Euro am Sonntag

Verlustbegrenzung: Achtung! Nie ohne Sturzhelm

28.02.16 15:00 Uhr

Verlustbegrenzung: Achtung! Nie ohne Sturzhelm | finanzen.net

Stop-Loss-Kurse sind auch für Zertifikatekäufer ein wichtiges ­Instrument, um sich vor hohen Verlusten zu schützen. Wie sollen Anleger dabei vorgehen?

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von Emmeran Eder, Euro am Sonntag

Der Kurssturz der vergangenen Monate macht wieder mal klar, wie wichtig es ist, Verluste zu begrenzen. Sie auszusitzen ist meist die falsche Lösung. Fällt eine Aktie etwa von 100 Euro auf 50 Euro, sind das zwar "nur" 50 Prozent Miese, um das Kapital zurückzuerhalten, muss die Aktie aber wieder um 100 Prozent klettern.



Mit Aufgabe einer Stop-Loss-Order ist es schon sofort nach dem Kauf möglich, potenzielle Verluste nicht ausufern zu lassen. Dabei wird ein Kurs festgesetzt, zu dem automatisch ein Verkaufsauftrag ausgeführt wird. Wird dieser Kurs erreicht oder un­terschritten, wird das Papier zum nächsten handelbaren Kurs ver­äußert. In der Regel ist der Stop-Loss bei Depotbanken kostenlos.

Doch wo finden sich sinnvolle Stoppkurse bei Indexzertifikaten? Eine Möglichkeit ist es, ab einem bestimmten Prozentsatz Verlust zu verkaufen - je nach Risikoaversion zum Beispiel bei zehn Prozent oder bei 20 Prozent Verlust.


Zertifikatekäufer können bei vielen Banken nicht einfach einen Kurs des Basiswerts als automatischen Stop-Loss-Kurs angeben. Sie müssen einen Kurs des Zertifikats nehmen oder einen Prozentsatz des aktuellen Zertifikatekurses. Ein Anleger, der ein DAX-Indexzertifikat (Bezugsverhältnis 1 : 100) beim DAX-Level von 11.500 Punkten im März 2015 zu 115 Euro gekauft hat, würde dann den Stoppkurs bei 103,50 Euro (10.350 Punkte) mit zehn Prozent minus oder bei 92 Euro (9.200 Zähler) mit 20 Prozent minus setzen. Die pauschale Zehn- oder 20-Prozent-Verlustgrenze ist aber nicht in Stein gemeißelt. "Je volatiler der Basiswert ist, desto größer sollte der Abstand sein", sagt Richard Dittrich, Leiter Kundenbetreuung der Börse Stuttgart. Bei stark schwankenden Aktien wird man sonst rasch ausgestoppt.

Anstatt prozentuale Limits zu wählen, ist auch eine Orientierung am Basiswert sinnvoll. So bietet sich das Durchbrechen der 200-Tage-­Linie nach unten als Ausstiegssignal an, was einen beginnenden Abwärtstrend anzeigt. Diese wurde in un­serem Beispiel bei 10.900 Punkten durchstoßen, was einem Zertifikatekurs von 109 Euro entspricht.

Runde Marken sind beliebt

Einige Anleger schwören dagegen darauf, bei psychologischen Marken wie 10.000 oder 9.000 Zähler im DAX zu verkaufen. Da das viele Investoren tun, sollte der Ausstiegskurs etwas höher gelegt werden, etwa bei 10.050 oder 9.050 Punkten, was mit 100,50 oder 90,50 Euro im Zertifikat korres­pondiert. Sonst erhalten Anleger ­wegen der bei runden Marken oft einsetzenden Verkaufswelle eventuell weniger Geld zurück als geplant.


Viele Charttechniker vertrauen darauf, beim Brechen des langfristigen Aufwärtstrends zu veräußern. Dieser verläuft seit Start der Hausse im März 2009 bei 8.600 Punkten, was 86 Euro im Zertifikat entspricht.

Mehrere Einflussfaktoren

Schwerer als bei Indexpapieren ist die Fixierung von Stop-Loss-Kursen bei anderen Zertifikatearten. Bei Bonuszertifikaten ist außer dem Basiswertkurs auch die Volatilität wichtig, was es diffizil macht, ein Ausstiegsniveau beim Zertifikat festzulegen.

Daher bietet sich auch hier wieder die Fixierung einer prozentualen "Schmerzgrenze" an. Die hängt aber davon ab, wo sich die Bonusbarriere befindet. Liegt diese etwa 25 Prozent unter dem Niveau des Basiswerts, ergibt ein Verlustlimit von 25 Prozent unter dem Underlying keinen Sinn. "Besser ist es bei Bonuspapieren, auf die Wahrscheinlichkeit zu achten, dass die Barriere berührt wird. Steigt diese auf mehr als 50 Prozent, sollten Anleger überlegen, die Reißleine zu ziehen", rät Simon Ullrich, Geschäftsführer der Finanz-IT-Firma smarttra.de. Bei den Emittenten ­offeriert nur Citi diesen Service für Bonuspapiere. Anleger können das Risiko eines Barrierebruchs von ­Bonuspapieren aller Emittenten beim Finanzportal wallstreet:online selbst aktiv abfragen.

Bei Hebelzertifikaten ist die Ermittlung des Stop-Loss-Levels kompliziert, da neben Basiswert und Hebel noch Finanzierungskosten in die Berechnung einfließen. Einige Emittenten wie HSBC Trinkaus offerieren für ihre Papiere eine Art Stoppkurs- Simulator. Für Zertifikate aller Banken bietet das smarttra.de nach Registrierung auf der Website an.

Bei Turbos mit niedrigen Hebeln können sich Anleger mit einer Faustformel behelfen. Beispiel: Ein Investor kauft ein Papier mit Hebel 2, Bezugsverhältnis 1 : 100, beim DAX-Level von 9.400 Zählern. Der Stoppkurs ist der langfristige Aufwärtstrend bei 8.600 Zählern, also 8,5 Prozent tiefer. Der Kurs des Hebelpapiers steht bei 48,09 Euro. Der Stop-Loss-Kurs errechnet sich folgendermaßen: 48,09 Euro x (100 % - 8,5 % x 2) = 39,91 Euro.

Wem das alles zu aufwendig ist, für den bieten einige Zertifikatehäuser wie HSBC Trinkaus oder Commerzbank eine Alarmfunktion an. Investoren wird per SMS oder Mail sofort mitgeteilt, wenn ein Basiswert den Stoppkurs erreicht. Dann können sie ihr Zertifikat rasch verkaufen.

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