Rettung mit Nebenwirkungen

Die Börsen bleiben unberechenbar, Konjunktur- und Unternehmensnachrichten interessieren nur noch am Rande.
Vielmehr stehen die Entscheidungen von Politikern und Notenbanken im Mittelpunkt. So auch in der vergangenen Woche, als sich Mario Draghi, Angela Merkel und Francois Hollande für den Erhalt des Euro stark machten: Man werde alles tun, um die Gemeinschaftswährung am Leben zu halten, ließen sie unisono verlauten. Eigentlich eine banale Aussage. Für die europäische Notenbank ist es ihre einzige Aufgabe und die europäischen Politiker mühen sich schon seit zwei Jahren, um die trudelnde Staatengemeinschaft beieinander zu halten. Dennoch schoss der DAX innerhalb von zwei Tagen rund sieben Prozent in die Höhe. Das entspricht der durchschnittlichen Jahresperformance seit 1959. Immerhin wurde Draghi am Freitag etwas konkreter, wie denn die Rettung erfolgen soll. Möglich sind demnach eine weitere Zinssenkung, neue Langfristtender für die Banken oder die Wiederaufnahme des Kaufprogramms für Staatsanleihen angeschlagener Länder.
Was bringt´s?
Eine Zinssenkung wäre wohl nur kosmetischer Natur. Wer sich zu 0,75 Prozent kein Geld leiht, wird das bei einem halben Prozent auch nicht tun. Die Langfristtender gab es Ende 2011 bereits. Sie haben die Lage an den Anleihemärkten vorübergehend entspannt und dem DAX ein Plus von rund 30 Prozent beschert. Vier Monate später war die Wirkung aber verpufft und die Krise zurück. Am wirkungsvollsten wären Anleihekaufprogramme. Als Notenbank kann die beliebig Geld drucken und damit die Renditen nachhaltig auf einem gewünschten Niveau halten. Die direkte Finanzierung von Staaten ist der EZB zwar untersagt, es wäre aber nicht der erste Vertrag, der seit Ausbruch der Krise gebrochen wird.
Steigende Inflationsgefahr
Die Ursachen der Krise – die hohe Verschuldung und die fehlende Wettbewerbsfähigkeit einiger Länder – wäre allerdings auch mit einem Anleihekaufprogramm nicht beseitigt. Die EZB könnte den Politikern aber die nötige Zeit verschaffen, um Strukturreformen durchzuführen. Problematisch wäre es, wenn die Krisenländer wegen der sinkenden Renditen in ihrem Reformeifer nachlassen würden. Denn ohne Risiken sind die Anleihekaufprogramme nicht: Mittelfristig bergen sie erhebliche Inflationsgefahren.
Wolfgang Braun ist Chefredakteur der „Aktien-Strategie“ (früher Global Performance). Der seit 1999 erscheinende Börsenbrief hat sich auf deutsche Wachstums-Aktien spezialisiert. Dank einer ausgefeilten und bewährten Anlagestrategie schlägt das Musterdepot die Vergleichsindizes deutlich. So schaffte das Depot seit seiner Auflegung im März 1999 eine durchschnittliche jährliche Performance von rund 15 Prozent - obwohl in diesen Zeitraum der dramatische Niedergang des Neuen Marktes sowie die Finanzkrise 2008 fällt. Weitere Informationen unter www.aktien-strategie.de
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