Absicherungsstrategie

Ganz entspannt vor Kursverlusten

25.02.10 06:00 Uhr

Wer rechtzeitig sein Depot absichert, vermeidet größere Verluste. Das kann vor allem steuerlich große Vorteile haben. Zwei bewährte Möglichkeiten, sich vor Kursrückschlägen zu schützen.

von Georg Pröbstl, Euro am Sonntag

Die Euphorie ist vorbei. Gab es zum Jahreswechsel in wenigen Wochen noch schnelle Kursgewinne von zehn Prozent am deutschen Aktienmarkt, so werden viele Anleger nun von Angst geplagt. Die Vertreibung aus dem Börsenparadies erfolgte in zwei Schritten.

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Schock 1: Vom 22. Januar an rutschte der DAX in drei Tagen um rund fünf Prozent nach unten. Grund: Die von US-Präsident Barack Obama angekündigte intensivere Regulierung der Banken vergällte den In­vestoren die Kauflaune.

Schock 2: Nur zwei Wochen später gab es erneut einen Einbruch am Markt, ebenfalls um fünf Prozent. Aber jetzt vollzog sich der Erdrutsch sogar nur innerhalb von zwei Tagen. Auslöser diesmal: Griechenland mit seiner windelweichen und manipulierten Finanzpolitik. Bis die Sorge um die Stabilität des Euro verdaut sein wird, dürfte wohl noch einige Zeit vergehen.

Für Anleger heißt das: Kurzfristig kann der Markt immer wieder nach unten drehen und schnell zehn Prozent oder mehr verlieren. Was also tun? Vorsichtshalber das Depot leerräumen? Doch das würde bei einem späteren Wiedereinstieg unnötige Kosten verursachen. Auch der Zeitaufwand, nicht selten steuerliche Aspekte und natürlich auch die Frage des richtigen Timings sind hier zu berücksichtigen. Tatsächlich gibt es sinnvollere Alternativen.

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„Anleger können ihr Depot mit verschiedenen Strategien gegen Kursrückschläge absichern“, weiß Sven Ulbrich, Experte der De­rivateschmiede Oaklet. „Wenn man ­damit rechnet, dass die Kurse mittel- oder langfristig wieder steigen und wenn dabei auch noch steuerliche Gründe eine Rolle spielen, kann sich die Absicherung schnell bezahlt machen“, erklärt der Spezialist.

Strategie 1: Puts. Da man mit Puts auf fallende Kurse setzt, ermöglicht diese Absicherung sogar den Vollschutz des Depots. Denn Verluste bei einer Aktie oder in einem Index werden durch entsprechende Kursgewinne mit dem Optionsschein ausgeglichen. „Anleger können ihr Depot zum Beispiel mit Put-Optionsscheinen oder Bear-Zertifikaten sogar eins zu eins vor Verlusten schützen“, betont der Derivateexperte.

Für die Absicherung via Put ist die Termingeschäftsfähigkeit des Anlegers erforderlich. Diese ist allerdings ohne großen Aufwand erhältlich. Anleger müssen hier lediglich nach einem Beratungsgespräch in der Bank erklären, dass sie Risi­ken und Funktionsweise von Options­schein und Co verstanden haben. „Je nach gewünschtem Sicherungsniveau kann man genau ausrechnen, wie viel Geld man für die Absicherung via Put benötigt“, sagt Ulbrich (siehe Investor-Info).

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Denn der Schutz hat einen Preis. Bei Put-Optionsscheinen bezahlt man über den Zeitwertverfall, bei Zertifikaten gibt es das Risiko des Knock-out – bei Erreichen einer bestimmten Kursschwelle verliert das Zertifikat die schützende Wirkung.

Zur richtigen Dosierung der ­Absicherung können Börsianer aus einer riesigen Zahl an Derivaten wählen. So führt die Derivatebörse Euwax derzeit 6000 nach Laufzeit, Basispreis und Emittent unterschiedliche Put-Optionsscheine sowie 2600 Put-Zertifikate auf den DAX. Und auf Einzelwerte wie etwa Siemens gibt es ebenfalls eine große Auswahl mit rund 1000 verschiedenen Papieren.

Puts sind interessant etwa für diejenigen Anleger, die sich in den letzten Quartalen zeit- und arbeitsaufwendig ein gut diversifiziertes Aktienportfolio aufgebaut haben. Die Auflösung der Positionen und der spätere Wiedereinstieg wären ja mit sehr viel Mühe und hohen Gebühren verbunden.

Die Absicherung eignet sich auch für langfristig orientierte Anleger, die mit ihrem Depot oder Teilen davon bereits vor dem 1. Januar 2009 eingestiegen sind und davon ausgehen, dass sich die Börse vielleicht schon 2012 auf neue DAX-Höchststände von über 8000 Punkten schwingen wird.

Ein vorsorglicher Verkauf aus Angst vor noch mehr griechischen Eurospielchen wäre in diesem Fall kontraproduktiv. Denn was wäre schon eine mögliche Korrektur um vielleicht zehn Prozent im Vergleich zu 25 Prozent Abgeltungsteuer auf hohe künftige Kursgewinne?

Die Absicherung via Stop-Loss ist deshalb auch bei bereits erworbenen steuerlichen Vorteilen weniger geeignet. Denn wird man bei einem Kursrückgang ausgestoppt, ist es bei einem späteren Kauf der entsprechenden Aktie mit Steuervorteilen endgültig vorbei. Um solchen Steuerfrust zu vermeiden, sollten langfristig orientierte Anleger anstatt des Stopps besser die operative Entwicklung in einem Unternehmen verfolgen. Erst wenn die ursprüngliche Story nicht mehr intakt ist, ist der Ausstieg – unabhängig von der allgemeinen Börsenlage – ratsam.

