Deutscher Immobilienrausch in Afrika

Am Immobilienmarkt geht die Post ab, als gäbe es kein Morgen. Gemeint sind aber nicht Häuser in Frankfurt oder Hamburg, sondern am 9000 Kilometer südlich am Kap.
Dass Immobilienmakler ihren Markt gerne positiv darstellen, ist kein Geheimnis und wer schon einmal eine Wohnung erworben hat weiß, dass jedes Geschäft erstmal dem Makler hilft. "So etwas wie in diesem Sommer haben wir noch nie erlebt", erzählt Lundi Mann allerdings so überzeugend, dass man ihr die Beschreibung des Immobilienmarktes in Hout Bay bei Kapstadt abnimmt. Noch vor wenigen Jahren wurden Häuser und Wohnungen in Kapstadt förmlich verscherbelt. Besonders im Corona-Jahr 2021 fanden kaum Touristen den Weg auf die südliche Halbkugel und lag der Markt auch wegen ausbleibender Nachfrage aus anderen Teilen Südafrikas am Boden. 2021 gab es selbst in allererster Premiumlage in Llandudno, einem der meistgebuchten Strände für Modefotografie weltweit, Häuser für umgerechnet unter einer Million Euro. Dazu muss man wissen, dass die Lage dort vergleichbar ist mit besten Lagen in Kalifornien oder an der Cote d Azur.
Die Deutschen kommen
Seit einiger Zeit könnte man nun einen musikalischen Hit aus Hessen zitieren. In Frankfurt heißt es nämlich nach den Rodgau Monotones "Erbarme, zu spät, die Hesse komme" und in Südafrika lautet das Motto jetzt, "Erbarme, zu spät, die Deutschen kommen". Denn Makler in Hout Bay, Camps Bay, den schicken Ecken Kapstadts wie Gardens oder Green Point berichten, dass ich die Klientel merklich verändert hat. Vor einem oder zwei Jahren zog es primär reiche Johannesburger nach Kapstadt, da die Sicherheitslage weitaus besser ist als in "Joburg" und zudem Gastronomie und das Meer klare Pluspunkte für Kapstadt sind. Dazu ist es das ganze Jahr über klimatisch bestens, auch wenn man von Juni bis August auf ein gut isoliertes Haus zurückgreifen sollte.
Bargeld lacht
"Viele Deutsche kaufen in bar und in einer Geschwindigkeit, die atemberaubend ist", so John Hermond, Makler in Kalk Bay, schräg gegenüber von der zweiten deutschen Hochburg - Sommerset West. Genau wie in Kapstadt ist man dort bestens ausgestattet mit internationalen Schulen und Betreuungsangeboten für Kinder. "Manche Familien kommen ein paar Wochen ans Kap und kaufen sofort ihr Traumhaus", so Maklerin Mann. Vielfach wird in bar bezahlt und in den letzten Monaten ist die durchschnittliche Verweildauer von Häusern in Hout Bay gerade einmal zwei bis drei Tage auf Plattformen wie property24 - dann sind die Häuser weg. "Das ist ohne Zweifel ein Verkäufermarkt und die Preise sind gegenwärtig überzogen", findet John Hermond.
Zinsen in ungekannten Höhen
Für deutsche Käufer allerdings stellt sich ein Problem oft nicht - nämlich das der Zinsen. Südafrikaner mussten in den letzten 10 Jahren Kreditzinsen für ihr Haus zwischen acht bis 21 Prozent in der Spitze hinlegen, nicht nur spezialisiert auf Währungshandel, sondern auch jüngst selbst mit Erfahrungen am Kap. "Der südafrikanische Rand hat sich in den letzten 15 Jahren von sieben auf 21 Rand zum Euro verschlechtert", so Franz-Georg Wenner von IndexRadar. Dies macht einen Erwerb für Europäer natürlich ebenso attraktiv wie mittlerweile das Vermeiden von Load Shedding. Denn speziell für digital arbeitende Menschen waren die stetigen Stromausfälle bis 2023 ein erhebliches Ärgernis. In Hout Bay, Camps Bay, Plettenberg oder Paternoster saß man mitunter acht bis zehn Stunden am Tag im Dunkeln und musste Aktivitäten danach planen, ob nun gerade der Strom an- oder abgeschaltet war. Load Shedding gehört weitgehend der Vergangenheit an, auch wenn es Anfang März einmal für drei Tage wieder aufflammte.
Strom 24/7
Viele Immobilien sind mittlerweile aber autark, sprich mit Solarspeichern ausgestattet. Der Bau eines neuen Flughafens in den Weinanbaugebieten könnte das Flugverbindungen nochmals verbessern und die Attraktivität am Kap weiter steigern. "Vielleicht wird es ohne die Deutschen ab Mai etwas ruhiger am Markt", hofft Maklerin Mann fast schon flehentlich. Sie macht seit zwei Jahren beste Geschäfte mit den Deutschen, doch ein Problem poppt nun auf: "Die Deutschen haben den Markt derart leer gekauft, dass wir kaum noch neue Objekte kriegen". Ein Warnsignal sehen jedoch nahezu alle Makler. Der deutsche Immobilienrausch am Kap hat Grundstückspreise nah an den Preis von Grundstücken inklusive darauf befindlicher Häuser getrieben. Zwar ist Bauen in Südafrika günstig - ein Signal für einen überhitzten Markt ist es trotzdem.
150 Jahre Börsenerfahrung kombiniert technische Analyse, Trading, Börsenpsychologie und konkrete Investments. Benjamin Feingold ist Mit-Gründer von Feingold Research. Unseren Börsendienst finden Sie unter feingoldresearch.de!
Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.