Börse Frankfurt-News: Kräftige Gewinne, schmerzhafte Verluste (Nebenwerte)
FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Besonders viel um geht zwar weiter in Aktien von Formycon, 2G und Cliq Digital, am besten entwickelt hat sich aber ein anderes Unternehmen: der Bohrdienstleister Daldrup und Söhne. Die drei Fragen gehen diesmal an André Marques von EQS.
17. Mai 2023. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die Rückkehr der Small Caps steht immer noch aus. Das Scale-Segment notiert, wie der SDAX, weiter deutlich unter den Hochs von 2021. Doch auf Small Caps spezialisierte Analysehäuser halten Scale-Aktien für stark unterbewertet, zumindest einige. Der Scale All Share, der alle Mitglieder abbildet, liegt am Montagmittag bei 1.237 Punkten und damit leicht unter dem Niveau vor einem Monat. Seit Jahresanfang tritt der Index auf der Stelle. Der DAX hat dagegen um fast 13 Prozent zugelegt.
Doch es gibt sie durchaus, die Segmentsgewinner: Auf Sicht von einem Jahr bleibt Geothermiespezialist Daldrup & Söhne (DE0007830572) Performance-Spitzenreiter. Der Kurs ist seit Mai 2022 von unter 6 Euro auf aktuell 14,30 Euro gestiegen - mehr als eine Kursverdopplung. Das Unternehmen aus dem nordrhein-westfälischen Ascheberg gilt als Profiteur der Energiewende. Denn Daldrup hat sich auf Bohrungen spezialisiert, unter anderem für Erdwärmeanlagen. Ebenfalls gut entwickelt haben sich die Beteiligungsgesellschaft SGT German Private Equity (DE000A1MMEV4) mit einem Kursplus von rund 30 Prozent, der Düsseldorfer Streaming-Anbieter Cliq Digital (DE000A0HHJR3) mit 26 Prozent und - wegen der extrem guten Entwicklung 2022 - das Biotech-Unternehmen Formycon (DE000A1EWVY8) mit 24 Prozent. Am unteren Ende stehen die Advanced Blockchain AG, die Veganz Group und Helma Eigenheimbau mit Verlusten um 70 Prozent auf Zwölfmonatssicht.
Daldrup: Erdwärme als Kurstreiber
Für Daldrup & Söhne läuft es wie geschmiert, wohl auch wegen guter Zahlen für 2022 und einiger Empfehlungen. Laut SMC-Research hat Daldrup im letzten Geschäftsjahr mit einem Ergebnis vor Zinsen und Steuern von rund 2 Millionen Euro die Ertragserwartungen voll erfüllt, die Marge habe mit 5,5 Prozent im oberen Bereich der Zielspanne gelegen. SMC sieht auch die weiteren Ertragsperspektiven positiv: Geothermie rücke in der Wärmeversorgung immer stärker in den Vordergrund, und die Bundesregierung pusche das Thema. Allerdings hatten die Analysten schon im April die Empfehlung auf "Hold" zurückgesetzt - wegen der guten Kursentwicklung. Das Kursziel von 11 Euro liegt mittlerweile deutlich unter der aktuellen Bewertung.
MuM mit "bestem Quartal aller Zeiten"
Auch für die Aktie des Softwareanbieters Mensch und Maschine (DE0006580806) geht es dieses Jahr aufwärts, zumindest ein Teil der kräftigen Verluste aus 2022 ist wettgemacht. Das Unternehmen hatte schon 2022 Umsatz und Gewinn gesteigert, für die ersten drei Monate dieses Jahres meldete Mensch und Maschine (MuM) nun "das beste Quartal aller Zeiten" mit einem zweistelligen Umsatz- sowie Ertragsplus.
Für SMC Research ist die Aktie nicht nur Kaufkandidat, sondern ein "Strong Buy". Die Analysten halten einen Preis von 63,60 Euro für angemessen (aktuell 50 Euro). Besonders spektakulär im ersten Quartal: die Entwicklung des operativen Cashflows, wie SMC meint. Auch LBBW Research rät unverändert zum Kauf und traut der Aktie ebenfalls 63,50 Euro zu. "Die Entwicklung der Softwaresparte verläuft positiver als von uns erwartet." MuM sei mit seinen eigenen Softwarelösungen in starken Nischen positioniert, die auch einem konjunkturellen Gegenwind widerstehen sollten.
