Fintech-Branche: Die Bank bleibt draußen
Mit neuen Ideen und Technologien dringen Start-ups in die Domäne der etablierten Institute ein.
von Christoph Platt, Euro am Sonntag
Ein Begriff geistert durch die Welt der Banken, Anlageberater und Börsen: Fintech. Er sorgt teils für Verunsicherung, teils für Begeisterung und löst bei einigen Skepsis, bei anderen Aufbruchstimmung aus.
Fintech - das ist eine Verschmelzung der Worte "Finanzdienstleistung" und "Technologie". Darunter werden Unternehmen zusammengefasst, die entweder traditionelle Betätigungsfelder von Banken oder Anlageberatern durch Digitalisierung und Automatisierung aufbrechen oder gänzlich neue Geschäftszweige mithilfe von IT entwickeln.
Bedeutende Sparten
Die Aktivitäten der Fintech-Unternehmen lassen sich in verschiedene Segmente aufteilen. Zu den wichtigsten zählen die Bereiche Investieren, Bezahlen, Finanzierung und Anlageberatung. Bei Letzterem machen Robo-Advisor von sich reden - Internetportale, die bei der Allokation des Vermögens helfen und so einen Finanzberater überflüssig machen. Beim Thema Bezahlen geht es um den Austausch von Geld, ohne Banken dazu bemühen zu müssen. Einer der bekanntesten Anbieter ist PayPal, der Transaktionen zwischen Privatleuten ermöglicht.
Der Bereich Finanzierung bekommt etwa über Crowdlending ein neues Gesicht: Nutzer tun sich via Internet zusammen, um anderen Nutzern Kredite zu geben. Und beim Thema Investieren reichen die Visionen bis zu einer Börsenwelt, die beim Handel von Wertpapieren ohne Mittelsmann auskommt.
Die Meinungen, was Fintech ist und kann, gehen auseinander. So mancher sieht in den neuartigen Prozessen nicht weniger als eine Revolution des Finanzsektors: Banken könnten - wenigstens teilweise - überflüssig werden. Andere halten Fintech für maßlos überschätzt.
Wie so oft liegt die Wahrheit dazwischen. "Fintech als Revolution zu bezeichnen ist übertrieben", sagt Frank Schwab, Mitbegründer des Frankfurter FinTech Forums. "Doch sie hat einen disruptiven Charakter." Soll heißen: Einige der neuen Geschäftsmodelle werden in der Lage sein, die Branche grundlegend zu verändern.
Noch sieht der Experte Fintech erst am Anfang. "Momentan finden die Umwälzungen langsamer statt als gedacht, doch irgendwann wird eine Schwelle überschritten, und dann geht alles schneller als erwartet", sagt er. Diesen Punkt sieht er aber erst in zehn Jahren erreicht.
Schwab rechnet damit, dass die Innovationen zunächst das klassische Privatkundengeschäft unter Druck setzen werden. "Sowohl im Investment Banking als auch im Geschäft mit Unternehmen sind die Verknüpfungen zwischen den Partnern zu eng, als dass ein kleines Fintech-Unternehmen sie aufbrechen könnte", meint er.
Riskant und lukrativ zugleich
Wie jede Branche, die noch in den Kinderschuhen steckt, birgt der Fintech-Sektor große Chancen und hohe Risiken. "Zurzeit gibt es in Deutschland etwa 400 bis 500 Fintech-Unternehmen", sagt Schwab. "Von denen werden mittelfristig 40 bis 50 übrig bleiben." Der Experte rät deshalb dazu, nur mit Vorsicht in einzelne Firmen zu investieren - zumindest solange man sich auf deutsche Start-ups beschränkt.
Fasst man den Begriff Fintech weiter und schließt internationale Unternehmen ein, die ihrer Start-up-Phase entwachsen sind, sieht die Sache anders aus. Firmen, die neuartige Finanztechnologie einsetzen und bereits etabliert sind, eignen sich durchaus als Anlageziel.
Noch gibt es aber nur wenige Möglichkeiten, in die Branche zu investieren. Vor zwei Wochen ging der erste ETF in Europa an den Start, der sich ihr vollumfänglich widmet. Er bildet den Index KBW Nasdaq Financial Technology ab, der die Entwicklung von 50 Fintech-Unternehmen aus den USA wiedergibt (ISIN: IE 00B YMS 5W6 8). Bislang wird er in nennenswertem Umfang aber nur an der Londoner Börse gehandelt.
Etwas besser verfügbar ist das Solactive-FinTech-20-Indexzertifikat (siehe Investor-Info). Es folgt den Kursen von 20 Fintechs weltweit. Damit ist es einerseits regional breiter aufgestellt und andererseits konzentrierter als der ETF.
Investor-Info
Solactive-FinTech-20-Index
Die Top 20 weltweit im Paket
Seit zwei Jahren ist das Zertifikat der UBS auf dem Markt. Es folgt dem Solactive-FinTech-20-Index, der die Aktien der 20 größten Fintech-Unternehmen weltweit enthält. Trotz dieses Fokus sind Nebenwerte enthalten. Zweimal im Jahr wird die Zusammensetzung des Index überprüft, alle Bestandteile werden gleich gewichtet. Wie bei allen Zertifikaten besteht ein Emittentenrisiko.
Weitere News
Bildquellen: violetkaipa / Shutterstock.com, Grasko / Shutterstock.com