Wer sich rechtzeitig absichert, kann Korrekturen locker wegstecken

Mit Puts sichern sich also An­leger ab, die fallende Kurse erwarten. Es gibt aber sogar die Möglichkeit, bei fallenden Kursen mit Puffern zu arbeiten und dann sogar noch extra Geld zu verdienen, wenn der Markt wider Erwarten seitwärts läuft oder sogar leicht steigt.

Strategie 2: Bonuszertifikate. Bei diesen Papieren erhalten Anleger eine festgelegte Bonuszahlung, wenn der Basiswert während der Laufzeit ein bestimmtes Absicherungsniveau nach unten hin nicht erreicht.

„Bonuszertifikate bieten einen Risikopuffer bei fallenden Kursen, Renditechancen im Seitwärtsmarkt und theoretisch unbegrenzte Gewinnmöglichkeiten in der Hausse“, sagt Ulbrich. Als konkretes Beispiel dient das Bonuszertifikat der Société Générale (ISIN: DE000SG1LFR9): Fällt der DAX von derzeit rund 5600 Punkten bis zum Ende der Laufzeit des Zertifikats im Juni 2011 niemals auf den Sicherheitslevel des Papiers von 4800 Punkten, dann erzielen Anleger eine jährliche Bonusrendite von aktuell 13,2 Prozent. Steigt der DAX auf über 7100 Punkte, sind Anleger bei weiteren Gewinnen voll dabei. Fällt der Index während der Laufzeit dagegen einmal auf oder unter 4800 Punkte, dann fällt die Bonusrendite weg, und es wird entsprechend dem jeweiligen DAX-Stand ­abgerechnet.

Bei 3000 gehandelten Bonuszertifikaten an der Euwax gibt es aber auch Zertifikate mit deutlich geringeren Risiken. Dazu zählen etwa die rund 220 Papiere mit Sicherheits­levels von 4000 Punkten. Bei einer Bonusrendite von zum Teil zehn Prozent im Jahr für diesen Level dürften sogar auch noch so dubiose griechische Finanzpraktiken kaum Grund zur Sorge liefern.

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Investor-Info

Put-Optionsschein Nur kurzzeitig sinnvoll

Bei einem Optionsschein bezahlen Anleger die Absicherung über den Zeitwert. Um überraschende Verluste zu vermeiden, ist hier Aufmerksamkeit und genaues Rechnen erforderlich. Ein Beispiel: Der Put-Optionsschein (ISIN: DE 000 BN4 K9Y 0) kostet aktuell 5,46 Euro (Stand: 18.2.). Die Basis beträgt 6000 Punkte. Der DAX steht bei 5680 Punkten. Bei einem Bezugsverhältnis von 100 : 1 sollte der Put auf den ersten Blick nur 60,00-56,80 = 3,20 Euro kosten. Die Differenz von 2,26 Euro zum tatsächlichen Kurs ist der Zeitwert.
Problem: Notiert der DAX am Ende der Laufzeit des Put im September 2010 immer noch bei 5680 Punkten, dann kostet der Optionsschein nur noch 3,20 Euro. Anleger hätten wegen des Zeitwertverfalls in diesem Fall rund 40 Prozent mit dem Put verloren. Put-Optionsscheine eignen sich deshalb in der Regel nur über einen kurzen Zeitraum von einigen Wochen zur Absicherung. Fällt der DAX jedoch bis September auf beispielsweise 5000 Punkte, dann verdoppelt sich der Kurs des Put-­Optionsscheins auf zehn Euro. Bei einem Indexstand von 4500 Punkten verdreifacht sich der Wert des Derivats sogar auf 15,0 Euro.

Put-Zertifikat Das kostet der komplette Schutz

Die Siemens-Aktie kostet 65,20 Euro (Stand: 18.2.). Ein Put-Zertifikat (ISIN: DE 000 CM3 E4D 4) auf Siemens kostet 0,59 Euro (Stand: 18.2.). Bei einem Bezugsverhältnis von 10 : 1 und einem Basispreis von 71,1 Euro hat das Zertifikat kein Aufgeld. Zur Absicherung vor Kursverlusten von beispielsweise 100 Siemensaktien wären 1000 Put-Zertifikate für 590 Euro erforderlich. Fällt die Aktie auf 60,0 Euro, würde das Zertifikat auf 1,10 Euro klettern. Einem Verlust bei 100 Siemens-Aktien von 520 Euro steht ein gleich hoher Gewinn mit den Zertifikaten gegenüber.
Problem: Das Put-Zertifikat hat zwar kein Aufgeld und somit keinen Zeitwertverlust. Allerdings gibt es eine Knock-out-Schwelle. In unserem Beispiel liegt diese bei 68,0 Euro. Steigt Siemens auf dieses Niveau, wird das Zertifikat ausgeknockt. Der Anleger verliert je Zertifikat 0,28 Euro ((68,0-65,2)/10). Bei 1000 Zertifikaten also 280 Euro. Dieser Verlust wird zwar durch einen gleich hohen Gewinn mit den 100 Aktien im Depot ausgeglichen. Fällt Siemens nun aber wieder, gibt es keinen Absicherungsschutz mehr, da die Knock-out-Schwelle erreicht worden ist. Bei der Absicherung sollten Anleger deshalb Knock-out-Schwellen wählen, die relativ weit genug vom aktuellen Aktienkurs entfernt sind.

Der Artikel stammt aus der aktuellen €uro am Sonntag

Bildquellen: Julian Mezger