IKB Kolumne Dr. Klaus Bauknecht

Griechenland: EU muss mehr tun als auf Reformen zu bestehen

09.03.15 11:59 Uhr

Griechenland: EU muss mehr tun als auf Reformen zu bestehen | finanzen.net

Nach der Krise ist vor der Krise. Das Verhalten der neuen Regierung hat die Lage aktuell wieder verschlimmert.

Griechenlands Schuldenquote kann nicht als stabil angesehen werden, und die Aussichten haben sich folglich deutlich eingetrübt. Die griechische Wirtschaft schrumpft wieder, die Einlagen der Banken sinken und der Target2-Saldo weitet sich deutlich aus. Griechenland ist erneut in einer Vertrauenskrise, und eine stabile Schuldenquote rückt in weite Ferne.

Für die Märkte ist die aktuelle Entwicklung bedeutend, da zum einen in den nächsten Monaten milliardenschwere Anleihen fällig werden und Griechenland erneut finanzielle Hilfe benötigen wird. Zum anderen ist das Reformprogramm Griechenlands alles andere als überzeugend und testet die Geduld der europäischen Regierungen. Daher ist bis Sommer und je nach Ausgang auch danach mit erhöhter Unsicherheit auf den Märkten zu rechnen. Da die EU jedoch Einigkeit gegenüber Griechenland gezeigt hat, könnte der Einfluss der weiteren Entwicklungen auf die Finanzmärkte überschaubar ausfallen. Griechenland hat zwar große Probleme, die sich auf die Euro-Zone aber nur begrenzt auswirken.

Griechenland pocht auf einen Schuldenschnitt, was bei einer Schuldenquote von ca. 175 % des BIP grundsätzlich nachzuvollziehen ist, vor allem weil die Wirtschaft auch infolge der jüngsten Entwicklungen nicht ausreichend wachsen wird, um die Staatsverschuldung in Relation zum BIP zu stabilisieren. Sinnvoller als die Reduzierung der Schuldenhöhe wäre ein Verzicht der Gläubiger auf Zinszahlungen. Da rund 90 % der griechischen Verschuldung durch IWF und europäische Institutionen wie den ESM finanziert sind, liegt es in der Hand der Europäer, ob eine Entlastung bei Zinszahlungen gewährt wird. Griechenlands Zinszahlungen machen rund 4 % des BIP aus.

Würden die europäischen Staaten auf Zinszahlungen bestehen, diese aber in Griechenland reinvestieren - insbesondere in Gesundheit, Bildung und ein effektives Steuersystem - wäre Griechenland mehr geholfen als bei einem Schuldenschnitt. Denn ein Schuldenschnitt geht mit Reformauflagen einher, mit denen Griechenland in den letzten Jahren Probleme hatte. Schulden zu erlassen und dafür auf Auflagen zu bestehen, ist für Griechenland nicht der beste Weg. Auf Zahlungen bestehen, diese aber durch die EU in Griechenland zu reinvestieren, schon eher. Ein "Grexit" bleibt aufgrund der Konsequenzen für die griechische Bevölkerung keine sinnvolle Lösung.

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