DAX scheitert am Jahreshoch
Wie von uns befürchtet hat die Börsen jetzt doch wieder die Angst vor einer deutlichen Abkühlung der Konjunkturdynamik eingeholt.
Der DAX und die meisten anderen Aktienindizes beendeten ihren Kursanstieg der letzten beiden Wochen und fielen wieder zurück.
US-Immobilienmarkt bleibt gelähmt
Besonders die Entwicklung am Häusermarkt in den USA ist mehr als bedenklich. Nachdem schon die Zahl der Baubeginne und der Baugenehmigungen im Mai überraschend fiel, enttäuschten auch die Umsätze bei den bestehenden (im Sinne von gebrauchten) und bei den neuen Häusern. Besonders der Absturz der New Home Sales auf das Allzeittief einer Jahresrate von 300.000 war ein richtiger Schock. Nicht einmal während der Immobilienkrisen in den 1960er und 1980er Jahren wurden weniger Häuser verkauft. Der Rückgang ist zwar maßgeblich auf das Auslaufen steuerlicher Anreizprogramme für Hauskäufer zurückzuführen, die Schärfe des Einbruchs überraschte aber dennoch. Das unterstreicht nur, wie stark der Immobilienmarkt weiterhin am Tropf des Staates hängt. Auch der Rückzug der US-Notenbank aus dem direkten Ankauf von Hypotheken hat negative Folgen, denn bei jedem vierten Hausbesitzer ist die Hypothek höher als der Wert der Immobilie. Viele Amerikaner werden daher ihre Häuser nicht halten können, zumal wenn die Hypothekenzinsen wie von Experten prognostiziert kräftig steigen. Es drohen bis zu drei Millionen Zwangsversteigerungen in diesem Jahr. Das wäre ein neuer Rekord, der nichts Gutes erwarten lässt.
Obama und Fed kritisieren Europa
Zieht man dies in Betracht, dann muss ich mir schon verwundert die Augen reiben, wenn Präsident Obama und die US-Notenbank die europäischen Länder für ihre Überschuldung kritisieren. Die USA benötigen ein Nullzinsniveau und ein Haushaltsdefizit von mehr als zehn Prozent, um zwei bis drei Prozentpünktchen Wachstum zu erzielen. Darüber hinaus ist der Immobilienmarkt praktisch in staatlicher Hand, denn hinter den meisten Hypotheken stehen staatliche Garantien. Gleichzeitig sind viele Bundesstaaten bankrott und bemühen sich im Gegensatz zu Washington um Einsparungen. In New Jersey beispielsweise wird sogar ernsthaft eine umfangreiche Schließung öffentlicher Schulen diskutiert. Die Rating Agentur Moody´s warnte bereits davor, dass die USA ihr Triple-A-Rating verlieren könnten, wenn sie nicht zusätzliche Maßnahmen zur Reduzierung des Staatsdefizits ergreifen würden. Laut Moody´s dürfte das Verhältnis von Staatsschulden zum BIP und zu den Einnahmen nach der Krise schlechter sein als bei anderen mit AAA bewerteten Ländern. Die gesamten Staatschulden werden voraussichtlich bis Ende 2010 auf 94 Prozent in Relation zum BIP steigen.
Konjunkturerholung ist in den Kursen schon drin
Wie immer stellt sich die Frage, was dies für die Börsen bedeutet. Können die Unternehmen trotz staatlicher Sparmaßnahmen in Europa und einem neuen Einbruch am US-Häusermarkt ihre Gewinne weiter steigern? In Deutschland sieht es jedenfalls derzeit recht gut aus, vor allem dank dem Export. In der Autoindustrie und in manchen anderen Branchen brummt das Geschäft. Doch die Bewertungen erscheinen bei den meisten Aktien angemessen und beinhalten ohnehin ein deutliches Gewinnwachstum im Jahr 2011, das sich vor dem Hintergrund eines zumindest in Europa abnehmenden Wachstumstempos als zu optimistisch erweisen könnte. Große Kurssprünge sind da unwahrscheinlich.
DAX wieder im Rückwärtsgang
Der DAX schnupperte zu Wochenbeginn an seinem Jahreshoch bei 6.340 Punkten, konnte aber dieses Niveau nicht behaupten. Der deutliche Kursrückgang bis auf 6.050 Punkte spricht gegen einen neuerlichen raschen Angriff auf das Jahreshoch. Vielmehr sind aufgrund der wieder spürbar verschlechterten Charttechnik weitere Kursverluste zu befürchten.
Fazit: Der G20-Gipfel am Wochenende hat das Potenzial die Märkte zu bewegen, in welche Richtung ist aber unmöglich zu sagen. Die Stimmungsverschlechterung der letzten Tage lässt eher das Aufkommen einer Abwärtsdynamik befürchten.
Stefan Böhm (Diplom-Volkswirt) ist Chef-Redakteur des DaxVestor Börsenbriefs. Weitere Informationen finden Sie unter: www.dax-vestor.deDer obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die Smarthouse Media GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.