Börse Frankfurt-News: Marktstimmung: "Von großer Angst zu kleiner Angst"
FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 7. September 2022. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Zu Beginn des vergangenen Wochenendes scheint große Angst unter den Investoren aufgekommen zu sein. Zumindest vermittelte diesen Eindruck die hiesige Sentix-Stimmungserhebung - von extremem Pessimismus war die Rede. Tatsächlich mag vielen Börsianern angesichts der am vergangenen Freitagabend publizierten Aussetzung der Gaslieferungen über Nord Stream 1 durch den russischen Konzern Gazprom der Schreck in die Glieder gefahren sein. Zumal man nun vielerorts davon ausgeht, dass in Zukunft wohl über die Pipeline überhaupt kein Gas mehr nach Europa fließen wird. Die Reaktion des DAX war entsprechend deutlich, insbesondere weil das Börsenbarometer zuvor die Handelssitzung am vergangenen Freitag noch oberhalb der 13.000er Marke beschloss und sich eigentlich auf einem guten Weg zu einer Stabilisierung befand: Der sich anschließende Kurssturz betrug von der Spitze des Berichtszeitraums vorübergehend rund 3,4 Prozent.
Heute, zwei Tage später, bleibt jedoch festzustellen, dass der DAX zwar das dritte Mal hintereinander einen Wochenverlust zum Stichpunkt unserer Sentiment-Erhebung hinnehmen muss, das Minus von rund einem Prozent gegenüber der Vorwoche angesichts der negativen Energie-Nachrichten aber überschaubar geblieben ist. Auch hat der DAX in dieser Woche trotz der anfänglich miesen Stimmung nicht einmal das Tief vom vergangenen Donnerstag, geschweige denn das bisherige Jahrestief (12.391) unterlaufen.
Nachfrage gesichtet
Von großer Angst kann zumindest bei den von uns befragten institutionellen Investoren mit mittelfristigem Handelshorizont kaum die Rede sein. Im Gegenteil: Unser Börse Frankfurt Sentiment-Index ist zum dritten Mal hintereinander leicht gestiegen und konnte gegenüber der Vorwoche um 4 Punkte auf einen neuen Stand von -14 zulegen. Dabei gab es bei ein paar vormaligen Bären abermals Gewinnmitnahmen, wobei sich besagte Investoren per Saldo direkt auf die Bullenseite schlugen.
Anders sieht die Gemengelage dagegen bei den Privatanlegern aus. Deren Börse Frankfurt Sentiment-Index ist gegenüber der Vorwoche gefallen, aber der Rückgang von 3 Punkten auf einen neuen Stand von -23 nimmt sich ebenfalls nicht gerade als große "Angst-Bewegung" aus. Immerhin: Der Stimmungsindex in diesem Panel befindet sich wieder auf dem niedrigsten Stand dieses Jahres.
Von Trendwende weit entfernt
Unter dem Strich lässt sich festhalten, dass von der offensichtlich großen Angst vom Wochenende nicht allzu viel übriggeblieben ist. Nicht dass die Nachrichtenlage sich substanziell gebessert hätte, aber man scheint sich an das Stakkato negativer Informationen schnell wieder gewöhnt zu haben. Tatsächlich hat der Rückgang des DAX während der vergangenen drei Wochen bei einigen pessimistischen institutionellen Investoren dazu geführt, sich günstig einzudecken und in vorsichtigem Umfang sogar bullishe Engagements einzugehen.
Ob diese Käufe in die Schwäche in Hoffnung auf eine mögliche Trendwende beim DAX getätigt wurden, kann indes bezweifelt werden. Vielmehr dürfte die zeitweise Nähe des DAX zu den drei Jahrestiefs eher zu Engagements mit kurzfristigem Horizont geführt haben. Mit anderen Worten: Die Käufer der vergangenen drei Wochen dürften dem DAX nicht allzu lange die Treue halten und sich im Falle eines Anstiegs vermutlich im Bereich 13.100/13.150 wieder von ihren Engagements trennen.
Unter dem Strich hat sich die Situation für den DAX mit der heutigen Erhebung nicht wirklich verbessert - mehr als eine kleine Rallye im Bärenmarkt scheint nicht drin zu sein. Auf der anderen Seite bleibt die Unterseite fragil.
7. September 2022, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)