Christian Scheid

Alles auf dem Tisch

24.03.22 09:49 Uhr

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Während die Aktienmärkte in den vergangenen rund eineinhalb Jahren von Hoch zu Hoch eilten, gehörte die Morphosys-Aktie zu den großen Verlierern.

Kostete der Titel im September 2020 in der Spitze noch 126 Euro, ging es bis Februar 2022 bis auf 20,76 Euro nach unten. Dabei sah es Mitte 2020 noch so gut aus. Damals hatte die Biotechfirma von der US-Gesund¬heits¬behörde die Zulassung für ihr Mittel Monjuvi (Tafasitamab) zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit B-Zell-Lymphom erhalten. Doch die anschließenden Produktumsätze blieben hinter den Erwartungen zurück. Gleichzeitig ließen höhere Aufwendungen für Forschung und Entwicklung das Biotechunternehmen tiefer ins Minus rutschen. Auch die vor einem dreiviertel Jahr angekündigte Über¬nahme von Constellation Pharma konnte Börsianer nicht überzeugen. Dabei erhoffen sich die Münchner davon Bahnbrechendes im Bereich Blutkrebs - die Amerikaner haben zwei Wirkstoffkandidaten in der mittleren bis späten Phase der klinischen Entwicklung. Zur Finanzierung der 1,7 Mrd. Euro schweren Übernahme wurde eine Finanzierungspartnerschaft mit Royalty Pharma im Volumen von 1,425 Mrd. Dollar geschlossen. Dafür gab Morphosys umfangreiche Rechte am bisherigen Wirkstoffportfolio an Royalty Pharma ab. Dass bei der Übernahme nicht alles rund gelaufen ist, stellte sich vor wenigen Tagen bei der Vorlage der Geschäftszahlen für 2021 heraus. Infolge des Deals musste Morphosys eine nicht zahlungswirksame Wertminderung vornehmen. Das Management hat beschlossen, die Forschungsaktivitäten von Morpho¬sys auf die am weitesten fortgeschrittenen Programme zu konzentrieren und alle Laboraktivitäten an seinem deutschen Forschungszentrum in Planegg zu zentralisieren. Dadurch würden alle Aktivitäten in den USA eingestellt und lösten damit eine Wertminderung des Geschäfts- oder Firmenwertes von 231 Mio. Euro aus. Die Abschreibung ist nicht zahlungswirksam und wird sich auf die betrieblichen Aufwendungen des Konzerns für das Schlussquartal 2021 auswirken. Entsprechend wird der Aufwand erhöht. Dadurch ist Morphosys tief in die roten Zahlen gerutscht. Unter dem Strich kam 2021 ein Verlust von 514,5 Mio. Euro heraus. Ein Jahr zuvor hatte Morphosys noch einen Gewinn von knapp 98 Mio. Euro erwirtschaftet. Gleichzeitig sank der Umsatz um 45 Prozent auf 179,6 Mio. Euro. Damit schnitt Morphosys etwas besser ab als am Markt erwartet. Und: Der Verkauf von Monjuvi gewann zuletzt an Fahrt. Das Krebsmedikament spülte im vergangenen Jahr 79,1 Mio. Dollar in die Kassen. Vielleicht auch deshalb kann die Morphosys-Aktie seit der Zahlenvorlage kontinuierlich zulegen. Scheinbar setzt sich am Markt die Erkenntnis durch, dass bei den Münchnern nun sämtliche negativen Nachrichten auf dem Tisch liegen. Insofern ist die Aktie als Basiswert für ein Bonus Cap-Zertifikat von BNP Paribas interessant, bei dem die Barriere knapp unter dem jüngsten Tief eingezogen ist (ISIN DE000PH8QFX3).

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Christian Scheid ist seit rund 18 Jahren als Wirtschafts- und Finanzjournalist tätig, davon seit circa zehn Jahren als freier Autor. Aktuell schreibt er für mehrere deutschsprachige Fachmagazine und -zeitungen in den Bereichen Aktien und Derivate, darunter Börse Online, Capital, Euro am Sonntag und Zertifikate // Austria. Per 1. Juli 2014 kehrte er zum ZertifikateJournal zurück, wo er bis Ende 2009 schon einmal tätig war und die damalige Österreich-Ausgabe des ZJ verantwortete.


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