Euro am Sonntag

Zertifikate-Experte Stadler: "Mindestens 15 Prozent Puffer"

27.09.15 03:00 Uhr

Zertifikate-Experte Stadler: "Mindestens 15 Prozent Puffer" | finanzen.net

Vermögensverwalter Thilo Stadler investiert die ihm anvertrauten Kundengelder vorzugsweise in ETFs, Fonds, Anleihen und Einzelaktien. Zertifikate setzt er gezielt ein.

Werte in diesem Artikel
Indizes

19.947,3 PKT 38,1 PKT 0,19%

4.881,5 PKT -14,4 PKT -0,29%

von Emmeran Eder, Euro am Sonntag

Anders als viele Kollegen nutzt Thilo Stadler oft Zertifikate in der Vermögensverwaltung. Besonders Discount- und Bonuspapiere in ihrer Funktion als defensive Anlageformen weiß er zu schätzen.

Wer­bung


€uro am Sonntag: Erwerben Sie in der aktuellen Korrekturphase wieder verstärkt Zertifikate?
Thilo Stadler:
Wegen der gestiegenen Volatilität sind vor allem die Konditionen von Discountzertifikaten wieder attraktiv. Sie wiesen in der langen Phase niedriger Schwankungen kein gutes Chance-Risiko-Verhältnis mehr auf. Die Rabatte waren einfach zu gering.

Welche Zertifikate nutzen Sie noch?
Bonus- und Expresszertifikate. Letztere aber selten, da sie oft hohe Kosten ­haben. Wenn Kunden es wünschen, kaufen wir zur Absicherung gegen fallende Märkte vereinzelt auch Short-­Zertifikate oder bei kurzfristigen Sondersituationen Hebelpapiere. Etwa dann, wenn einzelne Aktien extrem überverkauft sind.

Wer­bung

Warum sind Discount- und Bonus­zertifikate Ihre Favoriten?
Ich betrachte sie als eigene Anlageklasse zwischen Aktien und Anleihen, weil ich mir mit ihnen ein eigenes Rendite-Risiko-Profil basteln kann. Je nachdem, wie viel Rabatt oder Risikopuffer ich auswähle, haben sie entweder eher Aktien- oder eher Anleihecharakter. In der ­gegenwärtig unsicheren Börsenlage ermög­lichen sie es, mit angezogener Handbremse in den Markt einzusteigen.

Welche Puffer bevorzugen Sie?
Das hängt auch von der Börsenphase ab. In der Regel sollten es bei Discountern schon mindestens 15 Prozent sein, bei Bonuspapieren sogar 25 bis 30 Prozent.

Wer­bung

Welche Basiswerte verwenden Sie?
In der Regel Indizes wie DAX oder Euro Stoxx. Bei Zertifikaten auf Einzelaktien wählen wir nur solche Titel, bei denen wir auch von der Aktie selbst überzeugt sind. Wir kaufen keine Zertifikate, nur weil die Konditionen attraktiv sind. Ideal ist es, wenn Aktien fundamental interessant sind und eine hohe Dividendenrendite aufweisen. Die Dividende ermöglicht den Emittenten die Entwicklung von Zertifikaten mit viel Risiko­puffer und hohen Maximalrenditen.

Seit der Lehman-Pleite haben ­Zertifikate ein Imageproblem. Wie ­stehen Ihre Kunden dazu?
Für einige sind Zertifikate weiterhin Teufelszeug. Sie wollen diese nicht im Depot haben. Das ist aber eine kleine Minderheit. Die meisten unserer Kunden verstehen die gängigen Zertifikatearten und befürworten deren Einsatz.

Betrachten Anleger Zertifikate in der Niedrigzinsphase als Anleihe-Ersatz?
Nein. Wir machen ihnen klar, dass das Risiko zwischen Aktien und Bonds liegt. Denn der Basiswert bleiben Aktien.

Schauen Ihre Anleger noch auf das ­Emittentenrisiko oder ist das sieben Jahre nach Lehman kein Thema mehr?
Und ob. Den Kunden ist bewusst, dass die Insolvenz der auflegenden Bank den Totalverlust bedeuten kann. Wir achten auf das Rating, die Risikoprämien für Kreditausfälle und die Geschäftsentwicklung der Banken. Um das Risiko zu reduzieren, streuen wir auf mehrere Emittenten. Keiner soll mehr als 15 Prozent Gewicht im Portfolio haben. Wir ­favorisieren HSBC Trinkaus & Burkhardt sowie gesunde deutsche und Schweizer Banken und halten den Anteil südeuropäischer Emittenten niedrig.

Wie kann das Risiko im Zertifikate­depot noch begrenzt werden?
Durch die Staffelung der einzelnen Zertifikatefälligkeiten auf ein Jahr. Sonst können zwei schlechte Monate, in die sämtliche Fälligkeiten fallen, die ganze Performance zerstören.

Was halten Sie von exotischen Papieren wie Schmetterling, Hamster, Inliner?
Nichts. Die enthalten hohe Kosten und sind häufig sehr kompliziert. Anleger sollten die Finger davonlassen.

Kurzvita

Thilo Stadler
Nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre an der European Business School in Oestrich- Winkel betreute der gebürtige Pfälzer mehrere Jahre vermögende Privatkunden bei HSBC Trinkaus & Burkhardt. Dort setzte er auch häufig Zertifikate ein. Seit 2014 arbeitet er als Vermögensverwalter bei Independent Capital Management Vermögensberatung in Neuss und Mannheim. Seine Kunden sind vorrangig Privatanleger und Stiftungen. In seiner Freizeit kämpft der Fan des 1. FC Kaiserslautern gerade mit seinem Handicap beim Golfen.

Bildquellen: Fotoatelier Bathe/Independent Capital Management , Lichtmeister / Shutterstock.com

Mehr zum Thema DAX 40