Chemieunternehmen erwarten steigende Gewinne in den nächsten zwei Jahren
Chemieunternehmen in Europa dürften in den nächsten zwei Jahren höhere Gewinne erwirtschaften.
Eine große Rolle spielen dabei der schwächere Euro, erfolgreiche Umstrukturierungs- und Diversifikationsstrategien sowie überraschend hohe Margen in der Petrochemie. Zu diesem Schluss kommt der kürzlich von Standard & Poor’s Ratings Services veröffentlichte Kommentar "Profit Growth Is On The Cards For European Chemicals Producers in 2015-2016".
Verbesserte Kreditkennzahlen für 2015 und 2016
Die zehn größten Chemieunternehmen in Europa, die von Standard & Poor’s geratet werden, vermeldeten im ersten Quartal 2015 einen durchschnittlichen EBITDA-Anstieg um 16 Prozent. Für das zweite Quartal könnten sich vielleicht noch stärkere Ergebnisse zeigen. Dennoch wird dieser Anstieg kaum nachhaltig aufrecht zu halten sein. Für das Gesamtjahr dürfte er sich bei etwa 12 Prozent einpendeln.
Nachdem die Kreditkennzahlen 2014 unter den Erwartungen lagen, geht Standard & Poor’s für die nächsten zwei Jahre von signifikanten Verbesserungen aus. Die Kreditqualität der Gesellschaften wird weitgehend stabil bleiben. Das zeigt sich auch an den mehrheitlich stabilen Ratingausblicken im Portfolio von Standard & Poor’s.
Rating-Abstufungen nicht ausgeschlossen
Aufgrund der schwächeren Bedingungen in der Chemieindustrie in Europa dürften die Investitionsausgaben künftig niedriger liegen. Die Kreditkennzahlen werden zwar allmählich ansteigen, aber die Pensionsverbindlichkeiten bleiben aus Sicht von Standard & Poor’s ein Risiko.
Negative Ratingmaßnahmen können bei denjenigen Gesellschaften nicht ausgeschlossen werden, deren Kennzahlen 2014 bereits unter den Erwartungen lagen und nicht dem Niveau entsprachen, wie es für ihre Ratings angemessen wäre. Dies war beispielsweise der Fall für BASF SE, Solvay S.A. und Clariant AG. Teilweise ignifikante Anstiege ihrer Pensionslasten können dazu führen, dass Verbesserungen im laufenden Jahr nicht positiv auf die Kennzahlen durchschlagen.
Kostennachteile für europäische Chemieindustrie
Anhaltende Kostennachteile für die europäische Chemieindustrie, insbesondere bei chemischen Massenprodukten sowie das schwache Wirtschaftswachstum, können nicht vollständig durch die zu erwartenden Gewinne kompensiert werden. Die niedrigen Ölpreise haben den Abstand zwischen den Regionen mit geringeren Rohstoffkosten wie den USA und dem Nahen Osten mit europäischen Herstellern verringert. Jedoch finden sich die Hersteller mit den höchsten Kosten unter den auf Basis von Rohbenzin operierenden Unternehmen. Wenn also die zur Zeit geplant und ungeplant abgeschalteten Petrochemieanlagen wieder verstärkt an den Markt kommen, werden die Gewinne auf das Niveau von 2013 bis 2014 zurückgehen.
Neue Anbieter aus USA und China
Die Analysten von Standard & Poor‘s gehen weiter davon aus, dass in den nächsten zwei bis drei Jahren neue auf der Basis von Ethangas operierende Unternehmen aus den USA an den Markt kommen werden. Zusammen mit chinesischen Unternehmen, die Olefine auf Kohlebasis produzieren, könnte dies das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage schwächen.
Von Oliver Kroemker, Director (Unternehmensratings) bei Standard & Poor’s Ratings Services in Frankfurt
Hier kommentieren jede Woche Analysten von Standard & Poor’s Credit Ratings Services (S&P) die Entwicklungen in der Wirtschaft und an den Finanzmärkten - und welche Herausforderungen sich daraus für Wachstum und Stabilität ergeben. S&P ist seit 30 Jahren mit inzwischen neun Standorten in Europa vertreten, im Frankfurter Büro arbeiten 120 Mitarbeiter aus 19 Ländern. Mehr Infos unter www.spratings.de
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