Benjamin Feingold-Kolumne

Wasserstoff: Die Wette auf den Tesla-Effekt

12.03.21 16:01 Uhr

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Wasserstoff-Aktien sind in der aktuellen Klima-Debatte begehrt wie seit Jahren nicht mehr. Die aktuelle Korrektur bietet eine zweite Chance, die Anleger verschiedentlich nutzen können.

Zur Jahrtausendwende zählten E-Commerce-Aktien zu den Lieblingen der Anleger. Unternehmen, die entsprechende Shop-Lösungen für den Einkauf im Internet entwickelten, wurden mit enormen Vorschlusslorbeeren gefeiert. Doch die Börse war der tatsächlichen Entwicklung zu weit vorausgelaufen, zahlreiche Geschäftsmodelle implodierten ebenso beeindruckend wie die Kurse der Aktien. Gut 20 Jahre später wird Wasserstoff als das Erdöl der Zukunft gehandelt. Ballard Power, Plug Power und Fuel Cell Energy sind die Wetten auf dem Kurszettel für eine grüne Zukunft.

Dabei geht es vielen Anlegern nicht nur um schnelle Kursgewinne. Wer hier einsteigt, spekuliert meist auf die nächste Tesla. Vor zehn Jahren kosteten die Papiere des Elektroautobauers zeitweise nur drei Dollar. Wer seitdem durchgehalten hat, freut sich über ein Plus von mehr als 25.000 Prozent. In der Realität dürfte kaum jemand den Siegeszug mitgemacht haben. Wer die Chance verpasst hat, versucht nun sein Glück mit den Wasserstoff-Aktien. Nur wenige Wissen allerdings, dass die Technologie nicht wirklich neu ist und an der Börse ebenfalls zur Jahrtausendwende bereits gespielt wurde.

Ballard Power aus Kanada kostete 1999 rund 30 Dollar, Anfang 2000 mehr als 120 Dollar. Auch Daimler setzte damals auf die neue Antriebstechnologie - der Durchbruch blieb aber aus. Es folgte eine lange Talfahrt, 2012 gab es die Ballard Power-Aktie für 0,60 Dollar. Anfang Februar bezahlten Anleger wieder 40 Dollar, auf Jahressicht kletterte der Kurs um knapp 500 Prozent. Doch wie Plug Power und Fuel Cell Energy haben die Titel in den vergangenen 4 Wochen rund 40 Prozent ihres Wertes verloren.

Für Wasserstofffans

Daher gibt es nun eine zweite Chance und eine breite Auswahl an Möglichkeiten, in die Werte zu investieren. Neben der Aktie gibt es auch Zertifikate und Hebelpapiere, die einem einen defensiven oder offensiven Einstieg ermöglichen. "Mit moderat gehebelten Long-Papieren auf die drei Aktien gewinnen Anleger, wenn die Wasserstoff-Strategie der Unternehmen aufgeht und die Aktienkurse steigen", erklärt Sebastian Bleser, Derivate-Experte HypoVereinsbank onemarkets. Drei solcher Papiere mit einem geringen Hebel von 2 sind: WKN SD9A38 auf Plug Power (Société Générale), WKN MA2G73 (Morgan Stanley) und die WKN PF5W4Y (BNP Paribas). Bei fallenden Kursen wirken die Hebel aber in die entgegengesetzte Richtung.

Nach oben und unten ist somit viel Luft, aber wohin geht die Reise? Im Unterschied zum Jahr 2000 hat sich die Technologie inzwischen deutlich weiterentwickelt und wird vor allem von der Politik massiv gefördert. Schätzungen zufolge werden rund 500 Mrd. Euro für den Aufbau des Wasserstoffsektors in der EU benötigt. Die Bundesregierung will im Rahmen der beschlossenen Wasserstoffstrategie in den nächsten Jahren neun Mrd. Euro in den Bereich investieren. Das Ziel: Bis 2050 soll die Wirtschaft in der Europäischen Union klimaneutral laufen.

Wasserstoff bei schweren Transportern hoch im Kurs

Bis dahin müssen aber nicht nur die Ingenieure noch viele Herausforderungen meistern. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass Wasserstoff beim Auto vorerst kein Thema sein wird. Zu teuer, zu kompliziert. Stattdessen dürften sich batteriebetriebene Fahrzeuge durchsetzen. Gute Chancen hat Wasserstoff aber im Industrie-, Flug-, Schiff- und Schwerlastverkehr. So lieferte Hyundai im Sommer vergangenen Jahres die erste Serie an Wasserstoff-Lkw nach Europa.

Die Koreaner sind damit einen Schritt weiter als neue Player wie Nikola. Das ehrgeizige Ziel von 1600 Lkw bis 2025 bleibt aber eine hohe Hürde. Zuerst muss ein kostspieliges und flächendeckendes Service-Netz mit Tankstellen aufgebaut werden. Aussichtsreicher erscheinen Wasserstoff-Züge, wie sie bereits in Österreich im Regelbetrieb eingesetzt werden oder Pläne von ThyssenKrupp, bis 2030 mit Wasserstoff Kokskohle bei der Stahlproduktion zu ersetzen. Aber auch in der Chemie- und Zementindustrie könnte Wasserstoff den Firmen helfen, die CO2-Vorgaben zu erfüllen. Wirklich "grün" ist Wasserstoff allerdings nur, wenn der Strom zur Elektrolyse aus erneuerbaren Energien wie Wind und Sonne gewonnen wird.

Wie immer an der Börse stehen den großen Chancen mindestens ebenso große Risiken gegenüber. Welche Unternehmen sich tatsächlich durchsetzen, ist vollkommen offen. Um das Einzelwertrisiko zu vermeiden, bietet sich für spekulative Anleger das HVB Open End Index-Zertifikat auf den Global Hydrogen Index an (WKN: HVB4H2). Dieser bildet die Kursentwicklung von bis zu 25 Unternehmen ab, die im Bereich der Entwicklung und Produktion von Wasserstoff, Wasserstoffantrieben und Brennstoffzellen tätig sind.

Benjamin Feingold ist seit mehr als 20 Jahren Börsianer und langjähriger Redakteur bei Börse Online sowie bei der Financial Times Deutschland gewesen. Zusammen mit Daniel Saurenz gründete er 2013 das Investmentportal Feingold Research, das täglich Analysen und Investmentideen zur Börsenentwicklung veröffentlicht.

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