Wie viel ist genug?
Die USA haben unter dem neuen US-Präsidenten Joe Biden nicht nur in Rekordzeit das ambitionierte Impfziel schneller erreicht als erwartet.
Auch die US-Wirtschaft ist im abgelaufenen Quartal um ein annualisiertes Wachstum von beachtlichen sechs Prozent geklettert. Doch dieses dürfte vorerst weiter anziehen. Schließlich hat die US-Regierung unter Joe Biden den "American Jobs Plan" sowie den "American Family Plan" auf den Weg gebracht. Beide Projekte haben einen geradezu atemberaubenden Umfang von 4,1 Billionen US-Dollar. Bereits zuvor hatte Biden schon Billionen an Unterstützung in das System gepumpt, was sich nun auch am aktuellen Wirtschaftswachstum erkennen lässt. Allerdings stellt sich mittlerweile nicht zuletzt auch die US-Notenbank die Frage, welche Auswirkungen diese Hilfspakete noch haben und wie sich letztendlich das viele Geld wieder einsammeln lässt.
Aktienmärkte geradezu süchtig nach Geld!
Es ist sicherlich kein Geheimnis, dass der Aufschwung am Aktienmarkt zu einem gewissen Maße auch auf das billige Geld zurückzuführen ist, welches von Politik und Notenbanken nach der Finanzkrise vor mittlerweile 13 Jahren zur Verfügung gestellt wurde. Noch einmal nachgelegt wurde dann im letzten Jahr zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie. Damit hat sich der Aktienmarkt allerdings in eine durchaus ernst zu nehmende Abhängigkeit vom billigen Geld begeben. Wie ernst dies mittlerweile ist, zeigt sich an dem "Testballon" der ehemaligen US-Notenbankchefin Janett Yellen. Diese hat in ihrer Funktion als US-Finanzministerin in der vergangenen Woche angedeutet, dass es nicht ewig bei den niedrigen Zinsen bleiben wird. Ohne dabei auf weitere Details einzugehen, haben die Anleger darauf äußerst sensibel reagiert. Sollte die Inflation daher weiter nach oben klettern, dürfte es der US-Notenbank schon fast nicht mehr möglich sein, ohne heftige Marktreaktionen eine Zinswende einzuleiten.
Noch mehr Öl ins Feuer?
Dieses Dilemma wird durch die neuen Konjunkturpakete der amtierenden Biden-Regierung noch weiter verschärft. So ist davon auszugehen, dass diese Projekte die Wirtschaftsentwicklung weiter nach oben treiben. Damit erhöht sich aber auch der Druck auf die US-Notenbank, ein übertriebenes Wachstum wieder einzugrenzen. Genau das fürchten die Anleger aber aktuell wie der Teufel das Weihwasser. Vor allem nach der Rally der vergangenen Monate ist davon auszugehen, dass der Markt extrem sensibel auf einen Entzug des geliebten Geldes reagieren wird. Damit darf man in diesem Jahr gespannt sein, ob sich die alte Börsenweisheit "sell in may ..." nicht doch einmal mehr bewahrheitet!
Stephan Feuerstein ist Chefredakteur des Börsenbriefes Hebelzertifikate-Trader. Bereits seit Anfang der 90er Jahre beschäftigt er sich mit dem Thema Börse, speziell der Technischen Analyse. Infos: www.hebelzertifikate-trader.de Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.