Inflation bleibt das Thema
Das Erdbeben und die Tsunami-Katastrophe in Japan haben die Zins- und Aktienmärkte nur kurz beeinflusst.
Für wenige Tage haben die Anleger darüber nachgedacht, ob diese verheerende Naturkatastrophe die Weltkonjunktur abkühlen wird. Kurzfristig weniger Konsum aus Japan und gelegentliche Unterbrechungen von Zulieferketten sind zwar zu erwarten und haben in einer ersten kurzen Reaktion Aktienkurse fallen lassen. Auch deutsche Staatsanleihen haben als Hort der Sicherheit einige Tage profitiert. Doch inzwischen sind an den Finanzmärkten die alten Themen wieder in den Vordergrund getreten. Diese sind Wachstumsdynamik in den BRIC-Ländern, die Verschuldungskrise einzelner Eurostaaten und der Niedergang der amerikanischen Wirtschaftsmacht. Alle drei Themen sind miteinander verknüpft und alle drei leisten ihren Beitrag zu einer berechtigten Sorge vor zukünftig höheren Inflationsraten weltweit. Auch den Notenbanken, die als Wächter über die Geldwertstabilität eine besondere Verantwortung tragen, wird diese Sorge immer stärker bewusst und damit aber auch das Dilemma, in dem sie inzwischen stecken und das täglich größer wird.
Enormes Wachstum der BRIC-Länder treibt Inflation
Die BRIC-Länder, vor allem China, Indien und Brasilien, wachsen unaufhaltsam mit enormen Tempo und das nicht mehr nur über Exporte in die sogenannte "Alte Welt", sondern immer mehr durch inländische Investitionen und Konsum sowie durch ihren Handel mit anderen Schwellenländern. Die dabei entstandene Nachfrage nach Rohstoffen und Energieträgern treibt die Preise am Weltmarkt und setzt damit auch die Konsumenten in der Alten Welt unter Druck. Die enorme Nachfrage nach Nahrungsmitteln in den Schwellenländern treibt aber auch dort die Inflationsraten, da die Warenkörbe in diesen Ländern viel stärker als bei uns von Grundnahrungsmitteln dominiert werden. Ein Trend, der auch die nächsten Jahre anhalten wird. Die Zeit, als billige Importe aus den Schwellenländern disinflationär auf die Alte Welt gewirkt haben, ist vorbei. Diese Staaten sind inzwischen selbst eine Quelle der Inflation geworden.
Schuldenkrise einzelner EU-Staaten und der USA
Nun zur europäischen Schuldenkrise: Die vergangenen Wochen haben zwar zu einer Entspannung in Spanien geführt, da offensichtlich viele Marktteilnehmer vorerst einmal der spanischen Regierung und den eingeleiteten Konsolidierungsmaßnahmen eine Galgenfrist gesetzt haben. Dafür hat sich jedoch die Situation in Portugal zugespitzt. Die Risikoaufschläge für portugiesische Staatsanleihen sind historisch hoch und der Rücktritt von Regierungschef Socrates inmitten der EU-Gipfel-Verhandlungen zeigt die Anspannung im Land. Damit wird immer klarer, dass nach Griechenland und Irland der dritte Staat zum Sanierungsfall wird, der nur mit Hilfe der anderen Euroländer gelöst werden kann. Die Erhöhung des Euro-Rettungspaketes zeigt auch schon ganz klar die Richtung. Es wird entgegen früherer Beteuerungen der deutschen Regierung zu massiven Transferzahlungen kommen. Und die Aussicht auf diese Zahlungen hat auch in den vergangenen Wochen die Zinsen für deutsche Staatsanleihen und damit auch für Baufinanzierungen in Deutschland weiter steigen lassen. Die Befürchtung der Investoren ist, dass die Eurozone zu einem Fass ohne Boden wird und die wenigen verbleibenden starken Länder die Rechnung bezahlen werden. Eine Verwässerung der deutschen, holländischen oder österreichischen Bonität ist daher vorgezeichnet. Da die deutsche Wirtschaft derzeit prächtig wächst, sind höhere Leitzinsen für Deutschland längst überfällig. Die Europäische Zentralbank (EZB) zögert jedoch, weil sich die meisten anderen Euro-Länder noch in Rezession oder zumindest schwachem Wachstum befinden. Damit bekommt aber der deutsche Sparer, bei aktuell steigenden Preisen, auf sein Sparkonto weiterhin Minizinsen. Diese fehlende Realverzinsung wirkt wie eine versteckte Steuer. Der verschuldete Staat finanziert sich billig und das Vermögen des ordentlichen Sparers verliert an Kaufkraft. In diesem Sinne ist die EZB mit ihrer Tiefzinspolitik schon heute ein Handlanger der Politik. Bewegen die Sparer dann ihr Geld noch dazu in längere Laufzeiten, um wenigstens etwas Zinsrendite zu bekommen, werden sie von kräftigen Kursverlusten bei Anleihen überrascht, so wie in den vergangenen sechs Monaten geschehen. Die langlaufenden Zinsen werden nämlich nicht von der Notenbank festgelegt, sondern bilden sich nach Angebot und Nachfrage am Staatsanleihemarkt. Steigende Verschuldung der Staaten bedeutet mehr Angebot - Vertrauensverlust der Anleger in die nachhaltige Fähigkeit der Schuldenrückzahlung bedeutet geringere Nachfrage bzw. höhere Risikoprämien, die verlangt werden. Ein Teufelskreis.
