Hot Stock der Wall Street: Sunrise Senior Living

von Tim Schäfer, New York

Es handelt sich um eines der besten Aktien an der New York Stock Exchange. Finanzen.net geht daher in unserer Serie "Hot Stock der Wall Street„ der Sache auf den Grund. Die in Virginia ansässige Firmengruppe vermarktet "einen Platz voller Wärme und Geborgenheit„. Seinen Kunden verspricht der Konzern "ein selbstbestimmtes und aktives Leben„. Brot- und Buttergeschäft ist die professionelle Hilfe für Senioren, angefangenen vom Wohnraum über die Verpflegung bis hin zu Aktivitäten. Zielgruppe sind Menschen, die Hilfe benötigen, beispielsweise weil sie an Alzheimer leiden.

Das Imperium erstreckt sich auf 319 Niederlassungen mit insgesamt 31.200 Wohneinheiten, wovon sich die meisten in den USA befinden. In Kanada und England hat Sunrise ebenfalls Fuß gefasst. Die Niederlassungen in Deutschland musste Sunrise indes im vergangenen Jahr aufgegeben, die Schulden waren zu hoch, der Kapitalbedarf war enorm. In mehreren Transaktionen trennte sich Vorstandschef Mark Ordan von weiteren Teilen seines Portfolios. Man kann die Transaktionen schonungslos als Notverkäufe bezeichnen. Schon im Herbst 2009 begann die Restrukturierung.

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An den Rivalen Brookdale Senior Living gingen die ersten Wohnungspakete. An die Immobilienfirma HCP stieß Sunrise ebenfalls im Herbst ein Paket mit 27 Objekten ab und erhielt dafür 40 Millionen Dollar in Cash. Anfang Januar setzte Ordan seine Verkaufstour fort. Er gab 29 Niederlassungen in zwölf Bundesstaaten auf und brachte sie in ein Joint Venture mit der Immobiliengesellschaft CNL Lifestye Properties ein. CNL gehören nun 60 Prozent der Anteile, auf Sunrise entfallen nur noch 40 Prozent. Goldman Sachs sicherte die Finanzierung dieses Deals ab.

Dank all dieser Teilverkäufe gelang es der angeschlagenen Gruppe, dem Tod noch einmal von der Schippe zu springen. Angesichts der drohenden Überschuldung notierte die Aktie im März 2009 bei lausigen 30 Cent. Seither ist der einstige Pennystock explodiert. Nach Restrukturierung und Entschuldung stehen jetzt sonnige Zeiten ins Haus. So bietet die alternde Bevölkerungsschicht der Baby Boomer ein gigantisches Wachstumspotential. In den kommenden zwei Jahrzehnten gehen diese Menschen in Rente.

Trotz der Kursrallye scheint der Sunrise-Kurs nicht ausgereizt zu sein. Selbst nach der Schrumpfkur sind gut 1,3 Milliarden Dollar Umsatz jährlich erzielbar. Mit 466 Millionen Dollar erreicht die Marktkapitalisierung gerade einmal ein Drittel dessen. Gelingt die Wende nachhaltig, besteht ein beträchtliches Nachholpotential. So billigt die Wall Street dem Konkurrenten Assisted Living Concepts immerhin den 1,6-fachen Jahresumsatz zu. Übertragen auf Sunrise entspräche diese einer Kurs-Vervielfachung. Im dritten Quartal schrieb der 37.000-Mitarbeiter-Betrieb schon wieder schöne schwarze Zahlen: Bei einem Umsatz von 383 Millionen Dollar sprang ein operatives Ergebnis von fast 25 Millionen Dollar heraus. Unterm Strich blieben 18,7 Millionen Dollar.

Auch in der Kapitalflussrechnung macht sich die Umstrukturierung bemerkbar: Von Juli bis September sprudelte ein operative Cashflow von knapp 40 Millionen Euro. Größter Anteilseigner ist Fidelity mit 14,8 Prozent, gefolgt von High Rise Capital und der Fondsgesellschaft Vanguard mit acht beziehungsweise vier Prozent. Am 25. Februar legt das Unternehmen den Bericht für das vierte Quartal vor. Die prächtige Kursentwicklung deutet schon jetzt auf ein blendendes Zahlenwerk hin.

Tim Schäfer ist Journalist und schreibt seit 1998 über Börse, Aktien und Unternehmen. Seit 2006 lebt der studierte Diplom-Betriebswirt und DVFA-Aktienanalyst in New York und berichtet von dort über die Geschehnisse an der Wall Street, unter anderem für Euro am Sonntag. Bekannt ist Schäfer für seine Berichterstattungen über kleine Nebenwerte.