Zinsen: Von Panik keine Spur
Für den erneuten Markteinbruch werden wieder die Zinssorgen herbeizitiert. Das passt aber nicht so richtig und lenkt von einer anderen Baustelle ab.
Eine Kolumne von Holger Steffen. Der Anlageexperte ist Berater für den Value-Stars-Deutschland-Index, der seit Auflage im Dezember 2013 bis Ende des Jahres 2017 einen Kurszuwachs von 107% verzeichnet hat.
Wochenlang wurde nur über steigende Zinsen berichtet, das muss Anleihenbesitzern eigentlich den Angstschweiß auf die Stirn treiben. Denn wenn das Marktzinsniveau kräftig anzieht, spiegelt sich das insbesondere bei langfristigen Papieren in hohen Kursverlusten wider. Panik ist aber trotz der hohen Bewertung, die mit den Minizinsen einhergeht, nicht ausgebrochen. Der Anleihenmarkt gilt als hochprofessionell und hat möglicherweise ein ganz anderes Szenario im Blick.
Hohe Kursverluste sind möglich
Während der Zinsrally hat sich die Umlaufrendite zwischenzeitlich bis auf 0,55 % erhöht, inzwischen ist sie schon wieder auf 0,42 % gefallen. Ähnlich sieht die Bewegung bei 10-jährigen deutschen Staatsanleihen aus, die ein ein Maximum von rund 0,8 % erreichten und nun wieder bei 0,63 % notieren. Niedrige Zinsen korrespondieren mit einer hohen Bewertung der Rentenpapiere, was im Fall länger steigender Marktzinsen für hohe Kursverluste sorgt. Denn Anleihen haben einen festen Kupon, die Anpassung der effektiven Rendite an ein höheres Marktniveau erfolgt über niedrigere Kurse. Dies lässt sich gut am Beispiel der 10-jährigen deutschen Staatsanleihen veranschaulichen: Steigt das Zinsniveau um 1 Prozentpunkt, geht das mit Verlusten von ca. 8 % einher, 200 Basispunkte bedeuten ein Minus von 15 %.
Konjunktur fest im Blick
Trotzdem hat die Zinsentwicklung nicht dazu geführt, dass Panik unter Anleihenbesitzern ausgebrochen wäre. Auch in den USA, in der der Anstieg noch stärker war, blieb es ruhig. Die Rendite von 10-jährigen US-Staatsanleihen ist zwar zuletzt nicht so stark zurückgekommen wie in Deutschland, hat sich aber im gesamten Februar letztlich seitwärts bewegt und deutet mit einer Schulter-Kopf-Schulter-Formation im Chart sogar eine obere Trendwende an. Das könnte darauf hinweisen, dass am Anleihenmarkt die Wachstumsperspektiven, die zuletzt das beste Argument für höhere Zinsen geliefert hatten, doch nicht so rosig gesehen werden. Möglicherweise werden die konjunkturellen Schwächesignale aus Europa und Asien stärker beachtet.
Weitere Zinserhöhungen
Der neue Fed-Chef Jerome Powell hat in seiner ersten Rede vor dem Bankenausschuss ein optimistisches Bild der US-Wirtschaft gezeichnet und den Kurs gradueller Leitzinsanhebungen bekräftigt. Weiterhin sind damit im laufenden Jahr drei oder vier Schritte um 25 Basispunkte möglich, was am Aktienmarkt nicht gut angekommen ist. Das könnte allerdings auch damit zusammenhängen, dass sich die Wachstumsperspektiven in Europa und Asien etwas eingetrübt haben. Der Fokus am Markt könnte sich in den nächsten Wochen daher stärker in Richtung eines möglichen Konjunkturabschwungs verlagern. Der DAX scheint das vorweg zu nehmen und hat die Kursgewinne der Erholungsphase seit dem markanten Zwischentief Anfang Februar fast vollständig abgegeben, während sich der auf Nebenwerte spezialisierte Value-Stars-Deutschland-Index etwas besser gehalten hat und noch 3,4 % über dem Februartief liegt (Stand 02.03., 8:15 Uhr).
Der Autor dieser Kolumne, Holger Steffen, ist Berater für den Value-Stars-Deutschland-Index
Hinweis zu möglichen Interessenkonflikten (§34b WpHG):
Der Autor hält über eine Gesellschaft Geschäftsanteile an der Anlegerbrief Research GmbH, die ein entgeltliches Beratungsmandat für den Value-Stars-Deutschland-Index hat. Darüber hinaus können hinsichtlich der in dieser Finanzanalyse genannten Aktien grundsätzlich folgende Interessenkonflikte vorliegen (zutreffendes gefettet):
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