VW-Aktie unter Druck: Milliardenbelastung zwingt VW zur Prognosesenkung
Der Volkswagen-Konzern senkt wegen milliardenschwerer Belastungen unter anderem bei seiner Premiumtochter Audi die Ergebnisprognose für das laufende Jahr.
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Neben Problemen bei der Nachfrage nach den in Brüssel von Audi gebauten Elektro-SUVs der Q8 e-tron-Modellfamilie kommen den Konzern auch weitere Kosten wie etwa für den Personalabbau bei der Kernmarke VW teuer zu stehen. So wird im Gesamtjahr nach Einschätzung der Wolfsburger insgesamt weniger operatives Ergebnis übrig bleiben als bisher veranschlagt. Auch die Dachholding Porsche SE der Eigentümerfamilien Porsche und Piech rechnet in der Folge mit weniger Gewinn. Die Aktien der Unternehmen fielen am Mittwoch.
Die Volkswagen-Vorzüge verloren via XETRA letztlich 0,33 Prozent auf 106,25 Euro. Porsche-SE-Titel haben daneben schließlich 0,23 Prozent auf 42,77 Euro gewonnen. Beide Werte sind im deutschen Leitindex DAX notiert.
Laufende Restrukturierungen brächten einen zusätzlichen Aufwand in Höhe von 1,7 Milliarden Euro mit sich, schrieb Analyst George Galliers von Goldman Sachs in seinem am Mittwoch vorliegenden Kommentar. Er glaubt, dass die Ankündigung dennoch positiv ist. Sie signalisiere konkrete Maßnahmen, um die langfristige Wettbewerbsfähigkeit des Autobauers zu verbessern.
Die 1,7 Milliarden Euro Kosten, die bislang noch nicht bekannt gewesen seien, entsprächen gut einem halben Prozentpunkt operative Marge (Ebit), sagte ein Händler. Das spiegele die nun von VW vorgenommene Kürzung des Margenziels für dieses Jahr wider.
Tim Rokossa von der Deutschen Bank kommentierte, dass es bei den Aufwendungen für die Schließung einer Fabrik in Brüssel um Abfindungen für 3.000 Beschäftigte, die Produktionsanlagen und das Werk selbst gehen werde. Diesen Schritt wertete wiederum Analyst Michael Raab von Kepler Cheuvreux positiv. Denn damit breche Volkswagen ein altes Tabu, dies komme einer veränderten Unternehmenskultur gleich. "Aus unserer Sicht ist das eine gute Nachricht", so Raab.
Bernstein-Analyst Stephen Reitman schrieb mit Blick auf die mögliche Schließung des Audi-Werkes in Brüssel, dass jede Reduzierung der hohen europäischen Kostenbasis von VW vom Markt allgemein begrüßt werden dürfte. Tim Rokossa von der Deutschen Bank kommentierte, dass es bei den Wertberichtigungen für die Fabrik wohl um Abfindungen für 3.000 Beschäftigte, die Produktionsanlagen und das Werk selbst gehen werde. Da eine Schließung Zeit benötige, dürften die damit verbundenen Kosten nicht so schnell Cash-wirksam werden, so der Experte.
Volkswagen hatte am Dienstagabend überraschend mitgeteilt, dass 2024 statt 7,0 bis 7,5 Prozent vom Umsatz nun nur noch 6,5 bis 7,0 Prozent vom Umsatz als operatives Ergebnis beim Volkswagen-Konzern hängenbleiben dürften. Den Konzern träfen Belastungen in Höhe von 2,6 Milliarden Euro, darunter ohnehin bereits eingeplante Rückstellungen für den Personalabbau bei der Kernmarke VW Pkw in Höhe von 0,9 Milliarden Euro.
Die restlichen 1,7 Milliarden Euro fallen unter anderem für einen Umbau oder die Schließung des Betriebs im Audi-Werk Brüssel an. Die Nachfrage nach der dort gebauten Q8-e-tron-Modellfamilie ist schwach. Audi will am Standort in der belgischen Hauptstadt einen vorgeschriebenen Informations- und Konsultationsprozess einleiten, in dem sozialverträgliche Lösungen mit den Sozialpartnern gesucht würden. Unter anderem sei die Einstellung des Betriebs am Standort möglich, falls keine anderen Lösungen gefunden würden.
Über die Probleme bei Audi hinaus würden verschiedene Sachverhalte ebenfalls auf den Gewinnen lasten, hieß es. Unter anderem seien dies Währungsverluste wegen der Aufgabe der Geschäfte der Volkswagen Bank in Russland, aber auch die geplante Schließung des Gasturbinengeschäfts der VW-Tochter MAN Energy Solutions. Die Bundesregierung hatte den geplanten Verkauf des Geschäfts nach China aus Sicherheitsgründen verboten.
Die Markengruppen Sport Luxury um den ebenfalls börsennotierten Sportwagenbauer Porsche AG und der Lkw-Konzernbereich um die Nutzfahrzeugholding TRATON seien nicht von den Belastungen betroffen, teilte Volkswagen weiter mit. Auch die Konzernprognose bezüglich der üblichen Kennziffern neben der operativen Marge blieben bestehen. Bei den Auslieferungen von Fahrzeugen rechnet VW demnach weiter mit einem Anstieg um bis zu 3 Prozent und beim Umsatz mit einem Plus von bis zu 5 Prozent.
Volkswagen legt am 1. August Zahlen für das zweite Quartal vor. Die Rückstellungen für Aufhebungsverträge in Höhe von 0,9 Milliarden Euro fallen bereits in das zweite Jahresviertel. Die weiteren Belastungen würden voraussichtlich im dritten Quartal verbucht.
