EZB-Ratsmitglied Villeroy de Galhau: EZB-Zinserhöhungen laufen spätestens im Sommer aus
Die Europäische Zentralbank (EZB) wird ihren Zinsanhebungszyklus nach Aussage von EZB-Ratsmitglied Francois Villeroy de Galhau spätestens im Sommer beenden.
In einer Konferenz der National Association of Business Economists (NABE) legte sich der Gouverneur der Banque de France allerdings nicht auf einen genaueren Termin fest. "Der Sommer ist in Europa eine lange und schöne Jahreszeit - sie reicht von Juni bis September" sagte er. In diesen Zeitraum fielen drei EZB-Ratssitzungen, und bei jeder dieser Sitzungen werde der Rat seine geldpolitischen Entscheidungen auf Basis des Ausblicks für die Gesamtinflation, unterliegender Inflation und der Stärke der geldpolitischen Transmission treffen.
Die Entscheidung der EZB, das Ausmaß der Zinsschritte von 50 auf 25 Basispunkte zu verringern, bezeichnete er als "weise und vorsichtig". Die EZB werde so in die Lage versetzt, die Wirkung ihrer bereits substanziellen Zinserhöhungen zu beobachten. Villeroy de Galhau bezeichnete es als beunruhigend, dass in nächster Zeit die Dienstleistungspreise die Inflationsdynamik bestimmen dürften. "Das müssen wir genau beobachten", sagte er.
Mit Blick auf die Übertragung der Geldpolitik äußerte das EZB-Ratsmitglied den Eindruck, dass die Zinserhöhungen ihre Wirkung eher langsam entfalteten. In der Literatur würden ein bis zwei Jahre erwähnt, und derzeit bewege man sich eher am oberen Rand dieser Spanne. Villeroy de Galhau zufolge befindet sich der EZB-Leitzins "klar" in restriktivem Territorium. Nun komme es weder auf die letztendliche Höhe des Leitzinses, sondern auf seine Dauer an.
Scholz lobt EZB für Inflationsbekämpfung
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Maßnahmen der Europäischen Zentralbank (EZB) zur Eindämmung der Inflation gelobt und zugleich ein Festhalten der Bundesregierung an der Schuldenbremse des Grundgesetzes betont. "Die Inflation ist ein Problem, und deshalb ist richtig, dass die Europäische Zentralbank - ohne dass wir uns da einmischen wollen - das macht, was sie macht, um die Inflation zu bekämpfen", sagte Scholz beim Wirtschaftstag des Wirtschaftsrates der CDU.Darum sei es auch richtig, dass die Staaten Europas nicht einfach "mit dem vielen zusätzlichen Geld weitermachen" könnten, das man zur Bekämpfung zweier unmittelbar nacheinander eintretender Krisen mobilisiert habe. "Deshalb gilt für uns die Regel des Grundgesetzes, wie der Staat sich verschulden kann oder eben nicht, und wir werden jetzt das auch weiter so machen, wie das auf Basis dieser Regel nur möglich ist, nämlich ohne massive Neuverschuldung", hob er hervor.
Scholz machte sich für ein "Derisking" in den internationalen Lieferketten stark, ein "Decoupling" im Sinne einer Abkopplung sei aber der falsche Weg. "Wir müssen den Stillstand der vergangenen Jahre und Jahrzehnte überwinden und die Probleme unserer Zeit anpacken. Das müssen wir tun, indem wir von der Globalisierung weiter profitieren, aber uns diversifizieren, sodass wir nicht abhängig sind von einzelnen Ländern und Regionen", betonte er. Gleichzeitig müsse Deutschland digital vorankommen und die Klimaneutralität erreichen - "als industrielles Projekt, als Innovationsprojekt und als ein Projekt, das darauf setzt, dass wir tatsächlich auch mit den industriellen Prozessen dazu kommen, dass alles billiger wird, was da notwendig ist".
Ausdrücklich sprach sich Scholz für niedrigere Strompreise durch einen Ausbau erneuerbarer Energien und gegen eine dauerhafte Subventionierung eines Industriestrompreises aus. "Die Energiewirtschaft kann kein Dauersubventionsfall für die Bundesrepublik Deutschland werden", machte der Kanzler klar. "Das kann in keinem Land gutgehen, und das würde auch bei uns nicht funktionieren." Ziel sei, ausreichend Stromproduktionskapazitäten zu haben, die "subventionsfrei billig" sein müssten. "Wir müssen dafür sorgen, dass wir billige Produktionsbedingungen haben für Strom, damit wir tatsächlich dann auch billige Strompreise in Deutschland haben für die Zukunft."
Auch gelte es unter anderem, dafür zu sorgen, dass die jetzt geplanten Investitionen in Halbleiter auch tatsächlich stattfänden. "Dass wir falsch abgebogen sind beim Ausbau der Halbleiterindustrie in Europa war ein Fehler, jetzt müssen wir wieder auf die richtige Straße zurück", betonte er. Das sei ein Teil der Zukunftsfähigkeit des Kontinents.
FRANKFURT / BERLIN (Dow Jones)
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