Barrick Gold - der dümmste Minenkonzern der Welt?
Barrick Gold ist immer noch einer der weltgrößten Goldproduzenten. Obwohl sich die Gesellschaft eine Schrumpfkur auferlegt hat, förderte sie auch im vergangenen Jahr noch die unglaubliche Menge von 7,2 Millionen Unzen Gold.
Gleichzeitig hat sich der Kurs in den letzten drei Jahren fast gedrittelt. Da ist es kein Wunder, dass die Aktie bei den Anlegern viel Beachtung findet. Theoretisch besteht hier ja schließlich die Möglichkeit, das Papier eines Branchenführers billig abzugreifen.
Gleichzeitig steht Barrick Gold aber auch stellvertretend für nahezu alle Unsitten, die sich die Minenkonzerne in der Vergangenheit geleistet haben. Allen voran hat die Gesellschaft in den letzten Jahren enorme Werte vernichtet. Der Aktienkurs ist inzwischen wieder dort, wo er sich schon 1996 befand, und die Nettoverschuldung liegt bei gewaltigen 15 Milliarden US-Dollar. Zu verdanken hat der Konzern diese Misere einer Expansionsstrategie, die in den Jahren des Gold-Booms fast schon an Dummheit grenzte. Wachstum und Größe waren in dieser Zeit das Einzige, das für das Management zählte. Und auf den Gedanken, dass der Edelmetall-Hype irgendwann einmal zu Ende sein könnte, kam man bei Barrick Gold erst gar nicht.
Hedgebook und Equinox
Bezeichnend war etwa, wie der Minenriese in der Vergangenheit mit seinem Goldpreis-Risiko umging. Als Gold Ende der 90er Jahre kaum etwas wert war, baute sich Barrick Gold ein riesiges Hedgebook auf - also jede Menge Finanzinstrumente, um sich gegen fallende Preise abzusichern. Als die Preise dann zu steigen begannen, brauchte die Gesellschaft fast ein Jahrzehnt, um diese teuren Kontrakte zurückzukaufen. 2009 nahm Barrick Gold dafür sogar 4 Milliarden Dollar am Kapitalmarkt auf. Schlussendlich haben es die Kanadier dadurch geschafft, sich fast die gesamte Gold-Hausse hindurch teuer abzusichern, nur um dann kurz vor dem Ende der Rallye völlig ohne Schutz da zu stehen.
Ein weiterer spektakulärer Fehler war die Equinox-Übernahme, die bereits Züge von Größenwahn trug. 2010 bot China Minmetals für das kanadische Rohstoffunternehmen Equinox Minerals, das in Sambia eine Kupfermine betrieb, 5,8 Milliarden US-Dollar. Bei Barrick Gold war man zu diesem Zeitpunkt ebenfalls auf die Idee gekommen, in andere Rohstoffklassen diversifizieren zu müssen. Dass mit Equinox einer der großen Kupferproduzenten von Chinesen übernommen werden sollte, konnte man bei Barrick offenbar nicht tatenlos mit ansehen. Die Gesellschaft entschloss sich beherzt zu einem Gegenangebot von 6,7 Milliarden Dollar - und bekam natürlich den Zuschlag. Vertreter von China Minmetals erklärten damals überrascht, dass dieser Preis beim besten Willen nicht mehr realistisch sei - und zogen sich zurück. Sie sollten damit Recht behalten.
Ironie des Schicksals: Die Equinox-Besitzer wäre damals damit einverstanden gewesen, sich zum Großteil mit Barrick-Gold-Aktien bezahlen zu lassen. Bei Barrick wollte man aber die schöne eigene Aktie nicht verwässern, die damals bei über 50 Dollar stand. So entschloss man sich dazu, sich das Geld für den Zukauf bei den Banken zu holen. Keine zwei Jahre später müsste der Konzern dann bereits mehr als die Hälfte des Kaufpreises wieder abschreiben. Im Februar 2013 kündigte Barrick eine Wertberichtigung von 3,8 Milliarden Dollar auf die afrikanische Kupfermine an. Das machte dann 2013 doch noch eine Kapitalerhöhung notwendig. Diesmal aber natürlich zu deutlich schlechteren Konditionen.
