Benjamin Feingold-Kolumne

Verlierer von gestern sind die Gewinner von morgen

17.11.23 12:06 Uhr

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Verlierer von gestern sind die Gewinner von morgen | finanzen.net

Zum Jahresende greifen professionelle Vermögensverwalter gerne noch einmal bei den Titeln zu, die sich gut entwickelt haben. Für Privatanleger ist das aber nicht unbedingt die beste Strategie. Gerade Aktien, die hinterherhinken, bereiten oft mehr Freude.

Die Aussicht auf eine Strompreissenkung für die deutsche Wirtschaft sorgte in den letzten Tagen für das Phänomen des V in den Charts und Kursverläufen vieler Aktien aus DAX, MDAX und SDAX. "Für Firmen wie Lanxess, Heidelberger Druck, Wacker Chemie, BASF oder Merck wäre dies zwar kein Befreiungsschlag, aber immerhin eine Linderung bei den immensen Energiekosten", erläutert Vanyo Walter vom Broker RoboMarkets die Kursreaktionen. Solche besonderen Nachrichten benötigen gerade die Aktien aus der zyklischen Reihe in Deutschland, denn bei der Performance 2023 geht die Schere weit auf. Wer Versicherer und Konsumgütertitel im Portfolio hatte dürfte sich ebenso freuen wie jene, die direkt auf die großen Tech-Titel in den USA ausgewichen waren.

Schwergewicht hält den Markt oben

Oder gehören Sie zu den glücklichen Anlegern, die Ende 2022 bei SAP eingestiegen sind? Nach gut elf Monaten liegen die Papiere der Walldorfer Softwareschmiede satte 40 Prozent im Plus und belegen aktuell die Pole Position im Performance-Ranking der DAX-Aktien, nachdem das Schwergewicht im Vorjahr mit minus 22 Prozent noch deutlich schlechter abgeschnitten hatte als der Durchschnitt. Ähnlich sieht es bei den anderen Gewinnern des laufenden Jahres wie Adidas, Covestro und Eon aus.

Gerade viele Profis auf dem Parkett gehen einen anderen Weg und folgen dem Aschenputtel-Motto: "Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen". "Wer möchte schon am Jahresende viele Verlierer im Depot haben. Getreu dem Leitgedanken der technischen Analyse "the trend is your friend" ist für viele Investoren, auch für große Investoren, das späte Nachkaufen von Gewinneraktien aus psychologischer Sicht viel einfacher", findet Vanyo Walter. Ein gutes Bauchgefühl ist aber noch kein Garant für erfreuliche Renditen.

Berechnung auf 15 Jahre

Erzielten Anleger seit 2009 mit der Gewinner- oder Verliererstrategie über den Jahreswechsel eine bessere Performance und welche Vor- und Nachteile gibt es zu beachten? Zum Stichtag Anfang November wurden jeweils die fünf schwächsten oder stärksten DAX-Aktien seit Jahresbeginn aufgenommen und bis Ende Januar gehalten. Jeder Wert ist also mit rund 20 Prozent gewichtet. "Wer auf die vermeintlich nervenschonenderen Gewinneraktien setzte, steigerte sein Startkapital von 10.000 Euro seit 2009 auf immerhin knapp 21.000 Euro. Unter dem Strich stand eine Rendite von gut fünf Prozent pro Jahr, obwohl das Kapital nur drei Monate dem Risiko ausgesetzt war. Viermal war das Ergebnis negativ, den größten Rückschlag von acht Prozent mussten Anleger im Januar 2022 verkraften", so Franz-Georg Wenner von Index-Radar.

Gegen den Trend zum Jahresende

Doch das antizyklische Vorgehen machte mehr Freude. Knapp sieben Prozent Rendite pro Jahr ließen den Depotwert auf 27.000 Euro steigen. Allerdings ist die Verliererstrategie auch etwas riskanter. Läuft es am Gesamtmarkt schlecht, kommen die hinterherhinkenden Werte nicht so recht in Schwung. Zwei Verluste von jeweils elf Prozent stechen negativ hervor, fallen aber unter dem Strich kaum ins Gewicht. Aktien wie Merck, Qiagen, Sartorius, Siemens Energy und Zalando sollten daher nicht vorschnell abgeschrieben werden. Die fünf Verliereraktien des laufenden Jahres sind attraktiver, als es das Aschenputtel-Motto vermuten lässt. "Schlussendlich zeigt auch der Blick Richtung USA, dass sich große Spannung aufbaut", so Stefan Riße von Acatis. "Nvidia, Meta, Tesla, Amazon und Microsoft liegen seit 1. Januar 2023 mit 215, 165, 80,70 und 50 Prozent Kursgewinn ganz vorne während für den großen Teil des S&P 500 nahezu nichts übrigbleibt", so Riße. Man darf also darauf schauen, ob man ab jetzt mit den großen Titeln auch bis Frühjahr 2024 gut fahren wird oder Antizyklik bei der Akteinwahl auch in den USA lohnenswert wäre.

150 Jahre Börsenerfahrung kombiniert technische Analyse, Trading, Börsenpsychologie und konkrete Investments. Benjamin Feingold ist Mit-Gründer von Feingold Research. Unseren Börsendienst finden Sie unter feingoldresearch.de!

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