Unheimliche Kursrallye
Zugegeben: Die Tesla-Kursrallye ist komplett an uns vorbeigegangen. Die Marktkapitalisierung ist allein seit dem Jahreswechsel um mehr als 500 Mrd. Dollar angeschwollen. Kein Wunder, dass es nun auch einigen Analysten zu bunt wurde.
Barclays stuften die Aktie von "Overweight" auf "Equal Weight" nach unten, obwohl das Kursziel von 220 auf 260 Dollar erhöht wurde. "Wir glauben, dass die jüngste Rallye der Aktie am besten durch den aktuellen KI-getriebene-Hype des Marktes sowie die jüngsten Ankündigungen, das TSLA Supercharger-Netzwerk für andere Marken zu öffnen, erklärt werden kann", so Levy in seiner Notiz. Der Experte meint, es sei nun klug, sich an die Seitenlinie zu begeben. Levy ist der Ansicht, dass KI eine "langfristige" Chance für Tesla ist und nicht etwas, auf das man im Moment zählen kann, um die Bewertung des Unternehmens erheblich zu steigern. Ebenso werden Teslas Ladevereinbarungen mit Ford, GM und Rivian eher als "Marketingvorteile" für Tesla gesehen, wobei auch hier Gewinne wahrscheinlich erst langfristig zu erwarten sind, so Levy. Der Analyst glaubt, dass die Konsensschätzungen für den Gewinn pro Aktie 2024 immer noch zu hoch sind und nach unten korrigiert werden müssen. Darüber hinaus sind die Margen von Tesla angesichts der jüngsten Preissenkungen immer noch "unsicher".
Nach Barclays hat auch Morgan Stanley gewarnt. Analyst Adam Jonas stuft Tesla bei einem von 200 auf 250 Dollar erhöhten Kursziel von "Kaufen" auf "Halten" herab. Tesla sei zwar ein "KI-Nutz-nießer", aber etwas unrealistische Erwartungen hätten dazu geführt, dass die Aktie nach ihrem Anstieg fair bewertet sei. Das Chance-Risiko-Verhältnis sei inzwischen nicht mehr günstig, sondern nur noch ausgewogen. Sogar mit "Verkaufen" stuft die DZ BANK die Tesla-Aktie neuerdings ein. Das Kursziel wurde von 220 auf 210 Euro gesenkt. Die Experten haben ihre Gewinnschätzungen reduziert und erwarten auf Chinas Automarkt schwierigere Bedingungen.
Unterdessen hat Tesla im zweiten Quartal deutlich mehr Autos produziert und ausgeliefert als von Experten erwartet. Während die Produktion bei fast 480.000 Fahrzeugen lag, wurden gut 466.000 Stück ausgeliefert. Die Rekordzahlen zeigen, dass Teslas Bemühungen, die Nachfrage durch Rabatte anzukurbeln, Erfolg hat. Dennoch können die Zahlen aus unserer Sicht nicht dazu beitragen, die immens hohe Bewertung zu rechtfertigen - zumal die Preissenkungen die Margen empfindlich belasten dürften. Kurzum: Die Tesla-Aktie bleibt ein Short-Kandidat.
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Christian Scheid ist seit rund 18 Jahren als Wirtschafts- und Finanzjournalist tätig, davon seit circa zehn Jahren als freier Autor. Aktuell schreibt er für mehrere deutschsprachige Fachmagazine und -zeitungen in den Bereichen Aktien und Derivate, darunter Börse Online, Capital, Euro am Sonntag und Zertifikate // Austria. Per 1. Juli 2014 kehrte er zum ZertifikateJournal zurück, wo er bis Ende 2009 schon einmal tätig war und die damalige Österreich-Ausgabe des ZJ verantwortete.
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