Zinswende?
Die FED macht die Anleger nervös. Droht Unheil?
Die gestrige Erhöhung des Diskontsatzes durch die US-Notenbank FED hat die Märkte verunsichert. Ist dieser Schritt das Signal für eine Zinswende? Welche Auswirkungen sind zu erwarten? Betrachten wir gemeinsam die Ausgangslage.
Bund-Future mit gefährlicher Lage
Die US-Zinserhöhung trifft die deutschen Anleihemärkte an einer wichtigen Marke. Das Niveau von rund 123 Punkten stellt beim deutschen Anleihebarometer Bund-Future eine wichtige Unterstützungslinie dar. In diesem Bereich verläuft die Nackenlinie einer potentiellen Schulter-Kopf-Schulter-Formation, die im frühen Handel heute bereits gebrochen wurde. Ein kurzer Rutsch bis in den Bereich von 121 Punkten ist damit technisch wahrscheinlich geworden. Dies würde jedoch lediglich eine Rückkehr auf das Niveau vom Jahresanfang bedeuten.
Bund-Future im Wochenchart
Die Schwäche des Euro - primär ausgelöst durch die Probleme in den PIIGS-Staaten (Portugal, Italien, Irland, Griechenland und Spanien) - hat den deutschen Anleihen bisher wenig anhaben können. Im Gegenteil: Die Kursverluste in den südeuropäischen Anleihen und die Ausweitung der Zinsspanne zu Deutschland, haben die Bundesanleihen eher gestützt. Die Bundesrepublik wird als sicherer Hafen angesehen. Eine durchaus kuriose Situation in Zeiten, in denen auch der deutsche Staatshaushalt aus allen Nähten platzt und die Neuverschuldung Rekordhöhen erreicht.
Der Blick auf den Wochenchart des Bund-Future verdeutlicht das noch immer sehr hohe Kursniveau. Rückschläge können durchaus massiver als die bisher gesehenen Minikorrekturen ausfallen. Das letzte Hoch im Bund-Future war negativ divergent und hat alle technischen Voraussetzungen für ein mittel- und langfristiges Hoch erfüllt. Die Griechenland-Krise kann diesen finalen Hype ausgelöst haben.
Zinslandschaft grundlegend verändert
Der Vergleich zwischen der deutschen Umlaufrendite und dem kurzfristigen "Tagesgeldindikator" EONIA macht deutlich, dass sich das Zins-Umfeld mit Beginn der Finanzkrise dramatisch verändert hat. Während zuvor Tages- und Festgeldkonten ähnlich hoch - teilweise höher - als langfristige Anleihen verzinst wurden, ist diese Situation heute völlig verändert. Tages-und Festgeldkonten seriöser Anbieter werden heute nahezu überhaupt nicht mehr verzinst. Wozu auch, können sich doch die Banken bei den Notenbanken nahezu unbegrenzt und fast zinslos Geld leihen. 2009 hat sich diese Spanne massiv ausgeweitet. Während die Umlaufrendite per Saldo leicht angestiegen ist, hat sich der EONIA fast der Null-Prozent-Marke angenähert.
Fazit
Die Schwäche des Euro hat dem Bund-Future und den deutschen Anleihen bisher wenig anhaben können. Rund 30 Jahre mit fallenden Anleihenrenditen haben die Anleger auf dieses Szenario konditioniert. Weitere deutliche Zinsrückgänge sind alleine aus mathematischen Gründen schon wenig wahrscheinlich. Dieser sichere Hafen ist brüchig. Die deutschen Anleihen können sich diesem Trend durch die "Fluchtgelder" aus den PIIGS-Staaten noch widersetzen. Gefährlich ist dieses Umfeld für Neuanlagen im festverzinslichen Bereich allemal. Die nächste "fair-market-value-Problematik" baut sich in diesem Sektor - noch nahezu unbemerkt - bereits auf.
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Thomas Grüner ist Firmengründer und Geschäftsführer der Vermögensverwaltung Grüner Fisher Investments GmbH. Seine oft dem allgemeinen Marktkonsens entgegen stehenden Prognosen sorgten schon mehrfach für großes Aufsehen. Weitere Informationen unter http://www.gruener-fisher.de.
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