DAX: Crash oder nur Korrektur?
Gleich mehrere Belastungsfaktoren haben ab Donnerstag zu einer scharfen Korrektur beim DAX geführt.
Nach den schwachen Daten zur Industrieproduktion in Deutschland kamen auch aus Frankreich und Italien enttäuschende Zahlen. In Japan gab es bei den Auftragseingängen der Maschinenbauer sogar den größten Rückgang der Geschichte, der allerdings auch mit einer Mehrwertsteuererhöhung und Vorzieheffekten zu erklären ist. Dennoch: So heftig hatte das niemand auf dem Schirm.
In Portugal gibt es neue Crash-Gefahren!
Vielleicht hätte es der Markt auch noch verkraftet, wenn es bei den schlechten Konjunkturnews geblieben wäre. Seit ein paar Tagen jedoch crasht der Aktienmarkt in Portugal, weil das Konglomerat Espirito Santo Geldmarktpapiere offenbar nicht zurückzahlen kann. Die Töchter Banco Espirito Santo und Espirito Santo Financial Group sind die Verbindung in die Finanz- und Bankenbranche, in der nun auch in Spanien und Italien die Angst vor einer Ansteckung umgeht. So sind auch die Kurse der spanischen Großbanken BBVA und Santander abgetaucht. Auf den Anleihemarkt, wo sich die Renditen portugiesischer, spanischer und italienischer Staatsanleihen in den letzten Monaten stark reduziert haben, strahlt die neue Krise ebenfalls aus. Bundesanleihen sind als sicherer Hafen gefragt, während ihre Pendants aus Südeuropa abverkauft werden.
Einzelfall oder Vorbote?
Letztlich entscheidend ist es aber, ob der Fall Espirito Santo ein Einzelfall bleibt, oder ob es wirklich zur Ansteckung kommt. Für die EZB könnte dies bedeuten, dass sie erneut unter Zugzwang gerät. Dass die USA zugleich auch noch europäische Banken unter Beschuss nehmen - nach der BNP Paribas rücken die Commerzbank und andere ins Visier - macht die Sache nicht einfacher. Stichwort USA: Dort zeigen die Fed-Protokolle, dass die US-Notenbank im Oktober ihre Anleihekäufe beenden wird. Doch auch nach diesem Tag wird die Fed die geldpolitischen Zügel noch lange locker lassen, auch wenn sich die US-Wirtschaft immer weiter normalisiert. In Europa sind wir von diesem Zustand noch weit entfernt. Der Reformdruck vor allem auf Südeuropa wird daher wieder kräftig zunehmen.
Fazit
Dass die Konjunktur in Europa noch nicht rund läuft, ist keine Riesenüberraschung. Dass sich in Südeuropa eine neue Bankenkrise anbahnen könnte, jedoch schon. Die guten Geschäftszahlen des US-Aluminiumkonzerns Alcoa, der am Dienstag die Quartalssaison eröffnete, gingen dadurch glatt unter. Der DAX stand am Donnerstag mächtig unter Verkaufsdruck, konnte sich am Freitag aber wieder stabilisieren. Nun gilt es kühlen Kopf zu bewahren. Ob sich aus der scharfen Korrektur ein echter Crash entwickeln wird, ist nicht gesagt. Da es bislang aber keine Indizien für einen Rebound gibt, müssen weitere Kursverluste befürchtet werden.
Stefan Böhm (Diplom-Volkswirt) ist Chef-Redakteur des DaxVestor Börsenbriefs. Weitere Informationen finden Sie unter: www.dax-vestor.de
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