Deutsche Zinsen sind fremdbestimmt
Deutschland leidet unter Krise in der Euro-Zone
Mit Einführung der Gemeinschaftswährung hat Deutschland die Kontrolle über seine Zinspolitik aufgegeben und sich in eine Solidargemeinschaft begeben. In dieser versucht die Europäische Zentralbank (EZB) ein Zinsniveau zu finden, das für alle Mitgliedsländer den besten Kompromiss darstellt. Da Kompromisse aber nie die optimale Lösung aus Sicht der einzelnen Teilnehmer darstellen können, sind Fehlentwicklungen vorgezeichnet. Die erste große Fehlentwicklung haben wir in der Startphase des Euro bis zum Jahr 2008 gesehen. Alle früheren Hochzinsländer wie Italien, Spanien, Portugal, Irland oder Griechenland haben plötzlich von dramatisch tieferen Zinssätzen, die sich am früheren D-Mark-Niveau ausrichteten, profitiert und eine Sonderkonjunktur erlebt. Deutschland dagegen hat in zweierlei Hinsicht verloren. Erstens musste Deutschland plötzlich ein Zinsniveau akzeptieren, das über dem gewohnten D-Mark-Niveau lag. Und Deutschland hat ein umfassendes Sparprogramm durchgezogen, um gegenüber der Konkurrenz aus Euroland und der stattfindenden Globalisierung konkurrenzfähig zu bleiben. Die Folge waren fast zehn Jahre, in denen Deutschland schwächeres Wachstum aufzuweisen hatte, als die meisten anderen Euroländer. Wenn Regierungspolitiker daher heute die Transferzahlungen nach Griechenland damit rechtfertigen, dass Deutschland der große Profiteur der Gemeinschaftswährung war, so handelt es sich dabei einfach nur um billige Propaganda.
Jetzt befinden wir uns in Phase zwei der Fremdbestimmung. Waren zuvor die Zinssätze der EZB viele Jahre für Deutschland eigentlich zu hoch, so sind sie ab jetzt zu tief. Bedingt durch die Verschuldungsorgie in den meisten ehemaligen Hochzinsländern sind deren Wachstumsraten inzwischen in den Keller gefallen und sie werden ihre Schulden nur bedienen können, wenn die EZB ihre Tiefzinspolitik fortsetzt. Deutschland dagegen profitiert jetzt von der Umstrukturierung der vergangenen zehn Jahre und von ihrer starken export-orientierten Wirtschaftsstruktur und sollte bei den aktuellen Wachstumsraten eigentlich deutlich höhere Kapitalmarktzinsen haben, um nicht in die Inflationsfalle zu tappen. Dazu kommt noch ein weiterer Faktor: Da die weltweiten Kapitalanleger derzeit die hochverschuldeten Randländer der Eurozone meiden und in die bonitätsstarken Länder mit seriöser Budgetpolitik flüchten, ist mit jeder Zuspitzung der Eurokrise auch die Nachfrage nach deutschen Bundesanleihen sprunghaft gestiegen. Fallende Renditen und damit unnatürlich tiefe Zinsen für deutsche Anleihen sind daher die Folge. Die zuletzt gestiegene Verunsicherung zur Situation in Italien hat dabei einen weiteren Rückgang der deutschen Zinsen ausgelöst. Bundesanleihen profitieren also derzeit von den gleichen Faktoren, die auch den Schweizer Franken gegenüber allen Währungen auf Rekordniveaus steigen und den Goldpreis nach oben schießen lässt. Es droht Knappheit bei den als sicher eingeschätzten Anlagen!
Sparer retten sich in Immobilien
Die aktuell zu tiefen Zinsen in Deutschland bergen aber die Gefahr, dass es schrittweise zu großen Fehlern im System kommen wird. Die deutschen Zinsen liegen derzeit schon über alle Laufzeiten unter der aktuellen Inflationsrate. Sparer werden also bereits jetzt um ihre Kaufkraft gebracht. Der Euro, in dem wir ja als Deutsche stecken, verliert gegen fast alle Währungen an Wert. Also verlieren wir auch auf dieser Seite an Kaufkraft. Die Sparer suchen daher ihr Heil zunehmend in Immobilien, ein Markt in dem gerade in gesuchten Großstadtlagen Angebotsknappheit herrscht. Steigende Preise und die Gefahr von spekulativen Entwicklungen sind vorgezeichnet. Aber auch die Risikoneigung der Sparer wird angesichts der nicht auskömmlichen Verzinsung in Deutschland steigen und damit die Gefahr falscher Investments und drastischer Vermögensverluste in der Zukunft. All das wäre zu vermeiden, wenn Deutschland die Hoheit über seine Zinspolitik hätte und eine angepasste Geldpolitik fahren könnte. So wie die Politiker das Problem derzeit angehen, werden die Ausschläge in der Realwirtschaft zunehmen und damit jeder Versuch der Gegensteuerung nur zu weiteren Ausschlägen in die Gegenrichtung führen. Helfen würde alleine eine komplette Reform des Euro, in der Konstruktionsfehler als solche offen akzeptiert werden und eine klar kommunizierte Aufarbeitung dieser Fehler beginnt.
In der aktuell höchst spekulativen Phase, in der einzelne Marktteilnehmer auf das Auseinanderbrechen der ganzen Währungszone wetten, wird auch die Nachfrage nach deutschen Anleihen hoch bleiben und damit die Renditen vorerst tief. Würde Deutschland heute aus dem Euro austreten, so wäre die neue D-Mark wahrscheinlich 30-40% mehr wert als der heutige Euro. Die Entwicklung des Schweizer Frankens in den letzten sechs Monaten ist ein gutes Indiz.
Baugeld profitiert: Jetzt günstige Zinsen sichern
Für Baugeldkunden ist das alles eine gute Nachricht: Extrem günstige Zinsen für Käufer und Anschlussfinanzierer und die Aussicht auf weiter steigende Immobilienpreise in guten und gesuchten Lagen.
Tendenz
kurzfristig: abwärts
mittelfristig: aufwärts
Der Interhyp-Zinskommentar vom 5. August 2011 von Robert Haselsteiner - Gründer und Zinsexperte der Interhyp AG
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