DAX legt eine Verschnaufpause ein
Es kommt, wie es kommen musste. Die Aktienmärkte haben eine Verschnaufpause eingelegt, nachdem es zuletzt einige enttäuschende Meldungen von Unternehmen und von der Konjunktur gab.
Dabei muss man jedoch bedenken, dass auch die inzwischen sehr hohen Erwartungen eine Ursache für mögliche Enttäuschungen sind. Die Gründe, die von Experten als Erklärungsversuche nachgeliefert werden, sind meiner Meinung nach daher nicht immer plausibel.
China wächst wieder schneller
So zum Beispiel wurde das Wirtschaftswachstum im dritten Quartal in China von vielen Kommentatoren als Enttäuschung gebrandmarkt, weil das BIP nicht wie erwartet um 9,0 Prozent, sondern „nur“ um 8,9 Prozent gewachsen ist. Wer schon einmal etwas mit der Erstellung einer Statistik zu tun hatte, weiß, dass diese Begründung hanebüchen ist und an der Sache vorbeigeht. Das BIP-Wachstum in China ist stark, vor allem durch Investitionen in die Infrastruktur und den Wohnungsbau getrieben. Im vierten Quartal dürfte das BIP um elf Prozent wachsen, zwar auch wegen des Basiseffektes, aber dennoch erstaunlich stark. Im Gesamtjahr 2009 wird es daher mit großer Wahrscheinlichkeit gelingen, das von der Regierung vorgegebene Ziel von 8,0 Prozent Wachstum zu übertreffen, 2010 ist mit einer weiteren Steigerung zu rechnen. Die Gefahr, dass die Regierung zu früh wieder auf die Bremse tritt, scheint dagegen eher unwahrscheinlich.
Gewinnenttäuschungen in den USA
Die US-Quartalssaison ist derweil in die nächste Runde gegangen. Nach vielen wirklich positiven Überraschungen gab es jetzt auch einige echte oder vermeintliche Enttäuschungen. Der Gewinn der Internetauktionsplattform ist um 29 Prozent eingebrochen, obwohl der Umsatz um sechs Prozent auf 2,24 Mrd. USD gestiegen ist. Grund ist das Wachstum bei Geschäften mit geringen Margen. Die eigentliche Enttäuschung ist jedoch der sehr vorsichtige Ausblick für das restliche Jahr mit dem wichtigen Weihnachtsgeschäft. Ich sehe das allerdings nicht zu negativ, denn ein Unternehmen mit einer realistischen Prognose ist mir lieber als eines, das Luftschlösser baut.
Boeing stürzt ab
Eine drastische Enttäuschung gab es beim Luft- und Raumfahrtkonzern Boeing, der einen Nettoverlust von 1,6 Mrd. USD im dritten Quartal einflog. Statt wie im Schnitt von den Analysten erwartet fiel kein Gewinn von 1,53 USD je Aktie an, sondern ein Verlust von 2,23 USD je Aktie. Krasser kann eine Fehleinschätzung kaum ausfallen. Klar, dass die Prognose für das Gesamtjahr kassiert wurde. Boeing geht von einem Gewinn in der Range von 1,35 bis 1,55 USD je Aktie aus. Bislang lag das Gewinnziel des Unternehmens bei 4,70 bis 5,00 USD. Neben der schwachen Luftfahrtkonjunktur belasten vor allem hausgemachte Probleme. Der Dreamliner verzögert sich immer weiter und wird zum Alptraumbomber, auch das neue Frachtflugzeug 747-8 verspricht große Probleme.
Positive Meldungen überwiegen
Dennoch: die positiven Meldungen von den Unternehmen überwiegen. Morgan Stanley, Wells Fargo, Credit Suisse, comdirect, Amgen und Novartis konnten gute Zahlen vermelden. Gemäß dem Motto gut ist nicht gut genug wurde bei einigen Werten trotzdem Kasse gemacht. Nach den Kursgewinnen in den Vorwochen ist dies jedoch eine normale und bislang gesunde Reaktion, über die man sich noch keine allzu großen Sorgen machen muss.
DAX-Dynamik lässt nach
Der DAX ist aus charttechnischer Sicht vorerst am Widerstand bei 5.850 Punkten gescheitert, nachdem diese Chartmarke an sechs aufeinander folgenden Börsentagen nicht signifikant überschritten werden konnte. Bislang gehalten hat die Unterstützung bei 5.750 Punkten. Sollte der DAX weiter abtauchen, wären die 5.580 Punkte die nächste wichtige Supportlinie, an der es zu einer Wende zurück nach oben kommen könnte.
Fazit: Die Nachrichtenlage bleibt überraschend positiv, es würde daher nicht überraschen, wenn ein Kursrückschlag erneut von vielen Anlegern zum Einstieg genutzt würde.
Stefan Böhm (Diplom-Volkswirt) ist Chef-Redakteur des DaxVestor Börsenbriefs. Weitere Informationen finden Sie unter: www.dax-vestor.deDer obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die Smarthouse Media GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.