Ökoworld: Zurückrudern bei Hilfe für Klimaaktivisten
Für Schlagzeilen sorgte zuletzt Scale-Mitglied Ökoworld (DE0005408686). Ökoworld-Gründer Alfred Platow hatte Anfang Mai via Pressemeldung Unterstützung für die Ziele der Letzten Generation und die Übernahme von Strafgebühren für Klimakleber*innen angekündigt. "Ökoworld wird daher massiv öffentlich angefeindet. Auch Mitarbeitende der Ökoworld werden persönlich angegriffen", erklärte Platow in einem Statement. "Mit Kritik hatte ich gerechnet, allerdings nicht in diesem emotionalen Ausmaß." Er musste daher zurückrudern: Die Gelder sollen nun an den Umwelt-Treuhandfonds gehen. Zudem stellte Platow klar, dass die Gelder ausschließlich aus privaten Quellen von "Gleichgesinnten und Weggefährt*innen" stammen - und nicht aus Sondervermögen der Ökoworld-Fonds oder dem Unternehmen. Die Aktie war 2021 über 113 Euro gestiegen, hatte 2022 aber stark verloren. Die anfänglichen Gewinne in diesem Jahr sind auch schon wieder dahin, aktuell liegt der Kurs bei 36,10 Euro.
Formycon mit höchsten Umsätzen
Im Handel mit Scale-Aktien im April zeigt sich abermals das große Übergewicht einiger weniger Titel: Umsatzstärkster Scale-Wert war wieder Formycon, im abgelaufenen Monat wurden auf Xetra und dem Frankfurter Parkett Aktien des Unternehmens im Wert von 15 Millionen Euro gehandelt. Auf den Plätzen zwei bis fünf folgen 2G mit 9,3 Millionen Euro, Cliq mit 9,2 Millionen Euro, Deutsche Rohstoff mit 3,2 Millionen Euro und Ibu-tec mit 2,9 Millionen Euro. Seit Jahresanfang ist der Abstand von Formycon (83,3 Millionen Euro) zum zweitplatzierten Cliq (35,7 Millionen Euro) noch größer.
EQS: Kurssprung nach Bundesrat-Zustimmung
Die EQS Group(), ein internationales Tech-Unternehmen für Compliance-Lösungen, wird gleich von zwei Analysehäusern empfohlen: von GSC mit einem Kursziel von 32 Euro, von GBC mit einem Kursziel von 38 Euro. Aktuell sind es 25 Euro. Das Unternehmen bietet eigenen Angaben zufolge "die führende Cloud-Lösung zur Erfüllung des Hinweisgeberschutzgesetzes für Unternehmen und Behörden" an. Verzögerungen bei der Umsetzung der EU-Whistleblower-Richtlinie in nationales Recht hatten zuletzt auf der Aktie gelastet. Am 12. Mai hat der Bundesrat, der dem Hinweisgeberschutzgesetz in seiner damaligen Fassung im Februar 2023 die Zustimmung verweigert hatte, zugestimmt. Der EQS-Kurs schoss von 20,50 auf 25 Euro nach oben (s. Interview unten).
Drei Fragen an: André Silverio Marques, CFO der EQS Group
Die Verzögerungen bei der Umsetzung der EU-Whistleblower-Richtlinie in nationales Recht hatten zur Folge, dass Sie die ursprünglichen Planungen für 2022 nicht erreichen konnten. Wie sieht es 2023 aus?
Sehr gut. Die Gesetze wurden in den wichtigsten Märkten Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien auf den Weg gebracht und treten im Laufe von 2023 in Kraft. Wir erwarten daraus starke Wachstumsimpulse für EQS für 2023 und darüber hinaus.
Das Hinweisgeberschutzgesetz gilt als wichtiger Wachstumstreiber. Welche Rolle spielen Ihre anderen Segmente?
Auch die anderen Segmente profitieren von den großen Trends Digitalisierung, Regulierung und Nachhaltigkeit. Einige Produkte sind bereits etablierter und erwirtschaften stabile Cashflows, andere stehen ganz am Anfang des Wachstumszyklus. Der Plattformansatz mit allen wichtigen Workflows für die Compliance-Abteilung bietet uns großartiges Wachstumspotenzial in den kommenden Jahren.
Aus Anlegersicht: Was spricht für Ihre Aktie?
Mit unseren Lösungen sind wir der führende Anbieter in starken Wachstumsmärkten, die von den drei Megatrends Digitalisierung, Regulierung und Nachhaltigkeit langfristig profitieren. Zudem gibt es in unseren Märkten starke Eintrittsbarrieren, und die Kundenbindung ist sehr hoch.
Die EQS Group ist ein führender internationaler Cloudsoftware-Anbieter für Corporate Compliance, Investor Relations und ESG. Mit der Cloud-basierten Software EQS Cockpit lassen sich Compliance-Prozesse steuern, etwa in den Bereichen Hinweisgeberschutz und Fallbearbeitung. Die EQS Group wurde im Jahr 2000 in München gegründet. Heute ist der Konzern mit rund 600 Mitarbeitenden in den wichtigsten Finanzmetropolen der Welt vertreten.
von: Anna-Maria Borse © 15. Mai 2023, Deutsche Börse AG
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)