, bleibt die Fantasie in der Aktie. Nebenbei ist Johnson & Johnson ein zuverlässiger Dividendenzahler.












_______________________________________

Ausgewählte Hebelprodukte auf 3M

Mit Knock-outs können spekulative Anleger überproportional an Kursbewegungen partizipieren. Wählen Sie einfach den gewünschten Hebel und wir zeigen Ihnen passende Open-End Produkte auf 3M

NameHebelKOEmittent
NameHebelKOEmittent
Wer­bung

Bildquellen: Philip Lange / Shutterstock.com, Taina Sohlman / Shutterstock.com

Nachrichten zu Volkswagen (VW) AG Vz.

Analysen zu Volkswagen (VW) AG Vz.

DatumRatingAnalyst
22.11.2024Volkswagen (VW) vz Market-PerformBernstein Research
11.11.2024Volkswagen (VW) vz BuyJefferies & Company Inc.
11.11.2024Volkswagen (VW) vz BuyJoh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank)
06.11.2024Volkswagen (VW) vz Sector PerformRBC Capital Markets
04.11.2024Volkswagen (VW) vz Market-PerformBernstein Research
DatumRatingAnalyst
11.11.2024Volkswagen (VW) vz BuyJefferies & Company Inc.
11.11.2024Volkswagen (VW) vz BuyJoh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank)
01.11.2024Volkswagen (VW) vz BuyJoh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank)
31.10.2024Volkswagen (VW) vz BuyDeutsche Bank AG
30.10.2024Volkswagen (VW) vz KaufenDZ BANK
DatumRatingAnalyst
22.11.2024Volkswagen (VW) vz Market-PerformBernstein Research
06.11.2024Volkswagen (VW) vz Sector PerformRBC Capital Markets
04.11.2024Volkswagen (VW) vz Market-PerformBernstein Research
31.10.2024Volkswagen (VW) vz Market-PerformBernstein Research
31.10.2024Volkswagen (VW) vz NeutralJP Morgan Chase & Co.
DatumRatingAnalyst
30.10.2024Volkswagen (VW) vz SellUBS AG
07.10.2024Volkswagen (VW) vz SellUBS AG
30.09.2024Volkswagen (VW) vz SellUBS AG
13.09.2024Volkswagen (VW) vz SellUBS AG
04.09.2024Volkswagen (VW) vz SellUBS AG

Um die Übersicht zu verbessern, haben Sie die Möglichkeit, die Analysen für Volkswagen (VW) AG Vz. nach folgenden Kriterien zu filtern.

Alle: Alle Empfehlungen

Buy: Kaufempfehlungen wie z.B. "kaufen" oder "buy"
Hold: Halten-Empfehlungen wie z.B. "halten" oder "neutral"
Sell: Verkaufsempfehlungn wie z.B. "verkaufen" oder "reduce"