Emerging-Markets-Trader Gerhard Heinrich

Achtung anschnallen: eine Herbstrallye steht vor der Tür (5 Gründe)!

06.09.10 14:28 Uhr

Achtung anschnallen: eine Herbstrallye steht vor der Tür (5 Gründe)! | finanzen.net

Der September ist ein Monat, in dem es an den Weltbörsen außergewöhnlich oft ...

... ungemütlich wird und das regelmäßig im Vorfeld von Marktturbulenzen erscheinende technische Signal „Hindenburg-Omen“ warnt auch in diesem Jahr vor möglichen frühherbstlichen Turbulenzen. Intuitiv bin ich daher froh wenn die nächsten Wochen ohne größere Schwierigkeiten vorüber gehen. Mein Verstand sagt mir hingegen: selten standen die Chancen für eine Herbstrallye so hoch wie in diesem Jahr!

Ich werde Ihnen daher in meiner heutigen und morgigen Kolumne 5 Gründe nennen warum ich in diesem Jahr einen „heißen Börsenherbst“ erwarte!

Grund 1: Die Bären bestimmen das Stimmungsbild!

Da sich die Weltbörsen im vergangenen Jahr in einem breiten Seitwärts-Korridor bewegten liegt die Vermutung nahe, dass sich aktuell Bullen und Bären in etwa die Waage halten. Tatsächlich deutet aber vieles daraufhin, dass sich innerhalb von 12 Monaten die positive Stimmung in das Gegenteil verkehrt hat und die Bären längst wieder den Markt im Griff haben. So erwarten fast so wenige Marktteilnehmer steigende Kurse wie Anfang 2009 (10-Jahrestief) und dominiert die Krisenberichterstattung spätestens seit der Eurokrise wieder klar das Medienbild.

Die Analysten sind ebenfalls so pessimistisch wie selten zuvor: Aktuell werden laut einer Bloomberg-Erhebung in den Industrieländern so wenige Aktien mit „Kaufen“ eingestuft wie in keinem anderen Moment der vergangenen 12 Jahre und auch in den drei BRIC-Märkten Russland, Brasilien und Indien befindet sich der relative Anteil von „Kaufen“-Empfehlungen auf einem 12-Jahrestief. Auch in den im MSCI EM Index ebenfalls hoch gewichteten Märkten China und Südkorea werden klar unterdurchschnittlich viele „Kaufen“-Empfehlungen ausgesprochen.

Grund 2: Die Unternehmen überraschen die Analysten

Dieser Pessimismus könnte durchaus enttäuscht werden, denn schon im vergangenen Halbjahr waren die Analysten viel zu zurückhaltend. So übertrafen in den letzten beiden Quartalen 64% und 63% aller S&P 500 Unternehmen die Umsatzerwartungen und der Anteil der Gewinnüberraschung stieg im zweiten Quartal von 2010 sogar auf 75%. Das durchschnittliche Gewinnwachstum der S&P 500 Unternehmen lag im zweiten Quartal mit 38,4% satte 11% (!) über den Erwartungen. Während die Quartalsberichtsaison in Europa trotz der Griechenlandkrise ähnlich positiv verlief wurden die von Anfang an wesentlich optimistischeren Erwartungen in den Emerging Markets in den meisten Fällen zumindest erfüllt.

Normalerweise nehmen Analysten positive Ergebnisüberraschungen zum Anlass die Gewinnerwartungen zu erhöhen, in diesem Jahr reagierten sie aufgrund der Sorge vor einem „Double Dip“ aber gegenteilig. So wurden die Gewinnerwartungen seit Ausbruch der Eurokrise im Mai selbst für die Unternehmen des MSCI Asia Index leicht gekürzt. Dieser zunehmende Pessimismus erklärt einerseits die allgemeine Börsenschwäche in dieser Zeit, er zeigt aber auch, dass die Sorgen vor einem „Double Dip“ längst in die Ergebniserwartungen eingerechnet werden. Auch im dritten Quartal besteht daher positives Überraschungspotential.

Grund 3: die Unternehmen sitzen auf gigantischen Barmittelbergen

Aktienanleger lieben Analystenaufstufungen und positive Ergebnisüberraschungen; noch mehr lieben sie jedoch Übernahmeangebote und Aktienrückkäufe. Auch für solche kurstreibende Nachrichten könnte das Umfeld im Herbst kaum besser sein. So liegt die Sparquote im Unternehmenssektor der Industrieländer auf einem Allzeithoch und die Unternehmen sitzen weltweit auf einem noch nie zuvor bilanzierten Barmittelberg (alleine 2,03 Bio. USD in den USA!). Erstaunlich daran: Selten war es so sinnlos Barmittel zu horten wie aktuell, denn deren Verzinsung liegt mittlerweile nahe 0%.

Zwar sollte folglich der Druck die Barmittel einzusetzen im Herbst steigen, ich rechne wegen der eingetrübten Konjunkturaussichten jedoch nicht mit einem außergewöhnlich starken Investitionsboom in den Industrieländern. Stattdessen könnten im Herbst immer mehr Aktienrückkaufprogramme bekannt gegeben werden und auch Übernahmeangebote sollten sich nach der Sommerflaute häufen. Mangels Wachstumsaussichten am Heimatmarkt dürften dabei insbesondere US-Unternehmen gezielt nach Übernahmeobjekten aus den Emerging Markets Ausschau halten.

Mein Fazit: Selten war Pessimismus an der Börse und unter Analysten so verbreitet wie in diesem Spätsommer. Da Pessimismus einer der fruchtbarsten Nährböden für haussierende Börsen ist, ist eine der wichtigsten Grundvoraussetzungen für eine Herbstrallye erfüllt. Optimistisch stimmt mich auch die eklatante Übernahme- und Aktienrückkauffantasie aufgrund der gigantischen Barmittelberge im Unternehmenssektor. Doch stimmt auch das fundamentale Umfeld für eine Herbst-Rallye? Dieser Frage werde ich morgen nachgehen, wenn ich Ihnen 2 weitere Gründe für eine Herbstrallye nenne.

Florian Schulz ist ausgewiesener Experte auf dem Gebiet der Emerging Markets und Chefredakteur des Emerging-Markets-Trader Börsenbriefs. Mehr Infos unter: www.emerging-markets-trader.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH i.G. übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.