Derivate-Spezial

Express-Zertifikate: Zinsen per Express

aktualisiert 26.05.11 16:49 Uhr

Auch wenn sie ein wenig aus der Mode gekommen sind: Expresszertifikate bieten sehr interessante Rendite­chancen. Was für Anleger zubeachten ist.

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von Wolfgang Hagl, €uro am Sonntag

Im Zertifikatemarkt herrscht das Prinzip der Serienfertigung. Woche für Woche bringen die Emittenten neue Produkte auf den Markt. Im ersten Quartal frischten die Anbieter ihre Palette allein um knapp 60.000 Discountzertifikate auf. Gleichzeitig gingen 52.000 neue Bonuspapiere an den Start. Zwar bleiben Expresszertifikate in puncto Neuemissionen weit hinter den beiden Platzhirschen zurück. Doch längst hat sich auch diese Struktur unter den beliebtesten Produkten heimischer Anleger fest etabliert. 8,8 Milliarden Euro waren Ende März in Expresspapieren investiert. Den Geschmack der Anleger treffen diese Zertifikate mit interessanten Chance-Risiko-Profilen. Schließlich reichen in der Regel stabile Kurse beim Basiswert, auf den sich das Zertifikat bezieht (auch Underlying genannt), um eine überdurchschnittliche Verzinsung zu erzielen. Dabei ist das Kapital mit einem ordentlichen Risikopuffer vor Verlusten teilgeschützt.

Die Funkionsweise ist relativ simpel: Steht der Kurs des Basiswerts zu einem bestimmten Zeitpunkt über einer vorab fixierten Schwelle – meistens das Ausgangsniveau –, endet die Laufzeit vorzeitig, und Anleger erhalten das eingesetzte Kapital plus Kupon zurück. „Express­zertifikate haben sich in der Krise bewährt“, sagt Markus Jakubowski, Produktexperte der Société Générale (SocGen). Insofern würden vor allem Anleger zugreifen, die sich zwar am Aktienmarkt engagieren möchten, „allerdings bei einem extrem reduzierten Risiko“.

Bestens geeignet für dieses Kalkül ist der Euro Stoxx 50. Knapp 60 Prozent aller in Deutschland börsennotierten Expresszertifikate basieren auf diesem Aktienbarometer. „Das ist der Leitindex für Europa“, sagt Mathias Schölzel vom Zertifi­ka­teteam der Deutschen Bank. Das ist aber nur ein Grund für die Beliebtheit des Index: Anders als der DAX ist der Euro Stoxx 50 nämlich ein Kursindex. Das bedeutet: Die von den enthaltenen Unternehmen gezahlten Dividenden fließen nicht in die Indexberechnungen mit ein. Dadurch können die Gewinnausschüttungen zur Finanzierung der Expressstruktur herangezogen werden. Aktuell bringt es der Index auf eine Dividendenrendite von 3,8 Prozent.


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Ein im Herbst lanciertes Expresszertifikat der Deutschen Bank (siehe Investor-Info) münzt diesen Wert in eine Renditechance von gut sieben Prozent um. Am 31. Oktober kommt der Euro Stoxx 50 dabei erstmals auf den Prüfstand. Schließt der Index zu diesem Termin auf oder über 2861,01 Punkten, zahlt die Deutsche Bank das Produkt vorzeitig zu 107 Euro zurück. Da das Derivat seit der Emission nicht vom Fleck gekommen ist, ergibt sich daraus eine hochgerechnete Jahresrendite von über 15 Prozent. Und das, obwohl der Index aktuell etwas oberhalb der Tilgungsschwelle notiert.

Sollte der Basiswert im ersten Versuch scheitern, verlängert sich die Laufzeit um mindestens ein Jahr. Solange es zu keiner vorzeitigen Rückzahlung kommt, erhält der Index alle zwölf Monate eine neue Chance.

