Raus aus dem Tief: Harley Davidson will mit neuem E-Motorrad den Markt im Sturm erobern

Dass Harley Davidson ausgerechnet jetzt - kurz nach den mäßig ausgefallenen Zahlen zum vierten Quartal - zum Sturm auf den Elektro-Markt bläst, könnte den Anschein erwecken als handle es sich dabei um eine Verzweiflungstat. Fakt ist jedoch: Der berühmte Motorbauer muss handeln, besser früher als später. Denn der vermeintliche Platzhirsch auf dem Motorradmarkt kann sich längst nicht mehr auf seinem guten Namen ausruhen - die Käufer bleiben aus. Und die stetig weiter schwindende Kundschaft findet sich darüber hinaus zunehmend in höheren Altersklassen. Das erweckt bei den Aktionären kein Vertrauen in eine bessere Zukunft, was sich auch am Aktienkurs zeigt. Nun soll es die "LiveWire" richten - das erste vollelektrische Motorrad aus dem Hause Harley Davidson.

Harley Davidson-Chef: "Der Elektrofahrzeugmarkt steckt in den Kinderschuhen …"

Überschwänglich verkündete der Chef des Motorradbauers, Matthew Levatich, nicht lange nach der enttäuschend ausgefallenen Quartalsbilanz: "Der Elektrofahrzeugmarkt steckt in den Kinderschuhen und wir glauben, dass er unseren Sport weltweit sowohl in traditionellen als auch in nichttraditionellen Bereichen anheizen wird." Die Kinderschuhe haben viele Mitbewerber auf dem Elektromobilitätsmarkt jedoch inzwischen längst ausgezogen, auch wenn bislang überwiegend Elektroautobauer wie Tesla und GM für Furore sorgen - wenn Harley Davidson eine Rolle auf diesem Markt spielen möchte, ist es nun höchste Zeit. Tatsächlich ist der Gedanke an ein Elektro-Motorrad für den Motorradbauer alles andere als neu. Bereits im Jahr 2014 hat Harley Davidson "Project LiveWire" präsentiert. Mit der Marktreife schien man jedoch keine Eile zu haben - die "LiveWire" diente bislang hauptsächlich als Marketing-Zugpferd, um zu zeigen, wie die Zukunft des Traditionsherstellers aussehen könnte. Nun will - und muss - Harley Davidson jedoch endlich Faken schaffen: In 18 Monaten soll die "LiveWire" in Serie gehen und endlich auf den Markt kommen.

Harte Fakten: So sieht Harley Davidsons "LiveWire" aus

Untätig ist der Traditionsmotorradbauer jedoch seit 2014 offensichtlich nicht gewesen. Rund 12.000 Motorradfahrer sollen den Prototypen der "LiveWire" inzwischen Probe gefahren sein. Ihr Feedback soll in die neue Baureihe des E-Motorrads einfließen, so der Harley Davidson-CEO. Bisher ist bekannt, dass die "LiveWire" 55 kW leistet - das entspricht 74 PS. Dadurch ließe sich eine Spitzengeschwindigkeit von 152 Kilometer pro Stunde sowie eine Beschleunigung von null auf hundert km/h unter vier Sekunden erreichen. Mit einer Akkuladung soll die "LiveWire" 85 Kilometer weit kommen. Dabei bliebe das Harley Davidson-E-Bike jedoch weit hinter den bisherigen Mitbewerbern zurück. Der Marktführer Zero Motorcycles stellt aktuell bereits Elektro-Motorräder her, die bis zu 360 Kilometer weit kommen. Die Serienversion der "LiveWire" dürfte daher zumindest in Sachen Reichweite noch gründlich aufpoliert werden, bevor sie auf den Markt rollt, um überhaupt mithalten zu können.

Auf Youtube kursieren bereits einige Videos, die einen ersten Eindruck von der neuen Elektro-Hoffnung des Traditionsherstellers vermitteln.

Wird die "LiveWire" zum Gamechanger für Harley?

Die Traditionsmarke muss das Ruder dringend herumreißen. Im vergangenen Quartal fuhr die Motorrad-Ikone erneut einen signifikanten Absatzrückgang ein. An den Märkten geht dies ebenfalls nicht spurlos vorüber. Eine Gewinnwarnung im Sommer des vergangenen Jahres riss auch den Aktienkurs mit in die Tiefe. Bis heute hat sich die schwer gebeutelte Aktie von diesem Absturz nicht wieder erholt. Harley hat den Ernst der Lage jedoch offenbar begriffen. Nun wird sich zeigen müssen, ob der Traditionshersteller seinen straffen Zeitplan wird einhalten können, damit die "LiveWire" wie geplant den Elektrofahrzeugmarkt aufmischen kann. Ein starker Name im Rücken kann für ordentlich Schub sorgen - das zeigt unter anderem der Höhenflug der Tesla-Aktie im vergangenen Jahr. Noch gilt die Marke Harley Davidson als Qualitätsmerkmal unter Motorradfahrern, davon könnte der Traditionshersteller profitieren. Ob die "LiveWire" für Harley tatsächlich die Tore in Richtung Zukunft wird aufstoßen können, wird sich spätestens bei der Marktreife in 2019 zeigen. Bis dahin wird Harley Davidson sicher noch kräftig weiter die Werbetrommel rühren.

Redaktion finanzen.net