Ansichtssache: Kapitalmarkt

Auferstehung des Zinses - Fluch oder Segen?

12.12.22 08:19 Uhr

Auferstehung des Zinses - Fluch oder Segen? | finanzen.net

Der wieder auferstandene Kapitalmarktzins trifft den Bestand an Anleiheanlagen hart. Investoren, die neue Rentenanlagen tätigen wollen, eröffnet sich dadurch aber ein Silberstreif am Horizont.

"Totgesagte leben länger", weiß der Volksmund. Und so mag manchem Finanzpolitiker in Europa in der vorweihnachtlichen Zeit eher Knecht Ruprecht als der Nikolaus erscheinen. Denn ein wieder zum Leben erwachter Kapitalmarktzins führt schmerzhaft vor Augen, dass die süße Versuchung Staatsverschuldung langfristig fiskalisch sauer aufstoßen kann.

Was ist geschehen? Das jahrelang von den Notenbanken zunehmend wider die ökonomische Vernunft durchgesetzte Nullzinsregime hat bei vielen die gefährliche Illusion erweckt, Schulden seien umsonst. Erinnert sei an die Nonsens-Diskussion um MMT, die sogenannte Modern Monetary Theory. Mehr noch, Kredite wurden kognitiv dissonant als Geschenk wahrgenommen. Veranschaulicht sei die Denke am theoretischen Beispiel einer hundertjährigen Staatsanleihe mit einem Kupon von −1 %: Stark simplifiziert - etwa unter Ausklammerung von Zinseszinseffekten - liefe die Refinanzierung in diesem Fall quasi automatisch, die Negativzinsakkumulation ergäbe letztlich die Tilgung.

Notenbanken zu zögerlich

Doch diese Alchemie funktioniert nur dann, wenn die Zinsen "ewig" auf dem künstlich niedrigen Niveau bleiben. Allerdings kann eine zentrale ökonomische Steuerungsgröße nicht langfristig manipuliert werden, ohne dass sich an anderer Stelle Probleme auftürmen. In diesem Fall sind das steigende öffentliche und private Verschuldungsniveaus, vielerorts überhitzende Immobilienmärkte sowie Marktübertreibungs-phänomene wie Bitcoin, Spacs, Meme-Aktien und möglicherweise auch Zombie-Unternehmen. Länger anhaltende Fehlallokationen werden häufig von Untoten begleitet. Mitunter löst dann ein extremes Ereignis - in diesem Fall Ukraine-Krieg und Energieversorgungskrise - ein Zusammenfallen des Kartenhauses aus. Das Ruder muss jetzt herumgerissen werden, was die großen Zentralbanken auch tun. Unter Taylor-Regeln aber immer noch zu zögerlich: Bei einer Teuerungsrate von über 10 % in der [...]

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