Wobei spätestens im Herbst 2015 Schluss ist. Zu diesem Termin kommt der Risikopuffer von gut 50 Prozent ins Spiel. Hat der Index dann nicht mehr als 50 Prozent verloren, zahlt die Deutsche Bank das Zertifikat zu 135 Euro zurück. Sollte das Polster dagegen nicht halten, ist die Tilgung direkt an den Index gekoppelt, und es drohen empfindliche Verluste.

In noch kürzeren Intervallen, nämlich alle sechs Monate, klopft die SocGen den Index bei ihrem Stufenexpresszertifikat auf seine Performance hin ab. Am ersten Beobachtungstag, Anfang August, gilt dabei eine Besonderheit: Der Euro Stoxx 50 muss mindestens 7,5 Prozent im Plus notieren, damit es zu einer vorzeitigen Tilgung kommt.

„Wir haben dieses Zertifikat nach den Vorstellungen eines institutionellen Kunden maßgeschneidert“, erklärt SocGen-Manager Jakubowski. Am zweiten Prüftermin liegt die Schwelle bei 100 Prozent und rutscht dann sukzessive um fünf Prozent nach unten. Pro Bewertungstag stellt die Emittentin einen Kupon von 3,75 Prozent in Aussicht. Auch bei diesem Produkt endet die Laufzeit spätestens nach fünf Jahren. Um die volle Rendite einzufahren, genügt es, wenn der Euro Stoxx 50 auf oder über der Barriere steht. Konkret geht dann ein Risikopuffer von 42,5 Prozent mit einer Renditechance von 6,8 Prozent per annum einher.

Anleger, die davon ausgehen, dass der Euro Stoxx 50 den im März 2009 begonnenen Aufwärtstrend fortsetzt, können zu Best-Express-Zer­tifikaten greifen. Diese Produkte stellen ebenfalls eine teilgeschützte Rendite in Aussicht. Sollte der Index allerdings stärker zulegen, steigt der Ertrag proportional mit. Natürlich hat dieser Zusatz seinen Preis: Die Kupons respektive die Risikopuffer sind nicht so groß.

Eine jährliche Ausschüttung in Höhe von 5,8 Prozent des Nominals stellt ein Mitte Februar von der Soc­Gen emittiertes Best-Express-Papier in Aussicht. Voraussetzung: Der Euro Stoxx 50 steht am Beobachtungs­tag auf oder über der 100-Prozent-Schwelle. Sollte das Plus beim Basiswert den Kupon übertreffen, erhöht sich die Rückzahlung – ohne Grenze nach oben. Bis 2017 besteht alle zwölf Monate die Chance auf eine vorzeitige Fälligkeit. Dann kommt auch bei diesem Produkt ein Risikopuffer ins Spiel.

Es muss aber nicht unbedingt ein Index sein, auch im Aktienbereich finden sich attraktive Expressstrukturen. Auf Daimler basiert eine Neuemission von Macquarie Oppenheim. Hält der Autotitel in den kommenden sechs Monaten in etwa die Spur (soll heißen, die Aktie steht am ersten Beobachtungstag mindestens bei 50,88 Euro), wirft das Produkt eine Rendite von gut 14 Prozent per annum ab. Falls es nicht zu einer vorzeitigen Fälligkeit kommt, muss Daimler in einem Jahr abermals zum „Performance-TÜV“. Spätestens nach 18 Monaten kommt es zum finalen Check. Dann verfügt die Aktie über ein Polster von knapp 30 Prozent, um die Renditechance zu wahren. Alternativ drohen Verluste, da die Tilgung an den Kursverlauf des DAX-Titels gekoppelt wäre.

Hinter den interessanten Konditionen steckt die hohe Dividendenrendite des Autobauers. Auf Basis der Schätzungen für 2012 liegt die Kennzahl bei annähernd fünf Prozent. Hinzu kommt, dass die Aktie naturgemäß eine höhere Schwankungs­anfälligkeit zeigt, als der breit aufgestellte Euro Stoxx 50. Bekanntlich ist die Schwankungsbreite (Volatilität) bei Zertifikaten eine zentrale Stellgröße für die Konditionen. Im Vergleich mit den Indexprodukten gilt es freilich zu beachten, dass der größeren Chance auch ein deutlich höheres Risiko gegenübersteht.

