Bundesregierung bezweifelt offenbar Rechtmäßigkeit von Strafzinsen
Die Bundesregierung bezweifelt laut einem Medienbericht offenbar die Rechtmäßigkeit sogenannter Strafzinsen, die viele Banken für mindestens sechsstellige Einlagen erheben.
Nicht in jedem Falle sei deren Erhebung möglich.
Die Passauer Neue Presse berichtete am Samstag, eine von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) veranlasste Prüfung habe laut Finanzministerium ergeben, dass es für Banken "schon auf Basis der geltenden Rechtslage mit hohen rechtlichen Risiken behaftet ist, innerhalb bestehender Verträge die Aufwendungen für Negativzinsen einseitig an ihre Kunden weiterzugeben".
Laut Zeitung beobachtet das Finanzministerium die Entwicklung und schließt in Zweifelsfällen ein Eingreifen nicht aus. Jedenfalls verfüge die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (Bafin) "im Rahmen ihres Mandats zur Sicherung des kollektiven Verbraucherschutzes über ausreichende aufsichtsrechtliche Instrumente, mit denen etwaige systematische Verstöße gegen diese Rechtslage unterbunden werden können", zitiert die Zeitung das Finanzministerium. Eine Sprecherin des Finanzministeriums bestätigte die Prüfung, wollte sich darüber hinaus aber nicht äußern.
Derzeit verlangen viele Banken Strafzinsen für Einlagen ab einer bestimmten Höhe, oft ab 100.000 Euro. Die Banken begründen dies mit den ihnen von der Europäischen Zentralbank auferlegten Negativzinsen für Einlagen bei der EZB.
Ebenfalls in der Passauer Neuen Presse warnte der CSU-Finanzpolitiker Hans Michelbach vor einem Ausweiten der Strafzinsen, auf Beträge unterhalb der Marke von 100.000 Euro. "Die Spirale wird sich weiter drehen", sagt Michelbach der Zeitung in einem Interview am Samstag. Das sei eine "fatale Entwicklung". Um Sparern eine sichere Anlagealternative zu bieten, schlug Michelbach einen staatlichen Innovationsfonds mit einem garantierten Zins von 2 Prozent vor.
Laut Wirtschaftswoche haben deutsche Banken und Sparkassen 2019 rund 2,4 Milliarden Euro an Negativzinsen für Einlagen bei der Bundesbank bezahlt. Das Magazin bezieht sich nach eigener Aussage auf Daten der Bundesbank. Damit seien die Aufwendungen im Vergleich zum Vorjahr konstant geblieben, obwohl die EZB seit September 2019 den Banken 0,5 Prozent anstatt 0,4 Prozent auf ihre Einlagen in Rechnung stellt. Entlastend habe die Einführung eines Freibetrags Ende Oktober durch die EZB gewirkt.
DJG/uxd
BERLIN (Dow Jones)
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