Versorgungssicherheit

Energiekrise: EU-Staaten weiter uneins bei europäischem Gaspreisdeckel - Kommission macht Vorschläge

10.10.22 07:15 Uhr

Energiekrise: EU-Staaten weiter uneins bei europäischem Gaspreisdeckel - Kommission macht Vorschläge | finanzen.net

Die EU-Staaten sind weiter uneins darüber, wie ein europäischer Gaspreisdeckel im Kampf gegen die hohen Energiepreise aussehen könnte.

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"Detailliertere Vorschläge werden in den kommenden Wochen von der EU-Kommission kommen", sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Freitag nach einem informellen EU-Gipfel in Prag. Darüber wollen Kanzler Olaf Scholz (SPD) und seine EU-Kollegen dann beim nächsten Gipfel in knapp zwei Wochen beraten. Der tschechische Premierminister Petr Fiala sagte immerhin, dass man sich in Richtung gemeinsamer Lösungen bewege.

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Mehr als die Hälfte der EU-Staaten fordert inzwischen einen Maximalpreis für Gas, Deutschland und etwa die Niederlande zeigen sich bislang aber skeptisch und verweisen auf mögliche Probleme bei der Versorgungssicherheit. Für den Gaspreisdeckel gibt es verschiedene Vorschläge, die von der Leyen zuletzt in einem Brief erläutert hatte, etwa den Preis für in der EU gehandeltes Gas im Großhandel zu begrenzen oder nur für jenes Gas, das zur Produktion von Strom genutzt wird. Auf dieser Basis will von der Leyen nun Konkreteres vorschlagen. Zudem solle bis nächsten Frühling ein System für gemeinsame Gaseinkäufe stehen, sagte sie.

"Mehr und mehr Stimmen am Tisch sind dafür, so schnell wie möglich einen Gaspreisdeckel einzuführen", sagte der polnische Premierminister Mateusz Morawiecki. Auch der italienische Ministerpräsident Mario Draghi, der seit Monaten auf einen Deckel dringt, zeigte sich nach dem Treffen heiter: "Im Bereich Energie bewegen die Dinge sich."

Draghi sprach sich zudem für ein neues europäisches Schuldeninstrument aus, um Wettbewerbsgleichheit zwischen den EU-Staaten zu schaffen. "Das ist notwendig, um zu versuchen, alle Länder, sowohl die mit Haushaltsspielraum als auch die ohne, auf die gleiche Ebene zu stellen." Von der Leyen sagte ebenfalls, dass zusätzliche Gelder für Investitionen in die Energiewende nötig seien. Wo das Geld herkommen könnte, sagte sie nicht. Die Deutsche betonte zudem, dass man sieben Monate nach Beginn des Ukraine-Kriegs viel besser auf den Winter vorbereitet sei. "Unsere Speicher sind zu 90 Prozent gefüllt." Das seien etwa 15 Prozent mehr als im Vorjahr.

Teure Energie: Gaspreiskommission soll Vorschläge präsentieren

Eine Expertenkommission soll an diesem Montag mit Spannung erwartete Vorschläge zur Ausgestaltung der Gaspreisbremse machen. Die drei Vorsitzenden und 21 Mitglieder aus Verbänden, Gewerkschaften, Wissenschaft und Bundestag tagten auch am Wochenende. Erwartet wurde eine Nachtsitzung. Am Montagmorgen (10.30 Uhr) will das Vorsitzenden-Trio aus BDI-Chef Siegfried Russwurm, dem Vorsitzenden der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), Michael Vassiliadis, sowie der "Wirtschaftsweisen" Veronika Grimm die Vorschläge präsentieren.

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert wies am Sonntagabend in der ARD auf die Komplexität der Aufgabe hin. "Es muss schnell gehen, aber es muss auch rechtssicher sein. Das, was rauskommt, muss dann auch sitzen." Die Leute hätten einen Anspruch darauf, dass die Maßnahmen über die nächsten beiden Winter hinweg funktionierten und rechtssicher seien. Wenn die Kommission ihre Ergebnisse präsentiert habe, "können wir auch in die Umsetzung gehen", sagte Kühnert. "Der Schuss kommt nächste Woche, und der wird sitzen." Die Bundesregierung werde sich "sofort und intensiv" mit den Vorschlägen beschäftigen, hatte ein Regierungssprecher am Freitag gesagt.

Die Gaspreisbremse soll ein zentrales Rettungsinstrument der Bundesregierung in der Energiekrise sein. Sie soll einerseits die hohen Gaspreise für Bürger und Betriebe erträglicher machen, andererseits aber Anreize zum weiterhin nötigen Energiesparen geben. Über eine Gaspreisbremse könnten mindestens für einen Teil des Verbrauchs die Preise so gedeckelt werden, dass private Haushalte und Firmen nicht überfordert sind. Insgesamt will die Ampelkoalition bis zu 200 Milliarden Euro einsetzen, um Verbraucher und Unternehmen wegen der steigenden Energiepreise zu stützen.

Für Montag angekündigt wurde ein "Zwischenbericht". Die Aufgaben der Kommission mit Vertretern aus Verbänden, Gewerkschaften, Wissenschaft und Bundestag - deren offizieller Name "ExpertInnen-Kommission Gas und Wärme" ist - reichen über die Gaspreisbremse hinaus. Die Mitglieder sollen auch das Ausmaß der Preisanstiege durch den Wegfall russischer Erdgaslieferungen bis zum Frühjahr 2024 bewerten. Neben nationalen Entlastungsmöglichkeiten sollen sie auch "Optionen zur Abfederung der Preisentwicklung auf europäischer Ebene unter Berücksichtigung der Preisbildung an den Weltmärkten" prüfen. Für den 17. und den 24. Oktober waren weitere Sitzungen geplant, die endgültigen Arbeitsergebnisse sollen bis Ende des Monats vorliegen.

Bei der Gaspreisbremse sind verschiedene Modelle denkbar, darunter eine Einmalzahlung. Die Kommissionsvorsitzende Grimm sagte der Funke-Mediengruppe dazu, dies würde stärker zum Gassparen motivieren als eine Senkung des Gaspreises um einen bestimmten Prozentsatz. Auch ein solcher Rabatt wäre aber vorstellbar, allerdings dürfte auch dieser das hohe Preisniveau nicht völlig ausgleichen. Immer wieder diskutiert wurde auch ein Grundverbrauch, für den eine staatlich subventionierte Preisobergrenze gelten würde. Für den Rest würde der Marktpreis greifen.

Als möglich galt, dass die Kommission erste Vorschläge an diesem Montag präsentiert und weitere folgen. "Für uns ist wichtig, dass die Vorschläge schnell wirken, denn viele Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen stehen schon unter enormem Druck", sagte die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast. "Dabei sollten wir im besten Fall die jeweilige soziale Situation der betroffenen Verbraucher schon jetzt berücksichtigen. Wenn nötig, kann dies aber auch in einem zweiten Schritt mit einem differenzierten Modell erfolgen."

Auch Kommissionsmitglied Karen Pittel, die Chefin des Ifo-Zentrums für Energie, Klima und Ressourcen, hielt ein Zwei-Stufen-Modell für wahrscheinlich. Die Kommission werde am Montag zunächst eine "Kurzfristlösung" zur schnellen Entlastung von Bürgern und Unternehmen vorschlagen, sagte Pittel vor dem Wochenende im ZDF. Bis Monatsende habe das Gremium dann noch Zeit, längerfristige Umsetzungswege auszuarbeiten. Pittel sagte, sie sei dafür, dabei einen "gewissen Grundkonsum" zu subventionieren.

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PRAG (dpa-AFX)

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