Zertifikate-Zahlensalat

von Gian Hessami, Euro am Sonntag

Nicht immer steckt im Produkt drin, was außen draufsteht. Zum Beispiel bietet die Direktbank Comdirect auf ihrem Onlineportal das Discountzertifikat der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) auf den Pharmakonzern Merck KGaA (ISIN: DE 000 LB0 W6H 5) zum Handel an. Mit dem Papier können Anleger den Informationen zufolge an der positiven Performance der Merck-Aktie bis zu 58,06 Euro teilnehmen. Die Gewinnbegrenzung, auch Cap genannt, liegt in Wirklichkeit aber nicht bei 58,06 Euro, sondern bei 51 Euro.

Den tatsächlichen Cap veröffentlicht die Emittentin, die LBBW, auf ihrer Website. Das Papier kostet derzeit bei einem Bezugsverhältnis von 2,0 (zwei Aktien je Zertifikat) 101,50 Euro. Der Wert würde laut Comdirect zum Laufzeitende bei einem Cap von 58,06 Euro im Erfolgsfall 116,12 Euro betragen. Tatsächlich sind aber nur 102 Euro pro Zertifikat maximal möglich - ein Renditeunterschied von rund 14 Prozent.

Solche und andere fehlerhafte Informationen hat das Berliner Finanz-IT-Unternehmen SmartTra.de bei einer Analyse der drei großen deutschen Onlinebanken Comdirect, Cortal Consors und DAB Bank entdeckt. Das Ergebnis: Die Produktinformationen stimmen teilweise nicht mit den Angaben der Verkaufsprospekte der Emittenten überein. "Wenn die Angaben nicht vollkommen fehlerfrei sind, wird das Anlagerisiko unkalkulierbar", sagt Simon Ullrich, Geschäftsführer von SmartTra.de. Auf Nachfrage führen die drei Onlinebanken die falschen Angaben unisono auf ihre Datendienstleister zurück. Eine Haftung schließen Direktbanken und Datenlieferant in ihren AGBs aus.

An der Börse sind mehr als eine Million Zertifikate und Hebelprodukte gelistet, zu denen es viele Kennzahlen und Daten gibt. "Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich bei mehreren Hundert Millionen Daten Fehler einschleichen", räumt Cortal-Consors-Sprecher Dirk Althoff ein. "Eine Prüfung der eingehenden Daten auf Richtigkeit ist aufgrund der Menge der Finanzprodukte weder für uns noch für den Dienstleister darstellbar", meint Jürgen Eikenbusch, Sprecher der DAB Bank. "Unsere Informationsplattform beinhaltet mehrere Millionen Datensätze, sie sollten aber nicht die einzige Basis für eine Anlageentscheidung sein - Anleger sollten sich immer auch die Emittenteninformationen anschauen", sagt Christiane Krämer von Comdirect.

Käme es bei Kunden zu Fehlern, könnte sich die Bank auf Kulanzbasis mit ihnen verständigen, so Krämer. Eine Stichprobe von €uro am Sonntag ergab, dass es falsche Zahlen auch bei anderen Handelsportalen gibt. So findet sich der falsche Cap-Wert auch auf der Website der Börse Stuttgart.