Vermögensverwalter-Kolumne

Sinkende Zinsen - wohin mit der Liquidität?

17.02.25 09:10 Uhr

Sinkende Zinsen - wohin mit der Liquidität? | finanzen.net

Noch vor wenigen Monaten sah es für Sparer gut aus. Die Zinsen waren so hoch wie seit Jahren nicht mehr. Zwar versuchten viele etablierte Geschäftsbanken, die neue Situation zu ignorieren, doch Direktbanken und Neobroker nutzten die Gelegenheit und gaben die höheren Zinsen an ihre Kunden weiter.

Häufig stand bei Tages- oder Festgeldangeboten eine "3" vor dem Komma. Dadurch ließ sich dank gesunkener Inflation zumindest wieder ein kleiner positiver Realzins für liquide Rücklagen erzielen. Doch seit 2024 sinken die Zinsen wieder und damit auch die Erträge auf vermeintlich sichere Tagesgeldanlagen. In diesem Umfeld gewinnen Geldmarktfonds wieder an Aufmerksamkeit. Sie versprechen eine marktnahe Verzinsung ohne den ständigen Wechsel zwischen verschiedenen Tagesgeldkonten.

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Der Geldmarktfonds ist eine flexible Alternative

Geldmarktfonds sind eine Form von Investmentfonds, die in kurzfristige, hochliquide Schuldtitel investieren. Ihr Hauptziel ist der Erhalt des Kapitals und die Gewährleistung von Liquidität, während gleichzeitig eine moderate Rendite erzielt werden soll. Die EU hat 2017 in einer Verordnung über Geldmarktfonds genau festgelegt, worin diese Fonds investieren dürfen. Dazu zählen vor allem sogenannte Geldmarktinstrumente wie Schatzanweisungen, Termingelder oder Einlagenzertifikate von Banken, Unternehmen oder Staaten. Geldmarktfonds streuen das Risiko durch Investitionen in verschiedene Instrumente und Emittenten. Sie gelten als relativ sicher, da sie in hochwertige Schuldtitel mit kurzer Laufzeit investieren. Dennoch gibt es keine absolute Sicherheitsgarantie. Marktschwankungen und Kreditrisiken der Emittenten können das Kapital beeinflussen.

Wie funktioniert der Geldmarkt?

Geldmarktfonds investieren direkt am sogenannten Geldmarkt. Dieser dient Banken, Unternehmen oder Staaten dazu, sich kurzfristig Geld zu beschaffen oder überschüssige Liquidität anzulegen. Dabei vergeben sich die Akteure gegenseitig Kredite mit sehr kurzen Laufzeiten. Die Zinsen dieser Kredite sind eng an den aktuellen Leitzins der Zentralbank gekoppelt. Mit diesen Zinsen erzielt ein Geldmarktfonds seine Rendite. Durch den Anstieg der Zinsen seit Sommer 2022 wurden Geldmarktfonds wieder attraktiver. Sie bieten in der Regel eine hohe Liquidität, da Anteile jederzeit an der Börse verkauft oder an die Fondsgesellschaft zurückgegeben werden können.

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Geldmarktfonds vs. Tagesgeld - was ist sicherer?

Geldmarktfonds bieten oft eine höhere Flexibilität und potenziell bessere Renditen, tragen aber ein leicht höheres Risiko. Im Vergleich zum beliebten Tagesgeld machen sie weniger Arbeit, da sie den aktuell gültigen Geldmarktzins jederzeit gut abbilden - ein Zinshopping entfällt. Während Tagesgeld nur bis 100.000 Euro durch die Einlagensicherung abgesichert ist, gilt ein Geldmarktfonds als Sondervermögen. Das bedeutet, dass das investierte Kapital auch im Falle einer Insolvenz der Fondsgesellschaft geschützt ist. Entscheidend für die Sicherheit eines Fonds ist jedoch seine Zusammensetzung. Während der Finanzkrise 2008 gerieten einige Geldmarktfonds in Schwierigkeiten, da sie in Schuldverschreibungen von Lehman Brothers investiert hatten. Als Lehman Brothers Insolvenz anmeldete, führte dies zu erheblichen Verlusten in diesen Fonds. Als Reaktion darauf wurden die regulatorischen Anforderungen verschärft, um die Stabilität von Geldmarktfonds zu erhöhen und ähnliche Szenarien in der Zukunft zu verhindern.

Die Kostenquote ist niedrig

Anleger müssen berücksichtigen, dass für eine Anlage in Geldmarktfonds Verwaltungsgebühren anfallen. Allerdings sind diese oft gering: Viele Geldmarktfonds mit aktiver Portfoliosteuerung haben eine Kostenquote von unter 0,2 Prozent pro Jahr. Im Gegenzug erhalten Anleger eine marktnahe Verzinsung ohne den Aufwand, ständig auf bessere Konditionen wechseln zu müssen. Gute Geldmarktfonds erzielen aktuell Renditen von rund drei Prozent pro Jahr - Werte, die bei Tagesgeldangeboten nur noch schwer zu finden sind.

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Geldmarktfonds als kurzfristige Lösung

Obwohl Geldmarktfonds in Zeiten hoher Zinsen besonders attraktiv sind, können sie auch in einem Umfeld sinkender Zinsen ihre Berechtigung haben. Sie bieten weiterhin eine hohe Liquidität, marktnahe Renditen und eine breitere Risikostreuung als ein einzelnes Bankguthaben, da sie in verschiedene Emittenten und Anlageklassen investieren. Dies reduziert das Risiko eines Totalausfalls und sorgt für eine stabilere Wertentwicklung, insbesondere in turbulenten Marktphasen. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob sie sich dauerhaft als fester Bestandteil in Anlagestrategien etablieren oder, ähnlich wie in der Niedrigzinsphase vor 2022, wieder in den Hintergrund treten. Anleger sollten sich auch immer bewusst sein, dass ein Geldmarktfonds keine langfristige Geldanlage ist. Am Geldmarkt erwirtschaftet Kapital in der Regel nur geringe Erträge, da es primär für kurzfristige Liquiditätsbedarfe genutzt wird. Die Inflation bleibt langfristig eine Herausforderung. Wie das Tagesgeld fällt auch der Geldmarktfonds in die Kategorie Schadensbegrenzung. Gerade in Zeiten unsicherer Zinsentwicklungen können Geldmarktfonds eine sinnvolle Lösung sein, um Liquidität kurzfristig rentabel zu parken. Sie bieten schnelle Verfügbarkeit ohne größere Marktrisiken. Langfristig ist damit jedoch kein Vermögensaufbau möglich. Dafür sind Aktien oder Anleihen dann doch besser geeignet.

Von Markus Richert, CFP® und Seniorberater Vermögensverwaltung bei der Portfolio Concept Vermögensmanagement GmbH in Köln