Bank of England verknüpft Leitzins mit Schwellenwert für Arbeitslosenquote
Die Bank of England hat wie die US-Notenbank ihre Zinspolitik an die Arbeitslosenquote geknüpft.
Man wolle den Leitzins erst anheben, wenn diese unter die Schwelle von sieben Prozent gefallen sei, teilte die Notenbank am Mittwoch in London mit. Damit stehen die Zeichen in Großbritannien noch lange auf Niedrigzins: Die Währungshüter erwarten, dass dies mindestens bis zum dritten Quartal 2016 über dieser Marke bleiben wird.
Der Schwellenwert von sieben Prozent sei jedoch keine automatischer Auslöser für eine Zinserhöhung, schreibt die BoE. Es sei lediglich ein Punkt, an dem sie ihre geldpolitische Haltung überdenken werde. Derzeit liegt der Leitzins auf dem Rekordtiefstand von 0,5 Prozent und die Arbeitslosenquote laut ILO-Methode bei 7,8 Prozent.
Man wolle mit dieser sogenannten "Guidance" für mehr Klarheit an den Märkten sorgen, sagte der neue Zentralbankgouverneur Mark Carney auf einer Pressekonferenz. Die lockere Geldpolitik solle damit noch effektiver werden und die wirtschaftliche Erholung stützen. Die Orientierung an der Arbeitslosigkeit begründete Carney damit, dass es der wichtigste Indikator für die Wirtschaftsentwicklung sei.
SIGNALE FÜR WIRTSCHAFTLICHE ERHOLUNG
Zuletzt gab es vermehrt Signale für eine wirtschaftliche Erholung in Großbritannien. So war die Wirtschaft im zweiten Quartal um 0,6 Prozent gewachsen. Der viel beachtete Einkaufsmanagerindex für die Industrie war auf den höchsten Stand seit zwei Quartalen gestiegen.
Angesichts der verbesserten Wirtschaftslage, wolle man einen verfrühten Anstieg der kurzfristigen Zinsen verhindern, sagte Carney. Zusätzliche Stimulierungen der Wirtschaft seien "heute" jedoch kein Thema". Die Notenbank sei allerdings bereit, falls notwendig weitere Anleihekäufe zu tätigen. Die BoE hatte Staatsanleihen im Wert von 375 Milliarden Pfund zur Stützung der Konjunktur erworben.
AUSNAHMEN FÜR GUIDANCE
Die Notenbank hat jedoch auch drei Ausnahmen für ihr Versprechen langfristig niedriger Zinsen formuliert. Es werde nur gelten, falls auch die Inflationserwartungen am Markt in die Höhe schießen. Zudem könnte der Leitzins angehoben werden, wenn die Inflationsrate auf Sicht von 18 bis 24 Monaten über den Zielwert von zwei Prozent steigt. Auch bei einer Gefahr für die Finanzmarktstabilität könne die "Guidance" ausgesetzt werden. Falls einer der drei Gründe eintreten sollte, führe dies aber nicht zu einer automatischen Reaktion, sagte Carney. Die Bank of England stellte am Mittwoch erstmals unter der Führung des neuen Zentralbankgouverneurs ihren Inflationsbericht vor. Der Kanadier Carney, der seit dem 1. Juli im Amt ist, hatte bereits vor seiner Amtsübernahme durchblicken lassen, dass er eine längerfristige Steuerung der Markterwartungen für vorstellbar hält.
Trotz des Niedrigzinsversprechens legte das Britische Pfund (EUR/GBP) zu anderen wichtigen Währungen deutlich zu. So fiel der Euro bis auf 0,8606 Pfund, nachdem er zuvor noch bei 0,8731 Pfund notiert hatte. Die Renditen für britische Anleihen legten zu. Der britische Aktienmarkt (FTSE 100) geriet nach den Aussagen unter Druck und fiel auf ein Tagestief. Die Aussagen der Bank of England seien konkreter und spezifischer gewesen als man vorher erwartet habe, sagten Händler. Vor allem die Ausnahmen für die "Guidance" hätten die Stimmung an den Märkten gedrückt. LONDON (dpa-AFX)