Türkische Notenbank senkt Leitzins trotz hoher Inflation erneut - türkische Lira auf Rekordtief
Trotz einer sehr hohen Inflationsrate hat die türkische Notenbank ihren Leitzins erneut gesenkt.
Sie stellte aber zugleich ein Ende der Zinssenkungspolitik in Aussicht. Der Leitzins werde um 1,0 Prozentpunkte auf 15,0 Prozent reduziert, teilte die Notenbank am Donnerstag in Ankara mit. Volkswirte hatten im Schnitt mit dieser Entscheidung gerechnet.
Allerdings werde die Notenbank ein Ende der Zinssenkungen im Dezember prüfen, heißt es in der Mitteilung zur Zinsentscheidung. Schließlich halte der globale Inflationsdruck länger als erwartet an.
Nach der Zinssenkung liegt der Leitzins noch deutlicher unter der Inflationsrate. Diese hatte im Oktober bei 19,89 Prozent gelegen. Im Sommer hatte der Leitzins noch bei 19 Prozent gelegen. Die Notenbank hat seitdem in drei Schritten den Zins auf das neue Niveau reduziert.
Die Notenbank gibt offenbar dem Druck von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan nach, der immer wieder Zinssenkungen fordert. Erdogan ist ein erklärter Gegner hoher Zinsen und entgegen der gängigen Lehre der Meinung, dass hohe Zinsen Inflation verursachen, statt sie zu bekämpfen.
"Wir werden die Zins-Plage von den Schultern unseres Volkes nehmen", hatte Erdogan am Vortag gesagt. "Solange ich in diesem Amt bin, werde ich meinen Kampf gegen die Zinsen bis zuletzt weiterführen." Kritiker werteten das als Versuch, weiter Druck auf die Notenbank auszuüben, auch wenn Erdogan betonte, dass diese unabhängig sei.
Erdogan hatte zuletzt gleich drei Notenbanker entlassen, mit deren Geldpolitik er nicht einverstanden war. Der aktuelle Notenbankchef Sahap Kavcioglu ist seit März im Amt, nachdem Vorgänger Naci Agbal wegen Zinserhöhungen entlassen wurde. Kavcioglu ist mittlerweile der vierte Notenbankchef seit 2019. Alle seine Vorgänger waren letztlich in Ungnade gefallen, weil sie den von Erdogan präferierten Kurs einer lockeren Geldpolitik nicht mitgetragen haben.
Ökonomen warnen vor den Folgen der Zinssenkungspolitik. Sie dürfte die Inflation weiter anheizen und den Immobilienboom befeuern. Die türkische Lira stand zuletzt stark unter Druck, was die Inflation über steigende Einfuhrpreise verstärken sollte. Nach der Zinsentscheidung fiel die türkische Lira zu Euro und Dollar abermals auf Rekordtiefstände.
ANKARA (dpa-AFX)
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