Vor dem Kauf vergleichen

Schnäppchenjagd bei Zertifikaten

13.05.14 15:00 Uhr

Anleger sollten vor dem Zertifikatekauf die Kurse von Papieren mit identischer Ausstattung vergleichen. Die Unterschiede sind zum Teil deutlich.

von Gian Hessami, Euro am Sonntag

Der Gewinn liegt im Einkauf. Die alte Kaufmannsregel gilt auch bei Zertifikaten. Derzeit sind mehr als eine halbe Million dieser Produkte an der Börse gelistet, der Preisvergleich kann sich also durchaus lohnen. Besonders einfach fällt die Produktgegenüberstellung, wenn die Papiere einer Vergleichsgruppe über exakt identische Ausstattungsmerkmale, wie zum Beispiel Basiswert, Laufzeit und Cap, verfügen.

Wie groß die Preisunterschiede bei Discount- und Bonuszertifikaten sein können, zeigen die beiden Studien "Best Discount 2014" und "Best Bonus 2014", die das Fachmagazin "Der Zertifikateberater" und das Onlineportal finanztreff.de erstellt haben. Dabei wurden zwischen März 2013 und März 2014 zweimal täglich für verschiedene Basiswerte die zum Abrufzeitpunkt attraktivsten Zertifikate ermittelt. "Bei nahezu identischen Produkten sind Renditevorteile von mehr als zwei Prozent pro Jahr leicht zu erzielen, indem man die Angebote vor dem Kauf miteinander vergleicht", sagt "Zertifikateberater"-Herausgeber Tobias Kramer.

Bonität als Preisfaktor
Wer möchte, kann selbst die Probe aufs Exempel machen und beim Finanzportal finanzen.net Discount­zertifikate suchen, die den gleichen Basiswert, den gleichen Cap und die gleiche Laufzeit haben. Dazu klickt man auf "Zertifikate", "Produkttypen" und "Discount". Ein Beispiel: Basiswert ist der DAX, der Cap liegt zwischen 9.450 und 9.500 Punkten und die Laufzeit beträgt ein Jahr. Dazu finden sich rund 300 Produkte. Die beiden renditeträchtigsten Papiere haben jeweils einen Cap von 9.500 Punkten und eine Laufzeit bis zum 16. Mai 2015. Die höchste jährliche maximale Rendite (41,08 Prozent) ist mit einem Rabattpapier der RBS (ISIN: DE 000 AA8 MA3 5) drin. An zweiter Stelle liegt ein Discounter der BNP Paribas (DE 000 BP9 QGG 0), mit dem 37,58 Prozent möglich sind.

Ein naheliegender Grund für die Renditedifferenz ist die unterschiedliche Bonität der jeweiligen Anbieter. In der Regel bieten bonitätsschwächere Emittenten ihre Zertifikate zu einem günstigeren Preis an - als Risikoprämie für die Anleger. Hintergrund: Zertifikate sind rechtlich gesehen Schuldverschreibungen, mit denen Anleger im Insolvenzfall der Bank einen Totalverlust erleiden können. Das Prinzip trifft auch auf das obige Beispiel zu: BNP Paribas ist derzeit deutlich bonitätsstärker als die Royal Bank of Scotland (RBS).

Auch Simon Ullrich, Geschäftsführer des Berliner Finanz-IT-Unternehmens SmartTra.de, bestätigt, dass sich die Renditeattraktivität von ähnlichen Zertifikaten oft stark unterscheidet. SmartTra.de berechnet mehrmals täglich den fairen Wert von über 250.000 Anlagezertifikaten. Dabei werden die Faktoren Emittentenbonität, Wert der im Zertifikat enthaltenen Optionen sowie der Wert des Basiswerts berücksichtigt. Entscheidend ist, wie weit die von den Emittenten gestellten Produktpreise von dem fairen Wert abweichen. "In über 70 Prozent der Fälle liegt die Abweichung zwischen dem fairen Wert und dem Briefkurs eines Zertifikats unter einem Prozent", sagt Ullrich.

Abweichungen beim Fair Value
Anfang der Woche hat Ullrich unter anderem Discountzertifikate unter die Lupe genommen. Bei Discountern auf den DAX mit einem Cap zwischen 9.900 und 10.000 Punkten und einer Laufzeit bis Ende März 2015 konnte Vontobel das Produkt (DE 000 VZ1 SGN 3) mit dem fairsten Preis, Briefkurs: 91,55 Euro, anbieten. Ein Rabattpapier mit identischer Ausstattung von der Société Générale (DE 000 SG4 W6X 2) kostete hingegen 92,64 Euro. Die Abweichung vom fairen Wert war bei dem Produkt der Société Générale 1,19 Prozentpunkte größer als bei dem von der Bank Vontobel. Für den Anleger bedeutet der Unterschied in der Abweichung vom fairen Wert einen Renditenachteil in gleicher Höhe.

Allerdings können sich die Ergebnisse nächste Woche schon wieder geändert haben. Welche Bank "faire" oder "unfaire" Preise stellt, muss daher immer wieder aufs Neue berechnet werden. Letztlich bleibt es jedoch dabei: Je mehr ähnliche Produkte es gibt, desto besser sind die Vergleichsmöglichkeiten. Bei Papieren wie Express- und Garantiezertifikaten ist dies schon schwieriger - weil sich ihre Ausstattungen häufig deutlich voneinander unterscheiden.