Börse Frankfurt

Börse Frankfurt-News: "Wann ist Small wieder beautiful?"

05.03.24 10:23 Uhr

Börse Frankfurt-News: "Wann ist Small wieder beautiful?" | finanzen.net

FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Fondsmanager Peeters hat einige Antworten auf die Frage, wann kleinere Unternehmen den großen in ihrer Aktien-Performance nacheilen.

4. März 2024. FRANKFURT (pfp Adisory). Rückblende ins erste Quartal 2023. Also vor 12 Monaten, als das junge Jahr angelaufen ist und sich viele Investoren und Marktbeobachter so ihre Gedanken gemacht haben, was die großen Themen 2023 werden können, begegnete einem recht oft die Aussage, dass nun die große Stunde der Nebenwerte geschlagen habe. Angesichts von seinerzeit bereits rund 18 Monaten währender Underperformance wäre ein Favoritenwechsel angebracht.

?"hnlich die Ansagen, dass nun die lange sehr stark gelaufenen US-Werte von den bis dato schwächeren europäischen oder chinesischen Werten wieder abgelöst werden. Über allem sollte der Markt generell mehr in die Breite gehen, nachdem sich eine signifikante Unwucht in wenigen großen US-Techs aufgebaut hatte.

Was hat sich seitdem geändert, außer dass weitere zwölf Monate ins Land gegangen sind? Richtig, es traf keine der genannten Erwartungen/Hoffnungen ein. Ganz im Gegenteil: Der Anteil der USA an der globalen Kapitalisierung oder an vermeintlich globalen Aktienindizes stieg weiter deutlich an. Nebenwerte hinken in fast allen Regionen noch deutlicher hinter den Bluechips zurück als vor einem Jahr, und über die weiter gestiegene Relevanz der "glorreichen sieben" US-Techs ist, denke ich, alles gesagt.

Über die Ursachen dieser in Teilen dramatischen Entwicklung wird fleißig debattiert und gemutmaßt. Die These, dass etwa kleine Werte per se zinsanfälliger sind oder zumindest von den Märkten so gepreist werden, halte ich persönlich für keine hinreichend überzeugende Erklärung. Dass der historisch hohe Anteil von schlichten Indexprodukten auf der Nachfrageseite hingegen wie ein Katalysator wirkt, zumal viele Indexprodukte in der Realität nur approximativ anlegen und nicht "indexbreit" und somit noch mal überproportional viel in die großen Werte fließt, halte ich für wesentlich plausibler. Fakt ist aber auch: Ich weiß es genauso wenig wie alle anderen.

Was ich aber zumindest glaube zu wissen: Nur, weil die Aufholung nicht wie von vielen erwartet im Jahr 2023 eingetreten ist, sind die zu Grunde liegenden Argumente auch nicht ad absurdum geführt. Die Annahme, dass ein "reversion to the mean" sogar die Underperformer begünstigen wird, führt konsequent gedacht nun sogar zu einer größeren Chance, weil sich gewisse Gaps (USA versus Rest der Welt, Tech versus andere Industrien und schlicht groß vs. klein) noch mal deutlich geweitet haben. Und wenn ich die laufende Berichtssaison mal als Anhaltspunkt nehme, ob dies auch fundamental so begründet ist, dann kann ich die These nicht nachvollziehen: Viele der verschmähten Firmen weisen eine überaus robuste Entwicklung auf und auch die Perspektiven passen.

Sicher stelle ich nicht in Frage, dass es bei Big Tech oder in den USA ebenfalls gut läuft. Aber es geht schlichtweg und wesentlich um das Pricing. Es ist ja auch wirklich nicht so, dass es sich in der Börsenhistorie nicht öfter wiederholt. Im ersten 2000 lief es bei Telcos und Internetunternehmen hervorragend, Japan war Ende der 80er Jahre die Nation der Zukunft technologisch und wirtschaftlich usw. Aber jedes Mal war die Bewertung deutlich enteilt.

Wann genau der jeweilige Scheitelpunkt war, wusste man stets nur im Nachhinein. Die legendäre Warnung des damaligen Fed-Lenkers Alan Greenspan Ende 1995 über den "irrationalen Überschwang" an den Aktienmärkten etwa kam fast eine halbe Dekade zu früh, so richtig sie war.

Das bringt mich abschließend zur vermeintlich wichtigsten Frage: Wird denn nun 2024 das eintreffen, was bereits für 2023 erwartet worden ist? Ich weiß es nicht. Aber dass es über kurz oder lang eine bzw. mehrere Wenden gibt, steht für mich nicht in Frage. Weitere US-Outperformance hieße zum Beispiel, einen weiteren Anstieg am Anteil im MSCI World oder an anderen globalen Indizes. Der Anteil der US-Aktien in den weltweiten Indizes etwa kann kaum auf über 100 Prozent steigen und wohl auch nicht nah dran. Kurzum: Wie so oft an der Börse ist eine gewisse Gelassenheit ein besserer Ratgeber als ein panisches Nachlaufen vergangener Trends, auch wenn sich diese zunächst noch fortsetzen.

Von Roger Peeters, 4. März 2024, © pfp Advisory

Roger Peeters ist geschäftsführender Gesellschafter der pfp Advisory GmbH. Gemeinsam mit seinem Partner Christoph Frank steuert der seit über 25 Jahren am deutschen Aktienmarkt aktive Experte den DWS Concept Platow LU1865032954, einen 2006 aufgelegten und mehrfach ausgezeichneten Stock-Picking-Fonds, sowie den im August 2021 gestarteten pfp Advisory Aktien Mittelstand Premium. Weitere Infos unter www.pfp-advisory.de. Peeters ist weiterhin Mitglied des Vorstands der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (DVFA) e.V. Roger Peeters schreibt regelmäßig für die Börse Frankfurt.

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)