Grenzenlose Heimatliebe
Die Bundesbürger lieben ihre Heimat und sind ihr ausgesprochen verbunden.
So verbringen viele gerne ihre Ferien innerhalb der deutschen Grenzen. Verständlich, zumal es von Flensburg bis nach Berchtesgaden ebenso schön wie abwechslungsreich ist.
Aber auch in anderen Bereichen sind die Deutschen sehr heimatliebend. So hat beispielsweise die weitaus überwiegende Zahl der Berufstätigen ihr Arbeitsumfeld in unmittelbarer Nähe zum Wohnort. Dabei zieht sich die lokale Verwurzelung durch alle Altersgruppen. Nicht zuletzt an der Börse stellen wir ebenfalls dieses Phänomen der Heimatverbundenheit fest. In der Börsenpsychologie wird diese Ausprägung als "Home Bias" bezeichnet. Es besagt, dass der Anteil deutscher Aktien in den Depots der Bundesbürger überdurchschnittlich hoch ist. Zahlreiche Untersuchungen ergeben, dass nahezu zwei Drittel der Aktienanlagen privater Investoren auf deutsche Unternehmen entfallen. Wie lässt sich das, gerade auch vor dem Hintergrund der globalisierten Welt, erklären?
Zweifellos wird der "Home Bias" durch das große Zutrauen in die heimische Industrie bestärkt. Made in Germany ist ein Asset. Vertrauen ist ein rares Gut, das sich nicht mit Geld kaufen lässt, aber Geld kostet, wenn man es nicht hat. Zudem muss es peu-a-peu aufgebaut und ständig erneuert werden. Die Automobilindustrie erlebt gegenwärtig, wie schwierig es ist, das verlorene Vertrauen nach den Abgasskandalen zurückzugewinnen. Im Gegensatz dazu haben die deutschen Maschinenbauer dank der starken Nachfrage im zurückliegenden Jahr einen Exportrekord aufgestellt. Neben international tätigen Großkonzernen ist es insbesondere der vielbeschworene Mittelstand, der als Garant für Stabilität und Erfolg steht. Mehr als 95 Prozent aller deutschen Unternehmen gehören zum "German Mittelstand". Dieser steuert mehr als die Hälfte zur gesamten Wirtschaftsleistung unseres Landes bei. Kein Wunder also, dass die Deutschen, wenn sie denn schon Aktien kaufen, deutsche Papiere bevorzugt auswählen.
In der aktuellen Trend-Umfrage des Deutschen Derivate Verbands, an der sich mehr als 2.000 Personen beteiligten, gaben 69 Prozent der Befragten an, dass sie sich bei Anlage- und Hebelprodukten primär für den DAX als Index-Basiswert entscheiden. Knapp 11 Prozent sprachen sich für den M-DAX und/oder S-DAX aus. Der US-amerikanische Dow Jones kam auf einen Anteil von 9,4 Prozent, lag damit aber immer noch vor dem Euro Stoxx 50 (6,8 Prozent). Nur etwas mehr als 4 Prozent entschieden sich bei ihrer Auswahl für den Nikkei 225 als bevorzugten Index.
Zu bedenken ist, dass diejenigen, die ausschließlich heimatverbunden investieren, eine breitere Streuung ihrer Geldanlage vernachlässigen. Hinzu kommt, dass der DAX immer weniger "deutsch" ist. Einer aktuellen Untersuchung von EY zufolge liegt der Anteil der Auslandsinvestoren im DAX bei 55 Prozent. Vor zehn Jahren waren es "nur" 42 Prozent.
Mit einer breiten Streuung über verschiedene Assetklassen und Regionen hinweg, sollten Privatanleger langfristig gut aufgestellt sein. Natürlich müssen sich Investoren darüber im Klaren sein, dass etwaige Abschwünge, rezessive Tendenzen oder ein Drehen an der Zinsschraube immer auch spürbare Auswirkungen auf andere Märkte haben. Generell kann es aber auch künftig durchaus Sinn machen, über die eigenen Landesgrenzen zu schauen.
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