US-Notenbank Fed senkt Leitzins zum ersten Mal seit über 10 Jahren
Die amerikanische Notenbank Fed vollführt eine geldpolitische Vollbremsung - und dämpft zugleich Erwartungen auf weitere Zinssenkungen.
So reduzierte die Fed am Mittwoch erstmals seit der großen Finanzkrise 2008 ihre Leitzinsen. Darüber hinaus beendet sie die Rückführung ihrer billionenschweren Bilanz zwei Monate früher als eigentlich geplant. Zugleich jedoch trat Notenbankchef Jerome Powell Erwartungen entgegen, wonach die Fed ihre Leitzinsen deutlich reduzieren könnte.
Zunächst aber senkte die Fed ihre Leitzinsspanne um 0,25 Prozentpunkte auf 2,0 bis 2,25 Prozent. Analysten hatten einen Schritt in diesem Ausmaß erwartet. Darüber hinaus kündigte die Notenbank überraschend an, ihre Bilanzreduzierung schon ab Anfang August zu beenden. Dieser Stopp war eigentlich erst für Oktober geplant. Die Reduzierung war notwendig geworden, weil die Fed nach der Finanzkrise Staatsanleihen und Hypothekenpapiere im Wert von mehreren Billionen Dollar erworben hatte. Der Abbau dieser Vermögenswerte wurde parallel zum seit längerem vollführten Zinsanhebungskurs vorgenommen.
Die Notenbank begründete ihre jetzige geldpolitische Lockerung mit "globalen Entwicklungen" und der verhaltenen Inflation. Zugleich ließ die Notenbank die Tür für weitere Zinssenkungen grundsätzlich offen. Allerdings dämpfte Notenbankchef Powell allzu große Erwartungen: Die jüngste Zinssenkung sei als Absicherung gegen wirtschaftliche Risiken zu verstehen, nicht als Beginn einer langen Abfolge von Zinssenkungen. Powell bezeichnete die erste Zinssenkung in den USA seit gut zehn Jahren als eine "Anpassung in der Mitte des Zyklus".
Auf Nachfrage stellte Powell klar, dass er sich nicht grundsätzlich gegen weitere Zinssenkungen ausgesprochen habe. "Lassen Sie mich klarstellen: Ich habe gesagt, es ist nicht der Beginn einer langen Reihe von Zinssenkungen. Ich habe nicht gesagt, dass es sich nur um eine Zinssenkung handelt." Die nächste Zinssitzung der Fed findet im September statt.
Bankvolkswirte sprachen überwiegend von einer "falkenhaften" Zinssenkung, was im Grunde ein Widerspruch in sich ist. Denn geldpolitische Falken treten normalerweise für höhere und nicht für niedrigere Zinsen ein. "Jerome Powells Aussage, wonach kein Zinssenkungszyklus anstehe, machte Hoffnungen auf einen stärkeren geldpolitischen Impuls zunichte", erklärte Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank. Die Volkswirte der Schweizer Großbank UBS gingen sogar so weit, von der möglicherweise letzten Zinssenkung für eine lange Zeit zu sprechen. Allerdings könnte die Fed ihre Geldpolitik auch durchaus weiter lockern, hieß es relativierend.
Die Entscheidung der Fed fiel nicht einstimmig. Zwei Notenbanker in dem geldpolitischen Ausschuss FOMC stimmten gegen die Zinssenkung. Die regionalen Zentralbanker Esther George und Eric Rosengren wollten den Leitzins lieber unverändert lassen. George und Rosengren gelten beide als Befürworter eher hoher Leitzinsen. Insofern kommt ihr Widerspruch nicht ganz überraschend.
Powell nannte vor der Presse drei Gründe, warum die Fed ihren Leitzins reduzierte. Zunächst sei der Schritt eine Versicherung gegen wirtschaftliche Risiken. Darüber hinaus unterstütze die Zinssenkung die wirtschaftliche Entwicklung in den USA. Drittens helfe der Schritt, die verhaltene Inflation anzuheben. "Wir denken, der Schritt wird diesen Zielen dienen", sagte Powell.
Konkret nannte Powell Risiken im Handel als Grund für die Zinssenkung. Damit dürfte er auch auf den Handelsstreit zwischen den USA und China angespielt haben. Zudem verwies der Fed-Chef auf andere Notenbanken, die ihre Geldpolitik ebenfalls gelockert haben oder darüber nachdenken. Zuletzt hatten die Europäische Zentralbank (EZB) und - in schwächerem Ausmaß - die japanische Notenbank ihre Bereitschaft signalisiert, sich gegen wirtschaftliche Risiken zu stemmen.
Der Leitzins, die sogenannte Federal Funds Rate, ist der Zinssatz, zu dem sich Geschäftsbanken über Nacht Geld leihen. Eine Senkung des Zinssatzes verbilligt Kredite, weswegen Firmen leichter investieren können und viele Bürger weniger für Schuldendienst ausgeben müssen und damit mehr Einkommen zur Verfügung haben.
Mit der Zinssenkung kam die unabhängige Notenbank auch ihrem prominentesten Kritiker - Präsident Donald Trump - entgegen. Er äußert seit Monaten öffentlich harsche Kritik am Kurs der Notenbank und fordert niedrigere Zinsen. Trump hatte die Fed etwa als "völlig ahnungslos" oder auch als "hartnäckigstes Problem" der US-Wirtschaft bezeichnet. Noch am Dienstag hatte er die Notenbank angesichts der erwarteten leichten Senkung des Leitzinses zu einem größeren Einschnitt aufgefordert.
Die US-Arbeitslosenquote lag im Juni bei nur 3,7 Prozent. Das Wachstum der Wirtschaft ist noch robust, verlangsamt sich aber. Die Inflation indes liegt unter dem Ziel der Notenbank von zwei Prozent. Einige Analysten hatten daher argumentiert, es brauche eine größere Zinssenkung um 0,5 Prozent, um Inflation und Wirtschaft anzuheizen.
Der US-Dollar profitierte von der Entscheidung, der Euro sank im Gegenzug auf ein Tagestief von 1,1065 Dollar. Vor der Entscheidung hatte der Euro noch bei 1,1140 Dollar notiert. Der US-Aktienmarkt sackte ab, er konnte jedoch zuletzt einen Teil seiner Verluste wettmachen. Die kurzlaufenden US-Anleihen gaben nach, während längerlaufende Papiere stiegen.
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WASHINGTON (dpa-AFX)
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