Zertifikate: Rendite verkehrt rum
Vor Kurskorrekturen in DAX und Co können sich Investoren mit dem Einsatz von Reverse-Bonuszertifikaten schützen. Wie es geht.
von Emmeran Eder, Euro am Sonntag
Geld ist wie ein Kaninchen. Es gerät in Angst und Panik, wenn es die kleinste Gefahr wittert. Dabei aber handelt es unüberlegt.“ Dieses Bonmot des vor 14 Jahren verstorbenen Börsengurus André Kostolany beschreibt ein bekanntes Börsenszenario. Wenn die Kurse einbrechen, bekommen es immer mehr Anleger mit der Angst zu tun und steigen aus — und dann krachen die Märkte so richtig ein.
Gerade nach der Aktienrally der vergangenen Monate könnten die Märkte bald wieder reif sein für eine Korrektur. Anleger, die nicht erst reagieren wollen, wenn es so weit ist, handeln strategisch und sorgen vor. Dies ist zum Beispiel mit Reverse-Bonuszertifikaten möglich. Diese Produkte eignen sich in erster Linie für seitwärts laufende und fallende Märkte. Darüber hinaus können sie aber auch in moderaten Aufwärtsphasen Gewinne erwirtschaften.
Das Prinzip herkömmlicher Bonuszertifikate wird dabei auf den Kopf gestellt. Die Barriere befindet sich nicht unter dem aktuellen Kurs des Basiswerts, sondern darüber. Wird diese Marke während der Laufzeit nicht berührt oder durchbrochen, dann erhalten Anleger zum Ende der Laufzeit eine Bonuszahlung.
Neben der Barriere ist die Laufzeit daher ein wichtiger Parameter. Ein Beispiel: Die Barriere des Reverse-Bonuszertifikats der BNP Paribas auf den DAX (ISIN: DE 000 BP7 7V9 4) liegt bei 10.500 Punkten, das Papier läuft bis 19. September 2014. Sollte der Index diese Marke bis zum Laufzeitende nicht erreichen oder übertreffen, erhalten Anleger einen Bonusbetrag von 66 Euro. Bei einem aktuellen Kaufpreis des Zertifikats von 52,38 Euro ergibt sich daraus eine Rendite von rund 25 Prozent.
Wie bei klassischen (Long-)Bonuszertifikaten gilt das Prinzip: Sollte sich der Kurs des Basiswerts in die gewünschte Richtung so stark entwickeln, dass der Bonuslevel überschritten wird, nehmen Anleger eins zu eins daran teil. Für das beschriebene Reverse-Papier heißt das: Sollte der DAX zum Laufzeitende unter dem Bonuslevel des Zertifikats von 5.400 Punkten notieren, erhalten Anleger die zusätzliche negative Performance des Index gutgeschrieben.
Risiko des Barrierebruchs
Kritisch wird es, wenn der Basiswert während der Laufzeit so kräftig ansteigt, dass die Barriere gerissen wird. In diesem Fall müssen die Investoren auf den Bonus verzichten. Dann wandelt sich das Papier in ein Short-Zertifikat: Fällt der Basiswertkurs, steigt der Zertifikatewert. Bewegt sich der Basiswert nach oben, geht es mit dem Zertifikatekurs nach unten. In welchem Szenario das Papier in die Gewinn- oder Verlustzone kommt, ist dem jeweiligen vom Emittenten veröffentlichten Produktinformationsblatt zu entnehmen.
BNP Paribas etwa nennt bei den Papieren einen Reverse-Kurs, mit dem sich auch das Verlustszenario berechnen lässt. Im obigen Beispiel beträgt der Reverse-Kurs beim DAX 12.000 Punkte. Von diesem zieht man den Schlusskurs des DAX-Stands zum Laufzeitende ab, bereinigt um das Bezugsverhältnis: Notiert zum Beispiel das BNP-Reverse-Papier bei 10.500 Punkten, ergibt sich ein Rückzahlungsbetrag von 15 Euro (Rechnung: 12.000 (Reverse-Kurs) — 10 500 (Schlusskurs) · 0,01 (Bezugsverhältnis) = 15.) Bei einem Einstiegskurs von 52 Euro würde der Verlust also 37 Euro oder 71 Prozent betragen.
Bei Reverse-Bonuszertifikaten kann ein sehr heftiger Kursanstieg des Basiswerts sogar einen Totalverlust nach sich ziehen. Sollte etwa bei unserem Beispielzertifikat der DAX am 19. September 2014 bei 12 000 Zählern oder darüber notieren, ist das eingesetzte Kapital vollständig verloren.
Je nach Risikoneigung wählen Anleger Papiere mit entsprechender Barriere und Laufzeit aus. Je niedriger die Barriere, desto riskanter, aber auch renditeträchtiger ist das Investment. Bei längeren Laufzeiten erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass die Barriere verletzt wird. Daher gilt: Je länger das Papier läuft, desto größer ist das Risiko — zugleich erhöht sich jedoch auch hier die Renditemöglichkeit.
BNP Paribas bietet etwa ein defensiveres Reverse-Bonuszertifikat auf den DAX an (DE 000 BP6 1U5 1), das eine Barriere von 10.800 Punkten hat und bis 19. Juni 2014 läuft. Die aktuelle Bonusrendite beträgt 5,4 Prozent. Wie bei klassischen Bonuspapieren gibt es auch Reverse-Bonuszertifikate mit Gewinnbegrenzung (Cap). Anleger können also bei stark fallenden Kursen nicht unbegrenzt profitieren. Im Gegenzug sind damit in seitwärts laufenden Märkten aber höhere Renditen drin als mit Reverse-Bonuszertifikaten ohne Obergrenze