Kapitalschutz-Zertifikate: Nichts ist sicher
Mit Kapitalschutz-Zertifikaten können Anleger von der Börse profitieren und sich vor Verlusten schützen. Es gibt jedoch Fallstricke.
von Gian Hessami, Euro am Sonntag
Was ist weniger als wenig? Die Europäische Zentralbank (EZB) hat jüngst den Leitzins von 0,25 Prozent auf 0,15 Prozent gesenkt. "Die Enteignung der Sparer geht weiter" titelten die Gazetten. Spätestens jetzt ist es Zeit, über Alternativen zu sicheren Festzinsanlagen nachzudenken.
Für Anleger, die von der Börsenhausse profitieren und zugleich ihr Geld möglichst sicher anlegen wollen, kommen Kapitalschutzzertifikate infrage. Bekannt sind sie auch als Garantiezertifikate, da Anleger zur Fälligkeit mindestens den sogenannten Nominalwert zurückerhalten - in der Regel 100 Euro pro Zertifikat. Jedoch emittieren Banken auch Zertifikate, bei denen nur 80 oder 90 Prozent des Nennwerts gesichert sind.
Das Prinzip von Kapitalschutzzertifikaten: Anleger nehmen an den Kursgewinnen eines Basiswerts teil, ohne viel Risiko einzugehen. Zur Emission wird der Startwert des Basiswerts festgelegt. Steigt der Kurs des Basiswerts, also ein Index wie der DAX, steigt auch der Wert des Zertifikats. Der Partizipationsfaktor (Partizipationsrate) legt fest, wie stark man an der Aufwärtsbewegung des Basiswerts teilnimmt. Ein Faktor von "1" bedeutet, dass Anleger eins zu eins an der Kursentwicklung teilhaben. Mit einem Faktor von "0,5" nehmen sie nur zu 50 Prozent an der positiven Basiswert-Performance teil. Sollte sich der Basiswert negativ entwickeln, erhalten Anleger am Laufzeitende mindestens den Nominalwert - oder je nach Ausstattung den größten Teil davon - zurück. Allerdings gibt es einige wichtige Details zu beachten.
Verluste sind möglich
Das fängt damit an, dass der Kapitalschutz nur bei Fälligkeit gilt. Sollte das Zertifikat während der Laufzeit an Wert verlieren, kann der Anleger es entweder mit Verlust verkaufen oder muss es bis zur Fälligkeit halten, um den Kapitalschutz zu erhalten. Viele der Papiere haben lange Laufzeiten von vier bis sechs Jahren. Der zeitliche Anlagehorizont sollte also mit der Laufzeit der Zertifikate übereinstimmen.
Kaufen Anleger Kapitalschutzzertifikate mit Aufgeld - dabei liegt der Zertifikatepreis über dem Nennwert -, muss ihnen klar sein, dass sie bei Fälligkeit lediglich Anspruch auf die Rückzahlung des Nennwerts haben. Ein Beispiel: UBS hat im März ein Kapitalschutzzertifikat auf den DAX (ISIN: DE 000 US4 G57 4) emittiert. Der Kapitalschutz beträgt 100 Prozent des Nennwerts (100 Euro), die Partizipationsrate lautet 75 Prozent. Der Startwert des DAX liegt bei 9.400 Punkten, und das Papier kostet 114,16 Euro. Sollte der DAX zum Laufzeitende am 17. März 2017 unter der 9.400-Punkte-Marke liegen, erhalten Anleger 100 Euro pro Zertifikat zurück.
Investoren, die das Papier jetzt an der Börse kaufen, verlieren dann 14,16 Euro, das sind 12,4 Prozent ihres Kapitaleinsatzes. Steigt der DAX bis zur Fälligkeit, nehmen sie zu 75 Prozent daran teil. Laut UBS-Produktinformationsblatt muss der DAX am Laufzeitende aber die Marke von 11.334,25 Punkten überschritten haben, damit das Investment in die Gewinnzone gelangt. Das liegt am hohen Aufgeld des Papiers, das erst durch eine starke Kurssteigerung aufgeholt wird. Wunder vollbringen können Kapitalschutzpapiere eben auch nicht.
Der Hintergrund: Emittenten investieren den größten Teil des Anlagebetrags in eine Nullkuponanleihe, die bei Fälligkeit des Zertifikats die Rückzahlung des Nennwerts sichert. Der Rest des Einsatzkapitals wird in der Regel in eine Kaufoption (Call) auf den Basiswert angelegt. Dies ermöglicht die Partizipation an steigenden Kursen des Basiswerts. Problem: Je niedriger das allgemeine Zinsniveau, desto mehr muss der Emittent in die Nullkuponanleihe investieren und desto weniger bleibt für den Call als Renditekomponente übrig.
Das niedrige Zinsniveau ist auch der Grund dafür, dass derzeit kaum attraktive Produkte auf dem Markt sind. Für die meisten der klassischen Garantiezertifikate zahlen Anleger hohe Aufgelder. Wer dennoch interessiert ist, kann sich das UBS-Papier auf den Euro Stoxx 50 (ISIN: DE 000 US5 85A 5) ansehen. Es kostet rund 106 Euro, hat eine Partizipationsrate von 75 Prozent und läuft bis zum 18. März 2016. Dann erhält der Käufer mindestens 100 Euro zurück. Ab 3.564 Indexpunkten partizipieren Investoren zu 75 Prozent an Gewinnen. Der Startwert des Index liegt in etwa auf dem derzeitigen Niveau von 3.300 Zählern.