Kompliziert wird es, wenn die Produkte sich auf mehrere Basiswerte beziehen und Emittenten mehrere Schwellen einbauen. Dann müssen sich Anleger noch intensiver mit den Aussichten der jeweiligen Underlyings und der Produktstruktur auseinandersetzen.

Ende vergangenen Jahres packte die SocGen beispielsweise Gold und Silber in ein spezielles Produkt zusammen. Wie sich jetzt zeigt: eine Topkombination. Das Edelmetallduo erlebte zunächst eine enorme Rally, dann eine scharfe Korrektur. Und doch bewegt sich Gold knapp neun, Silber sogar fast 18 Prozent über der Tilgungsschwelle.

Die starken Kursausschläge bei den Basiswerten haben dazu geführt, dass dieses Zertifikat in etwa auf Höhe des Emissionspreises notiert. Dadurch würde eine stabile Entwicklung der beiden Edelmetalle reichen, damit das Express-Vehikel zu Weihnachten fällig wird und Anleger eine Superrendite von 14,9 Prozent per annum einfahren.

Sollte sich die Korrektur dagegen fortsetzen, gilt für die Basiswerte, am 23. Dezember auf oder oberhalb der Memory-Schwelle zu notieren. Dann verlängert sich zwar die Laufzeit um mindestens ein Jahr, die Soc­Gen schüttet aber den Kupon aus. Aktuell steht Gold über 30, Silber sogar 40 Prozent oberhalb der Ausschüttungsmarke.

Die Beispiele zeigen, dass Expresszertifikate attraktive Konditionen mitbringen. Ihre Fähigkeiten können diese Produkte insbesondere dann ausspielen, wenn sich die Kurse in etwa stabil entwickeln. Ganz ohne Risiko ist der beliebte „Investment-Quickie“ aber nicht zu haben. Das zeigen vor allem die vor der Finanzkrise auf den Markt gebrachten Produktserien – aus deren Mitte beendet derzeit so manches Expresszertifikat die Laufzeit mit einem dicken Minus.

Investor-Info

Expresszertifikate
Am liebsten auf den Euro Stoxx 50

Das Gros der in Deutschland notierten Expresszertifikate basiert auf dem Euro Stoxx 50. Entsprechend dominiert dieser Index auch unsere Auswahl. Doch auch für DAX-Fans ist ein Expressinvestment möglich. Noch mehr ­Rendite stellen Produkte auf Aktien oder Multi-Ausführungen in Aussicht – das prominente Duo Gold und Silber ist hier eine interessante Kombination.

Marktvolumen
Anteil am Gesamtmarkt sinkt

Vor der Finanzkrise waren Expresszertifikate sehr begehrt, entsprechend viel Geld floss in diese Gattung. Doch im Zuge des Börsencrashs mussten viele Anleger auch mit diesen Produkten Verluste verbuchen. Inzwischen sind Discount- und Bonuszertifikate deutlich beliebter. Jüngst ging das Interesse abermals zurück. Das ausstehende ­Volumen bei Expresszertifikaten verringerte sich im März um 4,2 Prozent oder 380 Millionen Euro. Ihr Anteil am Gesamtvolumen der Anlagezertifikate sank um 0,3 Prozentpunkte auf 9,1 Prozent.

Ausgesuchte Produkte
Gute Rendite bei großem Puffer

Obwohl sie ein wenig in Vergessenheit geraten sind, bieten Expresszertifikate gute Renditechancen. In der ­Tabelle haben wir ein paar interessante Produkte zusammengefasst. Die Laufzeiten gehen in der Regel bis 2013 oder länger, nur die beiden Letztgenannten laufen bis maximal November 2012. Die Beobachtungszyklen betragen bis auf zwei Ausnahmen zwölf Monate. Hält der Risikopuffer nicht, drohen deutliche Verluste!
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