Aktienstrategie-Kolumne Wolfgang Braun

Völlige Ignoranz

08.10.09 10:40 Uhr

Völlige Ignoranz | finanzen.net

Die Bewertung im DAX entspricht – gemessen am Buchwert – inzwischen wieder dem langjährigen Durchschnitt.

Berücksichtigt man die desolaten Bilanzen mit den hohen immateriellen Wackelpositionen, befinden wir uns noch knapp zehn Prozent unter dem Mitte 2007 erreichten Maximalwert. Solche Bewertungen passen nicht in ein Krisenszenario. Vielmehr spekulieren die Börsen darauf, dass die Wirtschaft schon bald wieder ihr normales Wachstum erreicht oder sogar ein bisschen mehr. Diese Einschätzung zeigt sich auch in den Analystenprognosen, die für die DAX-Konzerne im kommenden Jahr ein Ergebnisplus von rund 50 Prozent vorhersagen.

Leider sieht es so aus, als ob die Konjunktur nicht mitspielt. Die jüngsten Daten aus den USA hätten eigentlich ein Warnsignal sein müssen, würden aber wieder einmal ignoriert (bzw. schnell vergessen). Frühindikatoren wie die ISM-Indizes, die zwar nur auf Umfragen basieren, aber bislang als Rechtfertigung für den Börsenboom herhalten mussten, enttäuschten zuletzt. Der Einkaufsmanagerindex aus der Region Chicago rutschte sogar wieder auf Rezessionsniveau. Noch bitterer sehen die harten Fakten aus: So gingen die Aufträge in der Industrie zuletzt deutlich zurück, nachdem es dank der Abwrackprämie eine Zwischenerholung gegeben hatte. Dass die Wirtschaftserholung weitgehend auf staatlicher Stütze beruht, zeigt der Einbruch bei den Autoverkäufen um 38 Prozent im September (gegenüber Vormonat). Und die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist ohnehin katastrophal. Ungeschönte Statistiken gehen inzwischen davon aus, dass aktuell jeder fünfte Amerikaner ohne Job ist.

Wie in Anbetracht der desolaten Lage am Arbeitsmarkt und der nach wie vor extrem hohen Verschuldung (inzwischen sowohl im Privatsektor als auch von staatlicher Seite) die Wirtschaft nachhaltig anziehen soll, bleibt das Geheimnis der Börse. Derzeit sieht es ganz nach einem erneuten Abtauchen der Konjunktur nach Auslaufen der staatlichen Stützungsmaßnahmen aus. Das Risiko für einen Double Dip wird von den Anlegern aber völlig ignoriert.

Wolfgang Braun ist Chefredakteur des „Global Performance“. Der Börsenbrief hat sich auf deutsche Wachstums-Aktien spezialisiert. Dank einer bewährten Anlagestrategie schlägt das Musterdepot die Vergleichsindizes deutlich. Weitere Informationen unter www.globalperformance.de.Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die Smarthouse Media GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.