Wenn am Wochenende die Kurslücke droht
Die Griechenland-Krise brachte Risiken ans Tageslicht, die für Trader von Hebelpapieren bisher meist nur eine Nebenrolle spielten. Es geht um hohe Aufgelder, die durch Gap-Risiken entstehen.
von Wolfgang Raum, Euro am Sonntag
Am Freitag, dem 26. Juni, war die Börsenwelt noch in Ordnung. Klar, Griechenland hatte den DAX kräftig durchgeschüttelt. Doch die Marktteilnehmer gingen recht entspannt ins Wochenende. Die Erwartungshaltung: Es wird schon eine Rettung für Griechenland geben. Doch Politiker und Börsianer wurden auf dem falschen Fuß erwischt: Der griechische Premier Alexis Tsipras zauberte das bekannte Referendum aus dem Hut. Ein Krisenende war plötzlich nicht mehr in Sicht.
Während Politiker mit heftigem Kopfschütteln reagierten, hatten auch Börsianer große Probleme: Sie mussten sich auf veränderte Marktbedingungen einstellen. Denn mit dem Scheitern der Gespräche war klar, dass der DAX am Montag, dem 29. Juni, deutlich schwächer in den Handel startet. Wie stark dieser negative Effekt ausfallen würde, konnte allerdings niemand exakt sagen, da die Börsen geschlossen waren. Letztendlich kostete das Referendum den DAX zunächst rund 500 Punkte. Diese "Lücke" war aber bis Montagmorgen nicht handelbar - ein klassisches Gap-Risiko.
Matthias Hüppe, Derivateexperte bei HSBC in Düsseldorf, erläutert: "Als Emittent von Knock-out-Produkten sind wir verpflichtet, unsere Gegenposition sofort glattzustellen, wenn eine K.-o.-Schwelle verletzt wird. Dies können wir aber erst zur Markteröffnung tun, wenn wir echte Kurse sehen. Bis dahin bewegen wir uns quasi in einem luftleeren Raum mit Risiken für unser Handelsbuch."
Die aktuelle Entwicklung verdeutlicht dies: Sofern ein Knock-out-Produkt mit hohem Hebel und niedrigem Abstand zum K.-o.-Level von beispielsweise 150 Punkten gewählt wurde, bewegte sich der DAX nach Handelsstart schon rund 350 Punkte unter der relevanten Barriere. Genau diesen Gap kann der Emittent nicht direkt absichern.
Der Ausweg für die Anbieter sind Aufgelder bei dieser Produktkategorie. "Anleger, die mit hohen Hebeln über ein Wochenende oder auch über eine einzige Nacht im Markt sein wollen, müssen entsprechend hohe Aufgelder akzeptieren", sagt Hüppe. "Denn letztendlich kann nur der Anleger das Gap-Risiko tragen."
Lösungswege für Anleger
Generell verhalten sich dabei alle Anbieter solcher Hebelpapiere ähnlich. Die entsprechenden Aufgelder steigen in unsicheren Zeiten an, sie reduzieren sich aber in ruhigen Marktphasen recht schnell. Dabei ist es schon vorgekommen, dass bei Turbos mit sehr hohen Hebeln kurzfristig sogar Aufgelder entsprechend 500 DAX-Punkten gezahlt werden mussten oder gar nicht immer für alle Produkte fortlaufend Kurse gestellt werden konnten.Drei Lösungswege bieten sich für nervöse Zeiten an: Der erste Weg ist das Akzeptieren der jeweiligen Marktbedingungen und ihrer Aufgelder. Variante zwei ist ebenfalls simpel: Anleger gehen zu Knock-outs oder Turbos über, die deutlich geringere Hebel aufweisen. Zertifikateexperte Nicolai Tietze von Deutsche Asset & Wealth Management sagt dazu: "Mit fallendem Hebel nehmen diese Aufgelder überproportional ab, da die Gap-Risiken entsprechend sinken. Daher können geringere Hebel eine Alternative sein."
Und der dritte Lösungsweg ist das Kaufen von sogenannten Day-Turbos, die beispielsweise bei der Deutschen Bank und HSBC im Angebot sind. Hierbei bildet jeweils der DAX-Future die Basis. Tietze erklärt: "Mit dem Ende des Future-Handels werden diese Produkte, die vor allem von Day-Tradern intensiv genutzt werden, final abgerechnet. Neue Day-Turbos gibt es dann erst wieder mit Beginn des Handels am nächsten Börsentag um kurz nach 8 Uhr."
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