Endlos-Zertifikate: Schottische Streichorgie
Für Anleger wird es schwer, mit Zertifikaten in ausgefallene Märkte zu investieren. Der wichtigste Emittent RBS dezimiert sein Angebot kräftig.
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von Emmeran Eder, Euro am Sonntag
Nicht nur ihr Endlos-Holz-Zertifikat hat die Royal Bank of Scotland (RBS) gekündigt, auch sonst wird derzeit im Zertifikateangebot der Schotten ordentlich geholzt. "Sold out", ausverkauft, ist das Lieblingswort auf der Zertifikate-Website der Bank. Bei fast 300 Endlos- und Hebelzertifikaten stellt die RBS nur noch Rücknahme-, aber keine Angebotskurse mehr.
Offiziell hat die RBS die Papiere gekündigt, Branchenkenner vermuten dahinter aber die Bank BNP Paribas. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Franzosen das globale Geschäft mit strukturierten Produkten und Aktienderivaten der Schotten übernehmen werden, obwohl nach außen hin die Verhandlungen noch im Gange sind.
Bei den Zertifikaten, die verschwinden, ist die Handschrift der Franzosen unübersehbar. So werden alle Endlos- und Hebelzertifikate auf Agrarrohstoffe aus dem Programm genommen. BNP Paribas zog sich schon vor Jahren aus dem Geschäft mit Agrarprodukten zurück. Hintergrund ist die Kritik von Nichtregierungsorganisationen, die Spekulation mit landwirtschaftlichen Produkten als unethisch anprangern.
Überraschend verschwinden bis auf die Ägypten- auch alle Afrika-Produkte der RBS. Dabei hat Frankreich historisch betrachtet zu Afrika immer eine enge Beziehung. Neben dem Schwarzen Kontinent wird auch bei den übrigen Emerging Markets kräftig geholzt. Die arabischen Länder werden bei RBS zum weißen Fleck auf der Landkarte, ebenso viele Osteuropa-Börsen wie das Baltikum und die Nachfolgestaaten Ex-Jugoslawiens sowie Bulgarien.
Milder wird mit Lateinamerika ins Gericht gegangen. Nur Peru fällt der Axt der Schotten beziehungsweise Franzosen zum Opfer. In Asien sind es Bangladesch, die Philippinen, Sri Lanka, chinesische Small Caps und China-Sektoren. Neben Zertifikaten auf Leitindizes fielen auch einige Zinszertifikate auf Schwellenländerdevisen und viele Branchenpapiere dem Rotstift zum Opfer. Möglich ist die Streichung, da bei Endlosprodukten der Prospekt den Emittenten meist eine Kündigungsmöglichkeit einräumt. Die RBS betont jedoch, dass die Mehrheit der Endloszertifikate erhalten bleibt.
Nicht nur exotische Märkte betroffen
Bei der Auswahl der künftig Verschmähten haben neben dem Kriterium Illiquidität auch finanzielle Erwägungen offenbar eine wichtige Rolle gespielt. Viele Papiere, in denen wenig Anlegergeld steckt, sind bald nicht mehr im Angebot. Nur so ist zu erklären, dass auch der italienische, portugiesische und holländische Markt nicht mehr abgebildet werden - genauso wenig wie Strategiepapiere auf die Schweiz oder die USA. Auch einige Zertifikate auf Stoxx-600-Sektoren werden entfernt.
Weder die RBS noch BNP Paribas wollten sich gegenüber €uro am Sonntag zu der Kündigungswelle äußern. Die Franzosen sagten, sie seien noch in Gesprächen mit der RBS bezüglich Details der Übernahme. Zudem warten sie noch auf die wettbewerbsrechtliche Freigabe. Falls es zum Kauf komme, habe BNP Paribas trotz des nun ausgedünnten Zertifikateangebots der RBS immer noch eine der breitesten Rohstoff- und Emerging-Markets-Zertifikatepaletten unter allen Emittenten.
Insider meinen, dass neben der schlechten Handelbarkeit und des geringen investierten Kapitals noch andere Faktoren eine Rolle dafür gespielt haben, dass RBS nun wahrscheinlich auf Anweisung der Franzosen die Flut an Kündigungen losgetreten habe. So seien an vielen Börsen die Lizenzgebühren teuer und ein seriöses Risikomanagement nur mit großem Aufwand und unter hohen Kosten möglich. RBS hatte im Zuge des Zertifikatebooms bis zur Finanzkrise aus Marketinggründen viele exotische Märkte abgebildet. Die Kosten spielten in den Boomzeiten keine so große Rolle wie heute in einem stagnierenden Zertifikatemarkt.
Für Anleger ist das ausgedünnte Angebot der RBS keine gute Nachricht. Denn in vielen exotischen Märkten hatten die Schotten quasi ein Monopol, kein anderer Emittent offeriert hier Zertifikate - wie zum Beispiel auf Bulgarien, das Baltikum, Peru, die Philippinen oder mehrere Afrika-Indizes. "Gerade bei solchen marktengen Börsen ist es auch fraglich, ob andere Emittenten in die Bresche springen", sagt Nicolai Tietze, Zertifikateprofi beim X-Markets-Team der Deutschen Bank.
Dass BNP Paribas die Produktpalette so dezimiert, erstaunt. Bei Indexzertifikaten, wo RBS stark vertreten ist, sind die Franzosen schwach aufgestellt. Ihre Stärke sind Discount-, Bonus- und Hebelpapiere sowie Aktienanleihen. Daher macht die Übernahme für die Franzosen Sinn. Mit der Streichung vieler Indexzertifikate geht aber ein Teil dieses Vorteils, den die RBS-Produktpalette der BNP bringt, wieder verloren.
Anleger, die in die aufgegebenen Zertifikate investiert sind, können diese noch bis ein Jahr nach der Kündigung verkaufen. Tun sie das nicht, erhalten sie nach Ablauf des Jahres den Schlusskurs des Basiswerts am letzten Handelstag erstattet. Wegen der nun limitierten Laufzeit sollten sie die Kursentwicklung genau beobachten. Wer in exotische Börsen anlegen will und keine Zertifikate mehr darauf findet, sollte sich bei den ETF-Anbietern umsehen.
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Der Hebel muss zwischen 2 und 20 liegen
Name | Hebel | KO | Emittent |
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