Weitere Milliarden-Abschreibungen
Das größte Desaster für die Barrick-Aktionäre war aber nicht Equinox, sondern das Mega-Projekt Pascua Lama. Die Liegenschaft, die sich im Hochland an der Grenze zwischen Argentinien und Chile befindet, sollte eine der größten Goldminen der Welt werden. Bereits die 3 Milliarden Dollar, die ursprünglich für die Erschließung veranschlagt waren, waren kein Pappenstil. Im Laufe der Jahre stellte sich allerdings heraus, dass der Konzern sowohl die technischen und geologischen Herausforderungen als auch die ökologischen Probleme und den Widerstand der lokalen Bevölkerung sträflich unterschätzt hatte.
Bis 2013 hat Barrick Gold sage und schreibe 8,6 Milliarden Dollar bei Pascua Lama versenkt, nur um das Projekt dann schließlich auf Eis zu legen, nachdem der Goldpreis nach unten gegangen war. Die Anteilseigner wurden im August deshalb mit einem weiteren Abschreibungsschritt von 8,7 Milliarden Dollar konfrontiert. Und inzwischen wurde das ehemalige Management wegen Pascua Lama auch noch von einer Aktionärsgruppe auf 6 Milliarden Dollar Schadensersatz verklagt.
Sparkurs und Schrumpfkur
All diese Fehler, die dem einstmals so glanzvollen Goldunternehmen viel Schaden zugefügt haben, soll es nun in Zukunft nicht mehr geben. Barrick Gold hat inzwischen eine neue Führung, die der Gigantonomie abschwor und künftig kleinere Brötchen backen will. Dazu gehört, dass Projekte eingedampft, Investitionen zurückgefahren, Kosten eingespart und unprofitable Minen verkauft werden. Das sind auch genau die Rezepte, die der Markt gerade hören will.
Im Grunde zeigt der Konzern mit seiner 180-Grad-Wende aber nur, dass es ihm erneut nicht gelungen ist, sich von seinem bisherigen Fehlverhalten zu lösen. Denn Barricks Strategie ist weiterhin prozyklisch. In Boom-Phasen wird investiert und teuer zugekauft, in Zeiten des Abschwungs wird gespart und desinvestiert.
Dass ein solches Vorgehen mittelfristig nicht zielführend ist, liegt auf der Hand. Denn was soll es schon großartig einbringen, in Krisenzeiten Minen zu verkaufen, die kaum jemand haben will? Und wie will Barrick vom nächsten Goldpreis-Anstieg überdurchschnittlich profitieren, wenn die Gesellschaft jetzt nicht investieren kann? Und dennoch bleibt dem Konzern keine andere Wahl, als sich wieder strikt prozyklisch zu verhalten. Denn die Schulden drücken, und die Aktionäre sind es leid, weiter Milliardenverluste zu erleiden. So zeigt sich immer wieder: Wer in guten Zeiten krasse Fehler macht, dem wird dann auch in schlechten Zeiten von den Umständen die falsche Strategie aufgezwungen.
Bessere Goldaktien
Tröstlich ist allerdings, dass nicht alle Minengesellschaften die gleichen Fehler gemacht haben wie Barrick Gold. Es gibt durchaus Unternehmen, die ihre Mittel in der Vergangenheit umsichtig investiert haben. Diese Unternehmen haben ihr Geld in tragfähige Projekte gesteckt und verfügen jetzt über Minen, die auch beim aktuellen Goldpreis noch hoch profitabel sind. Und während Branchengrößen wie Barrick Gold die nächsten Jahre damit beschäftigt sein werden, die Folgen ihres Größenwahns abzuarbeiten, fahren die soliden Goldproduzenten jetzt und in Zukunft üppige Gewinne ein.
In der Goldminen-Sonderstudie, die ich im Rahmen des Börsenbriefs EMERGING MARKETS TRADER erstellt habe, stelle ich sieben solcher erfolgreicher Goldproduzenten vor. Diese Unternehmen verfügen nicht nur über solide Bilanzen und echte Wachstumsperspektiven, sondern sie stehen heute teilweise noch besser da als in den Hochzeiten des Gold-Booms. Und trotzdem sind auch die Aktien dieser Unternehmen momentan sehr günstig zu haben. Wer jetzt im Goldsektor auf Schnäppchenjagd gehen will, muss also nicht zwingend zu Barrick Gold greifen.
Florian Schulz ist ausgewiesener Experte auf dem Gebiet der Emerging Markets und Chefredakteur des Emerging-Markets-Trader Börsenbriefs. Mehr Infos unter: www.emerging-markets-trader.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.