Streitpunkt Zinsen

Kann der US-Präsident eigentlich den Fed-Chef feuern?

30.11.18 23:59 Uhr

Kann der US-Präsident eigentlich den Fed-Chef feuern? | finanzen.net

US-Präsident Donald Trump hat Jerome Powell für das Amt des Fed-Vorsitzenden vorgeschlagen. Doch dies hat er zwischenzeitlich öffentlichkeitswirksam bereut. Droht Jerome Powell die Entlassung, wenn er nicht auf einer Linie mit dem US-Präsidenten agiert?

Donald Trump hat in seiner knapp 2-jährigen Amtszeit schon viele Mitarbeiter kommen und gehen sehen. Tatsächlich hat der US-Präsident eine Entlassungshistorie, wie kaum ein anderer Präsident vor ihm. Sicherheitsberater Michael Flynn, FBI-Chef James Comey, Pressesprecher Sean Spicer, aber auch Chefstratege Steve Bannon, Außenminister Rex Tillerson und Justizminister Jeff Sessions sind nur einige der prominenten Abgänge.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob auch der Chef der US-Notenbank Federal Reserve, Jerome Powell, auf einem Schleudersitz sitzt. Schließlich hat sich Donald Trump mehr als einmal unzufrieden mit dem Job gezeigt, den Powell an der Fed-Spitze macht.

Dissonanz bei Zinspolitik

Dabei war Powell der von Trump bevorzugte Kandidat, nachdem er der von seinem Vorgänger Barack Obama ernannten Fed-Chefin Janet Yellen die Unterstützung versagt und stattdessen Powell als ihren Nachfolger nominiert hatte. "Bislang macht mich meine Wahl von Jay noch nicht einmal ein kleines bisschen glücklich", erklärte Trump kürzlich gegenüber der "Washington Post".

Denn insbesondere in Sachen Zinspolitik haben Donald Trump und Jerome Powell unterschiedliche Erwartungen. Die Geldpolitik der US-Notenbank sei "lächerlich", die unter Powell durchgeführte geldpolitische Straffung bezeichnete Trump als "verrückt". Nach zehn Jahren Niedrigzinsen hatte die US-Notenbank unter Janet Yellen begonnen, ihre Geldpolitik wieder zu normalisieren. Powell knüpfte an diese Politik an - allein in diesem Jahr hat die Fed die Leitzinsen bereits drei Mal angehoben, weitere Schritte behalten sich die Währungshüter vor.

Für Donald Trump ist diese Zinspolitik unterdessen nicht nachvollziehbar. Er wirft den Währungshütern vor, für die Kursverluste am Aktienmarkt mit verantwortlich zu sein, zudem rechnet er damit, dass die Fed mit ihren Zinsschritten die Wirtschaft abwürgen könnte.

Kann Trump den Fed-Chef entlassen?

Tatsächlich hat Donald Trump aber wenig Handhabe gegen die Zinspolitik der US-Notenbank. Zwar kann er seinen Unmut öffentlich kundtun, nach dem Vorschlag eines Kandidaten für die Spitze der Fed hat der US-Präsident aber keinerlei Einflussnahmemöglichkeiten mehr. Als unabhängiges Gremium ist die US-Notenbank nicht an Weisungen des US-Präsidenten gebunden.

Denn laut US-Gesetzen können Vertreter der US-Notenbank nur dann aus ihrem Amt entfernt werden, wenn ein "wichtiger" Grund vorliegt. Ob eine Dissonanz mit den politischen Wünschen des US-Präsidenten dafür ausreicht, ist mehr als fraglich. Stattdessen müsste Powell ein Gesetzesverstoß nachgewiesen werden, um ihn aus dem Amt entfernen zu können.

Knickt Powell trotzdem ein?

In der Vergangenheit hatte sich Jerome Powell stets unbeeindruckt von den Verbalattacken Donald Trumps gezeigt. Offenbar ist er sich seiner sicheren Position ebenso bewusst, wie der Tatsache, dass die Fed einen Status als unabhängige Institution besitzt.

Umso überraschender zeigten sich Marktbeobachter von Aussagen des Fed-Chefs zur Wochenmitte. Powell hatte das aktuelle Zinsniveau in den USA als "knapp unter neutral" bezeichnet und damit Spekulationen Auftrieb gegeben, die Fed könnte weniger Zinserhöhungen als bislang kommuniziert vornehmen. Die Märkte reagierten mit einem Freudensprung und legten infolge der Aussagen kräftig zu.

An den Märkten wurden sofort Stimmen laut, Powell habe sich den Wünschen von Donald Trump gebeugt und seinen straffen geldpolitischen Kurs aus diesem Grund entschärft. Powell hatte den in Aussicht gestellten Kurswechsel mit den Worten begründet: "Wir wissen, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen unserer Zinserhöhungen unsicher sind. Es kann bis zu einem Jahr oder mehr dauern, bis die Wirkungen sichtbar werden". Konkret: Wie die Zinspolitik wirkt, wird erst die Zeit zeigen.

In der Vergangenheit hatte Powell stets die Unabhängigkeit der Fed betont und sich gegen politische Einflussnahme gewehrt. Ob die jüngsten Aussagen darauf schließen lassen, dass der Fed-Chef nun doch vor dem US-Präsidenten eingeknickt ist, dürfte die Kommunikation der nächsten Tage zeigen.

Redaktion finanzen.net

Bildquellen: Matt McClain/The Washington Post via Getty Images, Win McNamee/Getty Images