Audi beschäftigt in Brüssel rund 3.000 Mitarbeiter. Die Ingolstädter erwägen, dort die Produktion der Modelle Q8 e-tron und Q8 Sportback e-tron vorzeitig einzustellen. Neben der schwachen Nachfrage gebe es strukturelle Herausforderungen am Standort, die zu vergleichsweise hohen Produktionskosten führten, hieß es von Audi. Aus dem VW-Konzernbetriebsrat wurde "eine zukunftsfähige Perspektive für das Werk" und die Kollegen in Brüssel gefordert. Dazu, wie lange der Prozess dauern könnte, äußerte sich Audi nicht. Vergleichbare Fälle haben in der Vergangenheit aber Zeiträume von wenigen Monaten bis zu fast einem Jahr in Anspruch genommen.
Volkswagen-Konzern verkauft weniger Autos - Audi und China belasten
Der Volkswagen-Konzern hat im vergangenen Quartal weniger Autos ausgeliefert als vor einem Jahr. In den Monaten April bis Juni lieferte der Konzern weltweit 2.243.700 Fahrzeuge aller Konzernmarken aus, das waren 3,8 Prozent weniger im gleichen Monat des Vorjahres, wie die Wolfsburger mitteilten. Vor allem Audi und China belasteten.
Bei Audi brach der Absatz um 11,3 Prozent ein. Die Kernmarke Volkswagen büßte 5,2 Prozent ein. Skoda und Seat/Cupra legten dagegen zu. Vor allem in China schwächelt das Geschäft. Dort wurden in den drei Monaten insgesamt 19,3 Prozent weniger Fahrzeuge ausgeliefert. "Wie angekündigt haben wir im sehr intensiven Wettbewerbsumfeld in China bewusst nachhaltiger Wertschöpfung den Vorrang vor höheren Volumen gegeben, um unsere langfristigen strategischen Ziele zu erreichen", sagte Audi-Vertriebschefin Hildegard Wortmann laut Mitteilung. Sie ist auch im Gesamtkonzern für das Ressort zuständig.
In Westeuropa zogen die Verkäufe dagegen um 5,1 Prozent an, in Nordamerika um 10,8 Prozent. Das konnte den Einbruch in China aber nicht ausgleichen. Für den Rest des Jahres zeigte sich Wortmann dennoch optimistisch. "Für das Gesamtjahr 2024 rechnen wir aufgrund des An- und Hochlaufs zahlreicher wichtiger Modelle im zweiten Halbjahr weiter mit einem leichten Anstieg der weltweiten Auslieferungen gegenüber dem Vorjahr."
Der Konzern hatte erst am Vorabend seine Ergebnisprognose fürs Gesamtjahr nach unten korrigiert. Vor allem Audi belastet. Wegen der schwachen Nachfrage nach dem E-Modell Q8 e-tron erwägt die VW-Tochter nun, die Produktion des Modells in Brüssel vorzeitig einzustellen. Der Standort soll umstrukturieren werden. An dessen Ende kann auch die Schließung des Werks stehen, wenn keine Alternativen gefunden werden.
Gericht verurteilt VW zu Schadenersatz an Ex-Partner Gaz
Ein russisches Gericht hat Volkswagen (VW) zu einer millionenschweren Schadenersatzzahlung an seinen früheren Partner Gaz verurteilt. Das Gericht in Nischni Nowgorod an der Wolga habe einer Klage von Gaz am Dienstag teilweise stattgegeben und VW zur Zahlung von 16,9 Milliarden Rubel (rund 177 Millionen Euro) verurteilt, bestätigte Europas größter Autobauer auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. "Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und die Urteilsbegründung liegt noch nicht vor", erläuterte ein Konzernsprecher. "Wir werden die Urteilsgründe prüfen und bewerten, um zu entscheiden, welche weiteren rechtlichen Schritte wir ergreifen."
Gaz hatte VW Anfang 2023 auf Schadenersatz verklagt, nachdem sich VW aus Russland zurückgezogen und die Kooperation mit Gaz aufgekündigt hatte. In der Gaz-Fabrik in Nischni Nowgorod waren mehrere Modelle der VW-Kernmarke sowie der tschechischen Tochter Skoda zusammengebaut worden. Nachdem im Mai 2022 Sanktionen der USA gegen Gaz wegen des russischen Krieges in der Ukraine in Kraft getreten waren, zog sich Volkswagen aus der Co-Fertigung zurück und bot den Angestellten eine Abfindung an.
Produktionsstopp nach Angriff auf Ukraine
Die Produktion war - wie im VW-eigenen Werk in Kaluga 150 Kilometer südwestlich von Moskau - bereits zuvor eingestellt worden. VW hatte bereits kurz nach dem Angriff auf die Ukraine die Fertigung in den damals zwei Fabriken in Russland im März 2022 ausgesetzt. Auch der Export von Fahrzeugen in das Riesenland war für alle Konzernmarken gestoppt worden.
Das Werk in Kaluga verkaufte VW dann im Mai 2023 an die Handelsgruppe Avilon. Nach Angaben von Volkswagen zog Gaz danach eine seiner beiden Schadenersatzklagen zurück. Der verbleibenden Klage habe das Gericht in Nischni Nowgorod nun teilweise stattgegeben. Von den 28,5 Milliarden Rubel, die Gaz verlangt hatte, seien dem Unternehmen 16,9 Milliarden zugesprochen worden. Alle übrigen Ansprüche von Gaz habe das Gericht zurückgewiesen. Gaz war zu Sowjetzeiten bekannt für den Bau der Wolga-Limousine, die auch in der DDR als Taxis unterwegs waren.
NISCHNI NOWGOROD/WOLFSBURG (dpa-AFX)
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