Genau in diesem Teufelskreis befinden sich auch die USA, die durch ihre Marktgröße immer noch das bestimmende Element für die Tendenz an den Kapitalmärkten sind. Ein schier unbeherrschbares Staatsdefizit, das bei Berücksichtigung der Kosten für das Sozial- und Gesundheitssystem heute schon das Defizit der bankrotten Griechen übersteigt. Ein kaputter Immobilienmarkt, dessen Erholung noch weitere zehn Jahre dauern wird - wenn man als Beispiele die Entwicklung in Japans in den 90er Jahren und in Deutschland nach dem Zusammenbruch des Ostimmobilienmarktes nimmt. Eine viel zu stark vom kreditfinanzierten privaten Konsum abhängige Volkswirtschaft, die mit dem Einbruch des Immobilienmarktes den Goldesel verloren hat, der die Dukaten ausspuckt. Die Hoffnung der amerikanischen Regierung, aus dem Schuldendilemma einfach "herauszuwachsen" (übrigens ein Konzept, dem die meisten europäischen Politiker inklusive Frau Merkel auch noch immer vertrauen), wird sich als Trugschluss erweisen. Es ist daher nicht überraschend, dass die US-Notenbank schon seit zwei Jahren der größte Käufer der Anleihen des eigenen Landes ist. Weil sonst niemand mehr vertraut und kauft. Sie drucken Geld. Ein Rezept, das in der Geschichte nie gut ausgegangen ist, sobald genug Leute das Spiel durchschaut und die Dollarnoten von dieser Notenbank nicht mehr als werthaltig erachtet haben. Bill Gross, der Gründer von PIMCO, der weltgrößten Investmentgesellschaft für Anleihen, bezeichnet dieses Vorgehen als das größte Schneeballsystem der Geschichte. Ein staatliches Schneeballsystem wohlgemerkt. Die Wahrheit ist einfach: Die Amerikaner haben in den beiden letzten Generationen bereits das Geld der derzeitigen und der nächsten verkonsumiert und massiv über ihre Verhältnisse gelebt - Konsumentenkredite, Autokredite, Hypotheken und Kreditkarten sei Dank. Jetzt heißt es, entweder den Gürtel enger schnallen oder die konservativen Zeitgenossen, die gespart haben, durch negative Realzinsen und hohe Inflation um ihr Geld bringen und damit den Staat entschulden. Oder wie das derzeit für Griechenland läuft: Die sparsamen Onkel und Tanten im Norden bezahlen lassen.
Baugeldzinsen zeigen nach oben
In der Schlussfolgerung heißt das, dass wir weiter mit steigenden Zinsen rechnen. Sowohl die Vorgaben aus den USA als auch die steigenden Inflationserwartungen in Deutschland selbst werden die langfristigen Zinsen weiter nach oben treiben. Für Finanzierungskunden empfehlen wir daher rasches Handeln und die Fixierung ihrer Konditionen auf möglichst lange Laufzeiten.
Tendenz
kurzfristig: aufwärts
mittelfristig: aufwärts
Der Interhyp-Zinskommentar vom 1. April 2011 von Robert Haselsteiner - Gründer und Zinsexperte der Interhyp AG
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